Zeitlose Neugier: Zen und Zukunft - Fragen an einen Zen-Mönch

Anja Kirig ist seit 2005 freiberuflich als Zukunfts- und Trendforscherin tätig – eng mit der Zukunftsinstitut GmbH Frankfurt/Wien verbunden. Sie arbeitet mit der Methodik der Megatrends und den sich daraus ableitenden soziokulturellen Entwicklungen.

Als Sozialwissenschaftlerin (Dipl.-Pol) beobachtet sie kontinuierlich gesellschaftliche Veränderungsprozesse. Schwerpunkte bilden dabei die Bereiche Sport und Tourismus sowie Gesundheit, Nachhaltigkeit und Post-Individualisierung. Für ihr aktuelles Projekt „Zeitlose Neugier“ interviewte sie den Zen-Mönch Thorsten Heisan Schäffer, der als Familienvater mitten im Alltag den Weg des Mönchs praktiziert. Was das bedeutet und wie ein Zen-Mönch mit dem Thema Zukunft umgeht, lesen sie in diesem Interview:

 

Frage: Passen Zen und Neugier auf Zukunft überhaupt zusammen?

 

Die Frage lässt vermuten, dass mit Zen eine bestimmte Vorstellung, also ein Konzept oder eine Idee, verbunden ist, die da sagt: „Zen ist hier und jetzt und hat nichts mit der Zukunft zu tun.“ Doch Zen ist keine Idee oder gedankliche Vorstellung. Zen ist vielmehr die zeitlose Neugier auf Wahrheit. Heute genauso  wie vor 2.500 Jahren in Indien, als Buddha selbst unter dem Bodhibaum saß und nach Wahrheit suchte. Wahrheit in der Form, dass sie als unvergänglich und ohne andere Bedingungen aus sich selbst heraus existierend bezeichnet werden kann. „Was ist das?“ rufen uns die alten Meister entgegen. „Was ist dieser unvergängliche und aus sich selbst heraus existierende Geist, neben dem nichts anderes existiert?“
Der Tenzo – der Koch in einem Zen-Kloster oder auf Sesshin – könnte nicht einmal die richtige Menge Gemüse kaufen, wenn er nicht an die Zukunft und die Anzahl der Teilnehmer der zukünftigen Veranstaltung denken würde. Zen schließt die Vorstellung von Zukunft also nicht aus. Zen bedeutet die Neugier auf Zukunft zu benutzen, um im gegenwärtigen Augenblick auf die richtige Weise zu handeln. Für viele Menschen bedeutet Zukunft oft Angst davor, dass etwas passiert, das sie ablehnen oder befürchten. Oder Zukunft bedeutet Stress, dadurch, dass das eigene Leben von Terminen und Arbeitsdruck getrieben ist. Erkennen wir jedoch, dass „Zukunft“ nur ein gedachtes Konzept ist, hilft uns dies in der Gegenwart zu agieren. „Zukunft“ verliert dann die Macht über uns. Wir benötigen dieses Konzept, diese Vorstellung der gedachten Zukunft, um hier und jetzt handeln zu können. Dabei sollten wir nie vergessen, was Zukunft in Wahrheit ist: eine Idee, ein gedankliches Konzept im Bewusstsein. Leben geschieht immer im Augenblick, hier und jetzt. Neugier auf Zukunft geschieht immer im Augenblick, hier und jetzt.

 

Frage: Was hilft Dir dabei, die Achtsamkeit im Hier und Jetzt zu praktizieren und dabei neugierig, verantwortungsvoll, handelnd das Später zu gestalten?

 

Ethik und Mitgefühl sind zentrale Themen im Zen wie im Buddhismus allgemein. Sie lassen uns verantwortungsvoll handeln, um gute Bedingungen für uns und andere zu schaffen. Jeder Augenblick ist eine Einladung, achtsam zu sein. Jeder Augenblick ist eine Einladung, wach zu bleiben, wahrzunehmen und sich selbst des persönlichen Bewusstseins bewusst zu werden. Statt sich von den Gedanken oder Gefühlen wie von einem Fluss mitreißen zu lassen, sitzen wir am Ufer und schauen dem Spiel der Wellen zu.

Mit Achtsamkeit verbinde ich nicht diesen modernen New Age Begriff, der andeutet, dass wir besonders langsam oder bewusst irgendetwas machen sollen. Achtsam sein bedeutet, völlig präsent in diesem Augenblick zu sein. Präsent, als das was wir sind, während neugieriges oder verantwortungsvolles Handeln geschieht. Was auch immer passiert, welche Handlung geschieht – in diesem Augenblick jetzt z. B. das Tippen der Finger auf der Tastatur – bin ich mir dessen bewusst. Ich sehe wie Gedanken im Bewusstsein auftauchen und durch die Finger und die Tastatur Ausdruck in Worten und Sätzen finden. Das ist Achtsamkeit. Es bedarf keiner Mühe oder Anstrengung achtsam zu sein. Ich praktiziere keine Achtsamkeit in Form eines Tuns. Aber während Tun und Handlung von Augenblick zu Augenblick geschehen, bin ich die Achtsamkeit selbst, die all das wahrnimmt.

 

Frage: Welche Verantwortung hat man als Zen-Schüler:in oder -Lehrer:in der Zukunft gegenüber?

 

Wie bereits erwähnt, sind Ethik und Mitgefühl wesentliche Bestandteile des Zen. Dabei kommen diese Empfindungen nicht durch Gebote oder Auflagen von außen, sondern entstehen ganz natürlich aus der Erfahrung und dem Erkennen unserer wahren menschlichen Natur.

Diese Natur ist wechselseitige Abhängigkeit. Wir können erkennen und erfahren, dass nichts in dieser bedingten Welt des Daseins aus sich selbst heraus existiert. Als Mensch bin ich völlig verbunden mit allem was mich umgibt. Ich bin abhängig von Nahrung, Wärme, Zuneigung, Kontakt mit anderen. Dieser Körper und dieser Geist hier, sind in ständiger Interaktion mit dem gesamten Leben und, bedingt durch Ursachen, die wiederum ursächlich bedingt sind, mit dem gesamten Universum. Aus dieser durchdringenden Erkenntnis heraus, der multidimensionalen Verkettung von Ursache und Wirkung, werden wir uns der Verantwortung für uns selbst und anderen gegenüber erst wirklich bewusst. Die Frage im Zen ist daher nicht wie erleuchtet oder erwacht eine Person ist, sondern ob ihr Handeln in der Welt einen erleuchteten Geist zur Grundlage hat. Im Gegensatz zu anderen spirituellen Schulen, zieht man sich im Zen nicht in eine Höhle zurück oder kehrt sich von der Welt ab. Wir praktizieren mitten in der Welt, mitten im stinknormalen Alltag, und sind uns der Verantwortung unseres Handelns für alle Wesen in jedem Augenblick bewusst. Natürlich ist das die Idealvorstellung. Das Ideal des Bodhisattva, an dem wir uns orientieren. Dieses Ideal bietet Leitplanken für ein glückliches und zufriedenes Leben im gegenwärtigen Moment.

 

Frage: Gibt es so etwas wie Vergangenheit und Zukunft überhaupt im Zen?

 

Ja und Nein. Wenn wir genau hinsehen, sind Vergangenheit und Zukunft nur Ideen und Vorstellungen unseres Bewusstseins. Aus diesem Erkennen heraus gibt es Vergangenheit und Zukunft nicht. Nicht in der Form von etwas Realem oder Greifbarem. Du kannst mir deine Zukunft nicht zeigen oder sie mir in die Hand legen. Und du kannst mir die Vergangenheit nicht geben oder sie mich anfassen lassen. Deutest du auf ein verwelktes Blatt mit den Worten „Das war vorher grün.“ Macht du das immer in der Gegenwart. „Das grüne Blatt.“ ist in diesem Augenblick nicht wirklich, sondern nur eine Idee, eine Vorstellung in Deinem Kopf. In diesem Sinne gibt es Vergangenheit und Zukunft nicht, weder im Zen noch sonst irgendwo.

Angenommen unser Gehirn hätte nicht die Fähigkeit zu erinnern oder sich etwas vorzustellen, dann wäre jeder Moment ein ewiger Augenblick des Jetzt. Jetzt und jetzt und jetzt… Doch wären wir dann selbstverständlich nicht lebensfähig. Das Leben wäre wie eingefroren und statisch. Wir benötigen das Konzept von Zeit, die Idee von Vergangenheit und Zukunft, um uns in dieser Welt zurecht zu finden. Doch erkennen wir, dass Zeit nur ein Konzept ist, hat das eine befreiende Wirkung auf unser Leben als Mensch. Dieses Erkennen darf nicht intellektuell verstanden werden. Es ist ein durchdringendes Erfahren der Wirklichkeit wie sie ist. Erfahren wir, dass Zeit nur ein Konzept ist, hat das Auswirkung auf uns und die Art und Weise, wie wir leben. Wir bedauern weniger das erinnerte Gestern und fürchten uns weniger vor einem vorgestellten Morgen, da wir erkennen, dass beides in diesem Augenblick nicht real ist. Und doch benötigen wir das Konzept von Zeit, um miteinander zu agieren und zu kommunizieren. Beides ist also wichtig.

 

Frage: Ich habe vier Zustände definiert, aus denen sich Menschen Zukunft hinwenden

- hochmotiviert, aber verloren in zu viel Informationen und Ideen

- hochmotiviert, aber inspirationslos

- demotiviert und überfordert von all den Aufgaben

- demotiviert und leer

Welche Ansätze aus dem Zen gibt es, die dieses Erleben transformieren und eine Person "zukunftsorientiert" werden lassen.

 

Ich weiß gar nicht ob es erstrebenswert ist, eine „zukunftsorientierte“ Person zu werden. Viel sinnvoller würde ich es erachten, wenn wir als Mensch „gegenwärtiger“ oder „gegenwartsorientierter“ sind. Genau da setzt Zen an. Hier und jetzt können wir Probleme lösen, einander begegnen und uns selbst, der Umwelt und den Wesen wirklich helfen. Benötigen wir dazu ein zukunftsorientiertes Bewusstsein? Um hier und jetzt auf die richtige Weise zu handeln, müssen wir uns wohl auch der Auswirkungen unseres Handelns bewusst sein. Das ist offensichtlich. Doch wenn wir gedanklich zu sehr in der Zukunft sind, verpassen wir den gegenwärtigen Augenblick und können nichts verändern. Wir benötigen also beides, um das in der Frage beschriebene Erleben zu transformieren. Wir lernen aus den Fehlern der erinnerten Vergangenheit und lassen uns von der vorgestellten Zukunft motivieren. Unser Handeln findet aber immer im Hier und Jetzt statt. Zu hohe Motivation kommt oft daher, dass wir zu sehr in der gedachten Zukunft leben und nicht gegenwärtig genug sind. Eine Demotivation entspringt der gedachten Vergangenheit, in der wir etwas tun wollten und nicht konnten oder etwas getan haben, was wir lieber ungeschehen machen würden. Zen reicht uns die Hand und sagt: Komm in diesen Augenblick und gestalte Leben vom Blickwinkel einer weiteren Dimension deines Daseins aus. Genau das ist der Ansatz von Zen. Immer hier und jetzt.

 

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Stufen der Meditation nach Heisan

Bevor wir uns den einzelnen Stufen widmen sei gesagt, dass die letztendlich höchste Erkenntnis nichts ist, dass sich mit Stufen erreichen lässt. Wann immer von einem allmählichen Weg gesprochen wird, so ist dies immer nur Hilfsmittel für jene, die in der Täuschung und Identifizierung gefangen sind. Aus Blickwinkel der phänomenalen Wirklichkeit (Shiki), in der die Dinge getrennt zu sein scheinen, gibt es ein Davor und Danach. Aus dem Blickwinkel der Leerheit (Ku) ist alles ein großes organisches Ganzes, dass durch mannigfaltige mehrdimensionale Ursache-Wirkungs-Mechanismen existiert. Die Vorstellung eines Davor und Danach existiert nur durch die Fähigkeit des menschlichen Verstandes sich eine Vergangenheit vorzustellen, zu erinnern, oder eine gedachte Zukunft für wahr zu halten, zu imaginieren. Doch in Wirklichkeit ist nicht einmal der gegenwärtige Augenblick greifbar, wieviel weniger könnte dann eine Illusion, ein gedankliches Konstrukt, ein Bild über Vergangenheit und Zukunft real sein? Und dennoch kann die Einteilung in verschiedene Stufe ein Hilfsmittel sein, für all jene die nach Wahrheit suchen, um den Weg zu praktizieren, für andere da zu sein und Nutzen für die Welt zu schaffen. So ist der Zen-Weg weder plötzlich noch allmählich, kein Weg der Stufen und auch kein plötzliches Ereignis in Raum und Zeit. Doch kann er im Plötzlichen Durchbruch und allmählichen Voranschreiten zum Ausdruck kommen.

 

1. Stufe: Beruhigung (innere Ruhe und äußere Haltung erlernen)

 

Frucht der Übung: Innere Ruhe – Überwindung von Hindernissen wie Gedankenraserei, innerer Unruhe und karmischen Impulsen durch verdrängte Anteile oder Lebenserfahrungen, Auflösung von Karma (in Form von Prägungen der Vergangenheit), Geschmeidigkeit von Körper und Geist können im Laufe der Zeit erfahren werden.

 

2. Stufe: Konzentration (z. B. durch die Übung des Atemzählens)

Frucht der Übung: Fokussierung – Realisierung von Einspitzigkeit (sanskrit: Ekagrata) des mentalen Fokus, erste Erkenntnis über die Aktivität des Verstandes, der immer wieder ablenkt und in zukünftige Vorstellungen oder vergangene Erinnerungen zieht. Das Hilfsmittel des Atemzählens, eines Mantra oder Koan wird immer wieder neu aufgenommen, wenn Ablenkung geschehen ist.

 

3. Stufe: Achtsamkeit (präsent sein für innere und äußere Phänomene)

Frucht der Übung: Präsenz – Achtsames Verweilen ohne Hilfsmittel wie Atemzählen o.ä., Erfahrung von Aufmerksamkeitssteuerung (Vipassana), unbeteiligter Zeuge von Gedanken, Gefühlen und anderer innerer Phänomene ohne Ablenkung oder Verlassen der Position des Zeugen, Klarheit und Freude können als Ausdruck dieser Stufe auftreten.

 

4. Stufe: Loslassen (über jegliche Anstrengung hinaus gehen)

 

Frucht der Übung: Gleichmut – Natürlicher Übergang von Konzentration/Achtsamkeit (sankrit: Dharana) zu Meditation (sanskrit: Dhyana), alle Anstrengung und alle Hilfsmittel können losgelassen werden, innere Phänomene wie Gedanken oder Erinnerungen treten noch auf, aber das Bewusstsein ist wie ein ununterbrochener Fluss.

 

5. Stufe: Versenkung (über alles wahrnehmbare hinaus gehen)

Frucht der Übung: Tiefe – Praxis des Mantras am Ende des Herz-Sutra (über das darüber hinaus hinaus gehen...), Erfahrung von Versenkung (sanskrit: Samadhi) in das Bewusstsein selbst, über den Zeugen hinausgehen; Solange auch nur das Geringste über den Zeugen/Beobachter ausgesagt werden kann, gibt es noch eine tiefere Instanz von Beobachtung, die letztendlich selbst nicht beobachtet werden kann.

 

6. Stufe: Gewahrsein (mühelose unpersonifizierte Beobachtung)

 

Frucht der Übung: Freude, Frieden und Liebe – Erfahrung von unbedingter, nicht von Ursachen abhängiger, stiller und unpersönlicher Empfindung von Freude, Frieden und Liebe, letzte unpersönliche, nicht beschreibbare Instanz reines Gewahrseins, Praxis von "Nur Sitzen" (jap. Shikantaza) ohne das Geringste zu tun, reine Präsenz, der eine Geist, stiller Beobachter, der selbst nicht beobachtet oder wahrgenommen werden kann. Die Illusion eines Subjekts, in Form reinen Gewahrseins, und eines Objektes, in Form des persönlichen Bewusstseins das beobachtet werden kann, existiert noch immer und damit ein letztes Empfinden von Dualität.

 

7. Stufe: Verlöschen (keine Trennung zwischen Subjekt und Objekt)

 

Frucht der Übung: Nicht-Zwei – Hier lässt sich im klassischen Sinne nicht mehr von Übung sprechen, da diese Erfahrung nur ein geschehen lassen, völlige Hingabe und Erfahrung von Gnade darstellt. Alle Dualität zwischen Subjekt und Objekt, Täuschung und Illusion, Verblendung und Erleuchtung, Sein und Nicht-Sein werden hier aufgehoben und irrelevant, die Erfahrung ist unbewusst, dem Verstand nicht zugänglich, alles durchdringend, das eine, neben dem nichts anderes existiert: Nirvana! Von Einheit zu sprechen wäre noch immer dualistisch, da die Einheit als Gegenstück die Vielheit voraussetzt. Daher ist es Nicht-Zwei. Was es ist, kann jedoch nicht ausgesagt werden.

Es ist das letztendliche mystische Geheimnis, das in keiner Weise erklärt, erfahren oder beschrieben werden kann. Es ist Erfahrung ohne ein Subjekt das erfährt, dass nur diese Erfahrung, neben der nichts anders existiert, letztlich wahr ist, da unvergänglich und ewig sowie das Gegenteil von beidem umfassend. Jenseits von Geburt und Tod, von Subjekt und Objekt und jeglicher Ideen von Täuschung und Erleuchtung, ist es unbeschreibliches Sosein (sanskrit: Tathata).

So wie Träumer, Traum und Trauminhalte letztendlich nicht getrennt sind, egal wie viele verschiedene Inhalte, Personen oder Situationen im Traum auftauchen, so ist doch alles immer nur der eine Träumer. Und schon diese Andeutungen sind im höchsten Maß übertrieben und völlig deplatziert. Sprechen lässt sich darüber nicht. Niemand hat bisher darüber gesprochen, weil niemand dazu fähig ist. Im Augenblick der Erfahrung gibt es keinen Erfahrenden mehr, der die Erfahrung wahrnimmt oder beobachtet. Es ist völlig unbewusst. Selbst zu sagen, dass es nicht in Worten ausgedrückt werden kann, ist schon Zuviel an Worten und Erklärungen. Es bleibt letztendlich ein offenes Geheimnis.

 

Rückkehr zum Marktplatz mit leeren Händen

 

Ausgehend von diesem Punkt jedoch, folgt die Rückkehr in die Welt und Dualität. In dem Wissen um die tiefe unaussprechliche Wahrheit, im Erkennen der eigenen Unsterblichkeit und weiten Dimension unseres Daseins, ist unser vermeintliches Ego verwandelt. Gier nach dem Werden, nach Ruhm und Macht oder Liebe, Frieden und Freude, weichen einem tiefen Mitgefühl und Solidarität mit allen Wesen. Das Bedürfnis anderen zu nutzen, nicht in Form eines neurotischen Helfersyndroms, sondern durch tiefe Selbsterkenntnis, lässt uns in der Welt wirken ohne das Gefühl zu haben irgendetwas zu tun. Es ist die Erlaubnis des geschehen Lassens, sich selbst als Werkzeug des Lebens betrachtend ist jeder Augenblick neu und frisch. Vergessen ist die Anstrengung auf dem Weg oder die Suche nach irgendwas, egal wie Heilig es auch sein mag. Anderen zu nutzen ohne etwas zu erwarten wird zum höchsten Ideal. Andere zu unterstützen, diesen Weg zu gehen, wird zum natürlich Ausdruck unseres Menschseins.

 

Angekommen an diesem Punkt erfahren wir die Worte des Gyohatsû nenju erstmals auf eine tiefe und befreiende Weise: „Mögen wir in dieser Welt der Leerheit mit der Reinheit eines Lotus im schmutzigen Wasser leben. Nichts übertrifft den unbegrenzten Geist. So verneigen wir uns vor dem Buddha in uns.“

Die vier Weisheiten oder das spiegelgleiche Gewahrsein Buddhas

Immer mal wieder höre ich den Vorwurf, Zen würde alles so kompliziert darstellen, dabei ist die Wahrheit doch sehr einfach. Wer sich einmal mit anderen buddhistischen Traditionen auseinandergesetzt hat, auch wenn nur oberflächlich, wird schnell feststellen, dass die Bilder, Metaphern und Symbolik zum Beispiel im tibetischen Buddhismus weitaus umfangreicher dargestellt wird als zum Beispiel im Zen. Das nebenstehende Bild stammt übrigens von folgender Seite: https://bit.ly/3gYsoBR

Nehmen wir als Beispiel das Mandala der fünf Weisheitsbuddhas aus dem tibetischen Buddhismus – der Dhyani Buddhas, von denen vieren unter anderem die vier Himmelrichtungen zugewiesen werden und ein Zentrum, in dessen Mitte der fünfte seine Position findet. Jeder dieser Buddhas ist Teil eines Aspektes von Weisheit. Ihnen werden bestimmte Symbole, Handhaltungen, Farben, Gerüche, Skandha und was weiß ich noch zugeordnet. Unter anderem finden wir aber auch die Zuordnung der vier- bzw. fünffachen Weisheit:

 

Die vierfache Weisheit der Buddhas

Die spiegelgleiche Weisheit, die Weisheit der Gleichheit aller Wesen, die Weisheit der unterscheidenden Klarschau, die alles vollendende Weisheit und die universale Weisheit des Dharma, in der die Erstgenannten vereint sind.

Das der jeweiligen Weisheit zu Grunde liegende geistige Übel oder Laster sind der Hass, in Form von Ablehnung und Zurückweisung, die Ich-Sucht in Form von Stolz, die Leidenschaften in Form von Begierden sowie Neid, Geiz und Eifersucht. Zusammengefasst unter das Grundübel der Verblendung und Unwissenheit, wie sie bereits durch Shakyamuni in den 4 edlen Wahrheiten und der zwölfgliedringen Kette bedingten Entstehens gelehrt wurde.

 

In der buddhistischen Psychologie könnte man diese fünf Buddhas mit ihren fünf Weisheiten, Aspekten, Farben und Übeln als Mikroskop sehen, unter dem wir uns selbst als Person beleuchten können, um unseren Illusionen und Täuschungen mehr auf den Grund zu gehen.

 

Aus Sicht des Zen, und da wiederum aus meiner eigenen beschränkten und persönlichen Sicht, möchte ich nun die einzelnen Weisheiten etwas genauer betrachten und darstellen:

 

Spiegelgleiche Weisheit

Die spiegelgleiche Weisheit oder das spiegelgleiche Gewahrsein ist die Praxis von Shikantaza, in der wir nichts besonderes tun, als einfach nur zu sitzen. Spiegelgleich betont den Aspekt unseres Gewahrsein, das die inneren Phänomene wie Gedanken, Vorstellungen, Erinnerungen und Gefühle lediglich wie ein Spiegel reflektiert ohne diese zu ergreifen oder abzulehnen.

 

Ein Spiegel reflektiert die Dinge, die vor ihm erscheinen ohne Unterscheidung. Was auch immer vor dem Spiegel unseres Bewusstseins auftaucht, wird nur reflektiert ohne sich den Inhalt des Bewusstseins zu eigen zu machen. Dies ist die wahre Praxis von Zazen und kann im Erkennen gipfeln, dass „ich zwar das Spiegelbild bin, aber das Spiegelbild nicht ich bin“, wie es ein berühmter Zen-Meister einmal auf den Punkt gebracht hat.

 

Weisheit der Gleichheit aller Wesen

 

Die Weisheit oder das Gewahrsein über die Gleichheit aller Wesen ist der zentrale Aspekt des Hannya Shingyo in dem es heißt: Form ist Leere, Leere ist Form. Alle Wesen und alle Phänomene in dieser bedingten Welt des Daseins sind gekennzeichnet durch das leer sein von Eigenexistenz. Das bedeutet leer sein von aus sich selbst heraus existierendem Dasein und nur durch verschiedene Bedingungen und Ursachen in die Existenz kommend. Leerheit bedeutet nicht, dass nichts existiert! Es bedeutet, dass alle Wesen von gleicher Substanz sind und nur durch das göttliche Prinzip wechselseitiger Abhängigkeit existieren können. Das Gewahrsein für diesen zweiten Blickwinkel auf die Wirklichkeit, den Blickwinkel aus Ku, ist der Aspekt, der durch die Weisheit der Gleichheit aller Wesen zum Ausdruck gebracht wird.

 

Die Weisheit der unterscheidenden Klarschau

 

Wie in den 10 Ochsenbildern, bei denen es am Ende mit leeren Händen zurück auf den Marktplatz dieser Welt geht, so sollten wir nicht nur an der Leerheit und Wesensgleichheit aller Dinge festhalten, sondern auch die Wahrheit der Unterscheidung als wirklich erkennen. Es sind zwei Seiten eines Blattes Papier, bei dem die Vorderseite nicht von der Rückseite getrennt werden kann. Die Weisheit der unterscheidenden Klarschau ist für den Bodhisattva Grundlage, um in dieser Welt der Täuschung zu leben und zu handeln, zum Wohle aller Wesen. Wir benötigen die Fähigkeit gutes Essen von schlechtem Essen zu unterscheiden, um nicht zu erkranken. Genauso benötigen wir die Fähigkeit der Unterscheidung zwischen Mitgefühl mit den Wesen und aufopferndem Helfersyndrom. Die Weisheit der unterscheidenden Klarschau ermöglicht uns an der Vielfalt der Erscheinungen zu erfreuen, ohne diese Ergreifen und zu etwas eigenem machen zu müssen. Gleichzeitig können Gier, Neid und Eifersucht in Liebe und Mitgefühl mit allen Wesen verwandelt werden.

 

Die alles vollendete Weisheit

 

Diese Weisheit begegnet uns ebenfalls im Hannya Shingyo als Prajna Paramita (sanskrit: Prajna = Höchste Weisheit, reines Gewahrsein; Para = darüber hinaus, jenseits davon; mita = Ufer). Manchmal wird Prajna Paramita auch mit „Vollendeter Weisheit“ ins deutsche übersetzt. Es drückt die Quelle aller Wahrnehmung aus, das reine Gewahrsein, den einen Geist, unser Gesicht vor der Geburt unserer Eltern. Da ist keine Trennung, keine Dualität, keine Einheit, weder Sein noch nicht Sein. Es ist jenseits aller begrifflichen Vorstellungen und jeglicher Merkmale, die darüber aussagbar wären. Warum? Weil ein bestimmtes Merkmal immer auch sein Gegenteil ins Spiel bringt. Sagt man zum Beispiel es ist reines Sein, erscheint sogleich auch der Aspekt von Nicht-Sein und das wäre noch immer Dualität. Selbst zu sagen, dass man nichts darüber sagen kann, ist letztendlich eine Lüge ins Gesicht der Wahrheit. 

 

Die fünfte universale Weisheit

 

Letztendlich können alle Weisheiten als eine Weisheit zusammengefasst werden. Diesen reinen Geist, das letzte Gewahrsein aller Dinge, aufzuteilen in verschiedene Aspekte, Weisheiten, Farben, Tieren, Elementen etc. ist doch wieder nur der klägliche Versuch unseres menschlichen Verstandes das, was unbegreifbar ist und sich jeglicher Erklärung entzieht, irgendwie greifbar und beschreibbar zu machen. Kürzlich kam mir folgende Metapher in den Sinn:


Wenn wir ein Küchensieb vor eine Glühbirne halten, können wir die vielen einzelnen Lichtpunkte auf der Wand sehen. Bedingt durch den Untergrund der Wand scheinen die einzelnen Lichtpunkte ganz individuell und einzigartig zu sein. Sie sind ganz offensichtlich getrennt voneinander, berühren sich nicht, nicht nicht Einheit sondern Vielheit. Hätte ein solcher Lichtpunkt Bewusstsein, wäre er sich also selbst bewusst, könnte er sagen:

„Was fange ich mit meinem Dasein an? Zunächst einmal sollte ich heller leuchten als die anderen, dass könnte mich vermutlich glücklich machen. Vielleicht schaffe ich es auch irgendwie größer zu werden als die anderen, um meiner Vergänglichkeit, wenn das „Licht ausgeht“ zu entkommen. Auf jeden Fall muss ich eine Religion gründen, um den anderen Lichtern zu erklären wie Licht sein in Wirklichkeit funktioniert.“

Der Ego-Verstand ist wie ein Küchensieb, dass die Wirklichkeit in viele unterschiedliche Aspekte unterteilt, Trennung schafft und dann glaubt, eine Ordnung ins Chaos bringen zu müssen. Doch was geschieht im oben genannten Beispiel, wenn wir das Küchensieb einfach fallen lassen?

Alles, der gesamte Raum wird von Licht durchflutet und erscheint hell und klar. Das ist die Quelle, die Ursubstanz, die ich und du in Wahrheit sind. Jenseits von jeglicher Erklärung und Beschreibung, jenseits von allen Merkmalen inklusive dem Merkmal jenseits von allen Merkmalen zu sein. In diesem Erkennen, so scheint es mir, liegt Befreiung. Denn der Ausdruck von diesem Erkennen im Körper-Geist-System Mensch ist Frieden, Freude und Liebe in Form eines Verbundenseins und Mitgefühls mit allen Wesen.

 

Wie immer freue ich mich auf Kommentare unter diesem Blog-Artikel. Vor allem und insbesondere wenn du nicht meiner Meinung bist. Wo bliebe denn da die Spannung, wenn wir nicht unterscheiden würden? Oder natürlich auch, wenn du noch etwas zu ergänzen hast. Vielen Dank.

12 Innen - Kette wechselseitig bedingten Entstehens

Während seiner Zazen-Praxis unter dem Bodhibaum war das Ziel des Buddhas Alter, Krankheit, Leiden und Tod zu überwinden. So stellte er sich selbst die Frage wodurch Alter und Tod bedingt sind. Aus didaktischen Gründen unterwies er die 12 wechselseitigen Ursachen in umgekehrter Reihenfolge und begann damit, was er als die letzte Ursache erkannt hatte:

 

Unwissenheit: Vergleichbar mit einem Auge, das sich selbst nur im Spiegel betrachten kann, ist es dem Geist nur in Zazen möglich, sich selbst zu erkennen. Aus der grundlegenden Unwissenheit über die vier edlen Wahrheiten und seiner wahren Natur entstehen falsche Anschauungen, insbesondere die Vorstellung eines Selbst, dass sich getrennt von allem anderen erfährt. Gehen wir von der Wiedergeburtenlehre des Buddhismus aus, so bezieht sich die Unwissenheit auf ein vergangenes Leben. Da unser Ego aber in jedem Augenblick neu geboren wird, können wir auch allgemein von der Unwissenheit in der Vergangenheit sprechen. Die grundlegende Unwissenheit führt jedenfalls zu

 

Formationskräften: Durch die grundlegend falsche Sicht der Wirklichkeit entstehen sogenannte karmische Formationskräfte, sprich die Ausrichtung des Geistes auf von ihm als getrennt wahrgenommene Objekte. Auch dieses Glied in der Kette bezieht sich auf die Vergangenheit und führt zu

 

Bewusstsein: Das Bewusstsein spiegelt die inneren und äußeren Phänomene und birgt in sich die Möglichkeit einer Identifikation mit dem Erlebten. Das Erleben von Bewusstsein beinhaltet die Vorstellung der Dualität, einer Trennung zwischen Subjekt und Objekt.

 

Name und Form: Das Bewusstsein identifiziert sich mit einer Form. Unsere physische Form, unser Körper, ist eine der sogenannten fünf Ansammlungen oder Skandas. „Name“ steht in diesem Zusammenhang für die restlichen vier sogenannten formlosen Skandas: Gefühle, Gedanken, Wahrnehmung und Bewusstsein. Mit diesem Glied in der Kette des wechselseitigen Entstehens kommt es zur Empfängnis oder zur grundlegenden Möglichkeit überhaupt Erfahrungen zu machen.

 

Sinnesorgane: Durch „Name und Form“ entstehen unsere Sinnesorgane und deren Tätigkeiten wie sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen und Bewusstsein. Im Buddhismus wird unser Bewusstsein als sechstes Sinnesorgan bezeichnet. Am oben genannten Beispiel kommt es zur Entwicklung des Embryos oder zur Möglichkeit der augenblicklichen Erfahrung.

 

Kontakt: Durch unsere Sinnesorgane, das Objekt der Wahrnehmung und unser Bewusstsein des Wahrgenommenen entsteht Kontakt oder Berührung mit der Welt. Der Kontakt mit der Welt, selbst schon im Mutterleib, ist augenblickliche Erfahrung im Hier und Jetzt und dies führt zu

 

Gefühlen: Durch den Kontakt entstehen angenehme oder unangenehme, gute oder schlechte Gefühle, aber auch eine Gleichgültigkeit dem Wahrgenommenen gegenüber. Diese Gefühle basieren auf Konzepten mit denen wir versuchen die Welt zu verstehen und einzuordnen. Diese Konzepte und gedanklichen Vorstellungen sind aber nicht die Welt. Man könnte sagen, dass Sie der Landkarte, aber nicht dem eigentlichen Gebiet entsprechen. Das Fühlen führt zur Anhaftung und zum

 

Verlangen: Das Verlangen oder die Gier entsteht auf Grundlage unserer Gefühle. Gier bedeutet in diesem Zusammenhang auch, negativ wahrgenommene Phänomene nicht zu wollen und abzulehnen. Am Beispiel mit dem Kind im Mutterleib könnte man sagen, dass bereits hier durch Gefühle bestimmte Verhaltensweisen und Muster entstehen und daraus resultierend ein Verlangen. Bezogen auf unser Leben entscheiden unsere unbewussten Ge-danken und Gefühle über unser Verhalten.

 

Ergreifen: Unsere, der Gier entsprechenden Handlung, führt dazu etwas ergreifen oder festhalten zu wollen. Positive Gefühle wollen wir vermehren, erzeugen und festhalten, negative Gefühle vermeiden. Dies führt zum

 

Werden: Dies bezeichnet die Kraft oder Energie unseres Karmas, unserer Handlungen durch Tat, Sprache oder Gedanken und führt zu einer entsprechenden Entwicklung oder einem Werden. Das Kind im Mutterleib entwickelt sich weiter. Der Mensch im Augenblick erlebt das Werden in Form von unbewusst gesteuerten Handlungen und fühlt sich als Spielball des Lebens. Statt selbst zu bestimmen, wird er von den unbewussten Mustern, Gedanken und Gefühlen mitgerissen und erlebt Leiden und

Unzufriedenheit.

 

Geburt: Durch die Geburt beginnt der Kreislauf von neuem und wir erleben Alter, Krankheit und Tod. Auf einer subtileren Ebene erleben wir den ständigen Wandel der Unbeständigkeit. Alles verändert sich und ist der Vergänglichkeit unterworfen. Die Geburt ist die Ursache für

 

Alter und Tod: Der Ausgangspunkt von Buddhas Suche und gleichzeitig die Ursache für den ewigen Kreislauf des Daseins. Warum gibt es Alter und Tod und wie können wir Alter und Tod überwinden?

 

Stell Dir vor wie der Buddha in Zazen saß und eine Antwort auf die oben genannte Frage suchte. Was ist die Ursache von Alter und Tod? Die Geburt ist die Ursache von Alter und Tod. Was aber ist die Ursache der Geburt? Und so weiter und so weiter. Aus meiner Sicht heraus bezeichnet Geburt ein Werden im ständigen Wandel der Unbeständigkeit.

 

Das bedeutet, dass wir in jedem Augenblick neu geboren werden, aufgrund der inneren und äußeren Einflüsse, in jedem Augenblick ein anderer Mensch sind, bezogen auf unsere Gedanken, Gefühle, Wahrnehmung und Bewusstsein. Und selbst unser Körper ist dem ständigen Wandel in Form des Gasaustauschs in der Lunge, der Zirkulation unseres Blutes und dem Absterben von Hautschuppen unterworfen.

 

Im Zen wird, im Gegensatz zum allgemeinen Buddhismus, aber auf die direkte Erfahrung der Leerheit hin gewiesen und nicht auf die Spekulation eines Lebens nach dem Tod oder einer Wiedergeburt. Hier und jetzt sollen wir die Wahrheit verwirklichen. Alle spekulativen Überlegungen und jede Form des begrifflichen Denkens muss zwangsläufig zu Verwirrung und Leiden führen. Aus Sicht der relativen Wirklichkeit geht es doch bei der Verkettung um folgendes: Wahrnehmung über die Sinnesorgane löst, die seit unserer Zeugung entstandenen gedanklichen Verhaltensmuster, und damit eine ganze Flut von Gefühlen und Handlungen aus, von denen wir die wenigsten wirklich bewusst tun.

 

Jemand äußert uns gegenüber Kritik und völlig automatisch fühlen wir uns angegriffen, mit den dazu gehörigen Gefühlen und Verhaltensweisen. Was aber wäre, wenn wir diese Kette unterbrechen könnten und die Kritik zunächst im Licht der Weisheit betrachten würden? Vielleicht erkennen wir dann den eigentlichen Grund hinter der Kritik oder sind sehr dankbar, weil wir etwas dazu lernen können.

 

Unser Verhalten muss nicht zwangsläufig von unserem Ego-Ich gestaltet werden, sondern kann mit Weisheit und Achtsamkeit unser Lei-den auf der relativen Ebene des Verstehens minimieren. Schlussendlich gesehen gibt es zwar die gedankliche oder gefühlsmäßige automatische Reaktion auf die Kritik, aber es gibt im Grunde niemanden der diese Reaktion hat.

 

Das illusionäre „ich“ entsteht lediglich durch einen Gedanken wie zum Beispiel „Ich werde angegriffen und kritisiert.“ In Wahrheit gibt es da niemanden der kritisiert wird. Das ist lediglich ein Gedanke der genauso von alleine entsteht und vergeht wie alles andere auch. Das Resultat dieser Einstellung ist pure Gelassenheit im Augenblick.

 

Aus dem Buch "ZEN - Erleuchtung und andere Missverständnisse"

Gibt es im Buddhismus eine Seele?

Fragender: Ich habe da eine wichtige Frage bezüglich des Buddhismus. Glauben die Buddhisten an eine Seele? Ich lese immer wieder vom Menschen „als seelenloses Wesen“ aber auch oft vom Gegenteil. Könnten Sie mir bei dieser Frage weiterhelfen?

Wenn der Mensch keine Seele hat, was genau „wandert“ dann bei der Reinkarnation in den nächsten Körper? Ist diese Bezeichnung dann vielleicht als Synonym zur Seele zu verstehen? Ich bereite gerade eine Seminararbeit zum Thema: Die Auffassung des Buddhismus über den Weg der Seele ins Nirvana  vor und befinde mich jetzt in einer Zwickmühle hinsichtlich des Begriffs der „Seele“. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir helfen könnten.

 

Heisan: Gerne versuche ich bei der Frage nach der Seele zu helfen, muss ihnen aber gleich zu Beginn sagen, dass es da selbst innerhalb der einzelnen Traditionen des Buddhismus vermutlich unterschiedliche Meinungen zu gibt. Daher kann ich ihre Frage nicht aus einer absoluten und in jedem Fall "richtigen" Position heraus beantworten.

 

Aus der Perspektive der Zen-Tradition und innerhalb dieser Tradition aus meiner eigenen Erfahrung heraus gesprochen, gibt es im Buddhismus nicht den Glauben an eine persönliche Seele. Also etwas, dass nach dem Tod fortbesteht und zu Gott zurückkehrt oder ins nächste Leben geboren wird. Wenn wir unser "Ich", also die Person, für die wir uns halten, genauer untersuchen, so finden wir laut Buddha den Körper, die Sinneswahrnehmung, die Gefühle, die Gedanken und das persönliche Bewusstsein, als die Leinwand, auf der die erstgenannten auftauchen.

 

Außerdem dieser 5 so genannten Skandas (Anhäufungen) gibt es nichts, das wir als "Ich" bezeichnen könnten. Doch diese 5 Skandas sind vergänglich, dem ständigen Wandel unterworfen, entstehen durch wechselseitige Abhängigkeit mit der inneren und äußeren Welt. Das zu untersuchen ist die Praxis der Meditation. Im indischen Glauben musste das wahre Selbst etwas sein, dass aus sich selbst heraus existiert, unabhängig von Ursachen existiert und weder geboren wird, noch sterben kann. Diese Formulierung lässt sehr schnell an so etwas wie eine Seele denken. Doch wenn wir während der Meditation unser "Ich" erforschen und beobachten, werden wir nicht so etwas wie eine persönliche Seele finden.

 

Da sind also wir, die den Körper, die Sinne, die Gefühle, die Gedanken und sogar das persönliche Bewusstsein beobachten können, aber kann das, was da beobachtet selbst beobachtet werden? Ganz offensichtlich kann der Beobachter nicht beobachtet werden, da es sonst noch eine tiefere Instanz von Beobachtung geben müsste. Vielleicht könnte man diese Instanz der Beobachtung, die aber keine persönlichen Attribute hat, als das bezeichnen, was im christlichen Glauben als Seele bezeichnet wird. Als dieser göttliche Funken in uns, der letztlich Gott selbst ist. 

 

Es gibt im Buddhismus also nicht die Idee einer persönlichen Seele, sondern einer einzigen Seele, die oft als der eine Geist, das Ungeborene, Buddhanatur oder ähnliches bezeichnet wird. Und das sind letztendlich wir alle als eines. Wir alle sind diese Quelle jeglicher Wahrnehmung, der Ursprung, das Ungeborene... der eine Geist... Gott?!

 

Aus diesem Verständnis heraus wird nicht eine individuelle Seele wieder und wieder geboren bzw. reinkarniert sich immer und immer wieder, sondern es ist Gott selbst, der sich als Mensch reinkarniert. Dazu vielleicht eine schöne Metapher, die ich immer wieder gerne erzähle:

 

Gott hat angefangen mit sich selbst verstecken zu spielen, aber er hat das Spiel so gut gemacht, dass er vergessen hat, dass es nur ein Spiel ist. Und so hat er sich selbst vergessen.

 

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es keine Seele gibt, die ins Nirvana eingeht, sondern dass das, was wir hier als Seele bezeichnen, bereits Nirvana ist. Und zwar in dem Augenblick, wenn Erkenntnis geschieht, dass wir nicht nur dieses Körper-Geist-System sind, sondern dass wir mehr sind als das. Im Zen sagen wir, dass Nirvana (=Verlöschen) und Samsara (=Werdekreislauf) ein und das selbe sind. Es kommt nur auf den Blickwinkel an, aus dem wir die Welt wahrnehmen. Jesus hat gesagt: "Das Himmelreich ist inwendig in euch." bzw. "Das Himmelreich ist mitten unter euch." was im Grunde die selbe Erkenntnis zum Ausdruck bringt. 

 

Nirvana bedeutet also verlöschen oder auflösen der Identifikation mit diesem Körper-Geist-System was ein mehr an Lebendigkeit, Kreativität, Mitgefühl und Spontanität im Leben bedeuten kann. Ein mit dem Leben mit fließen, statt sich egoistischer Weise dagegen zu sträuben. Christlich ausgedrückt mit den Worten: "Nicht meine Wille geschehe, sondern der deine..."

 

Nun, ich hoffe, dass ich deine Frage etwas beantworten konnte und nicht noch viel mehr Fragen aufgeworfen habe. 

Genjo Koan - Das Unkraut wächst

„Der Buddha-Weg ist von Anbeginn jenseits von Überfluss und Mangel, und deshalb gibt es [Augenblick für Augenblick] Leben und Tod, Täuschung und Erwachen, Lebewesen und Buddhas. Selbst wenn dies alles so ist, fallen die Blüten, obwohl wir es bedauern, und wächst das Unkraut, obwohl es uns nicht gefällt.“

 

Das was Buddha entdeckt hatte, das Dharma, die Essenz, letzte Wahrheit, mittlerer Weg oder Buddha-Weg, ist schon immer, also zeitlos, ungeboren, unentstanden, jenseits vom Überfluss (dem Leben im Palast) und auch jenseits von Mangel, den Buddha während seiner Askese praktiziert hatte.

Beide Aspekte sind das, was Samsara genannt wird, das Leben in der Identifikation mit bedingtem Dasein, Täuschung, Verblendung.

 

Weil die Menschen das nicht wissen und erkennen, leben sie in der dualistischen Wahrnehmung von Leben und Tod, gut und böse, angenehm und unangenehm und in der Vorstellung, dass es normale Menschen und erwachte Menschen gibt.

 

Doch selbst wenn wir die Wahrheit Buddhas erkannt haben, wenn Erkenntnis über unser wahres Wesen, Buddha-Natur, letzte Instanz von Gewahrsein, wahres Selbst, geschehen ist, geht das Leben weiter.

Die Jahreszeiten wechseln sich ab, Blüten verwelken, das, was unser Ego-Verstand als angenehm wahrnimmt ist der Vergänglichkeit unterworfen und wir sind mit dem konfrontiert, was das Ego-Verstand ablehnt.

 

Ich lese in diesem Text die drei Geistesgifte heraus. Aus Blickwinkel der Identifikation geschieht auch nach der Erkenntnis, so lange diese nur intellektuell ist, Ablehnung (Hass) und Ergreifen (Gier), solange wir den Buddha-Weg nicht geklärt haben (Verblendung).

 

Und jetzt zerreißt mich in der Luft und sagt mir, dass ich viel zu viele Worte verschwendet habe. Letztendlich muss der Text, ähnlich einem Koan, mehr gefühlt als intellektuell verstanden werden.

Vom Wasser trinken und vom Durst stillen

Die Essenz fast aller spirituellen Wege und der mystischen Seite vieler Religionen ist immer die eine Sache. Im Zen wird es die Sache von Leben und Tod genannt. Doch was ist diese eine Sache, die natürlich weder eine Sache noch ein Ding ist?


Kürzlich schrieb mir jemand, dass es ziemlich gewagt ist, das Ziel aller spirituellen Weg über einen Kamm zu scheren und fragte mich, ob ich alle spirituellen Wege gegangen wäre, um diese Aussage treffen zu können?

Nein, natürlich bin ich nicht alle Wege gegangen. Aber wir müssen auch nicht sämtliche Wassersorten probieren, um zu wissen wie es sich anfühlt Wasser zu trinken. Aber Achtung, ich spreche nicht vom Geschmack des Wassers, sondern wie es sich anfühlt Wasser zu trinken.

Ich spreche von einer Erfahrung, einer Erkenntnis. Der Geschmack des Wassers ist immer unterschiedlich. Wer das nicht glaubt, kann einmal ein Glas Salzwasser trinken und zusehen, wie der Körper darauf reagiert.

Vor einigen Jahren schrieb ich in einem Gedicht

„Nie gab es so viele Leher wie in der heutigen Zeit, doch viele verunreinigen den Geist Buddhas. So wie die Nebenflüsse durchtränkt sind von Schlamm und die Reinheit der Quelle für immer eingebüßt haben.“

Aber im Grunde stimmt das so nicht ganz. Die Reinheit der Quelle ist selbst in, durch Schlamm durchtränkten, Nebenflüssen zu finden. Es ist doch so:

Alle spirituellen Wege und Religionen sind wie verschiedene Wassersorten. Da gibt es Regenwasser, Mineralwasser, Flusswasser, Meerwasser, Cola und Limo, Bier, Urin und so weiter. Im ersten Moment scheinen das alles verschiedene Wassersorten zu sein.

Doch heute wissen wir, dass wir aus all diesen verschiedenen Wassersorten reines Wasser destillieren können. Also ist das jetzt schon die Metapher für das Ziel aller spirituellen Wege und Religionen? 

 

Nein, natürlich nicht. Denn wenn wir uns das Wasser an sich genauer ansehen, stellen wir fest, dass es sich aus Molekülen zusammen setzt. Was wir also eigentlich destillieren ist nicht Wasser, sondern H2O.

Gehen wir nun auch noch darüber hinaus, wie es im Hannya Shingyo, dem Herz-Sutra heißt:

 

„Darüber hinaus gehen und noch jenseits des darüber hinaus an das Ufer des Satori.“ und schauen uns diese Moleküle noch genau an.

Dieses Molekül besteht wiederum aus 2 Atomen Wasserstoff und einem Atom Sauerstoff. Gehen wir auch darüber hinaus, entdecken wir, dass zwischen dem Atomkern und den ihn umkreisenden Neutronen und Protonen ein riesiger leerer Raum ist.

 

Wenn also die äußere Hülle eines Atoms so groß wäre wie ein Fußballfeld, also einen Durchmesser von 100 Metern hätte, dann wäre der Atomkern, der fast die gesamte Masse des Atoms beinhaltet, nur so groß wie ein Stecknadelkopf!

 

Dazwischen ist nichts und damit näheren wir uns allmählich der Essenz aller Religionen, spirituellen Wege und des Lebens an sich. Natürlich nur metaphorisch gesprochen.

 

Wir können diese Essenz nicht erklären oder beschreiben, da wir selbst diese Essenz sind. So wie sich ein Messer nicht selbst schneiden und eine Hand sich selbst nicht ergreifen kann, können wir niemals das wahrnehmen, was Quelle jeglicher Wahrnehmung ist.

 

Der Ausdruck dieser Erkenntnis, wenn sie uns denn wirklich durchdringt und nicht nur intellektuell verstanden wird, ist ein Gefühl von unglaublicher Solidarität, Einheit, Liebe, Frieden und Mitgefühl für alle Wesen.

 

Und das ist die Essenz fast aller spirituellen Wege und der mystischen Seite vieler Religionen.

 

Wenn Du also Deinen Durst stillen willst, dann frag nicht andere danach, wie es ist Wasser zu trinken, sondern koste selbst, indem Du Dich einem vertrauensvollen Lehrer zuwendest und durch Deine eigene intime Erfahrung zum Beispiel durch Zazen, das Glas Wasser bis auf den Grund leerst. Nur so weißt Du, wie es sich anfühlt Wasser zu trinken, das ist Zen.

Zen und christliche Kontemplation

Vielleicht liegt es daran, dass ich aktuell am Benediktushof in Holzkirchen bin und hier, wie kaum an einem anderen Ort, eine Symbiose zwischen Zen-Meditation und christlicher Kontemplation gelungen ist.

 

Aus welchen Gründen auch immer, ist mir heute eine Geschichte eingefallen, die ich vor einigen Jahren mit einer orthodoxen evangelischen Christin hatte.

 

Bei einem Treffen kamen wir ins Gespräch und ich wollte ihr mein damaliges Verständnis des Zen näher bringen und darauf hinweisen, dass sich diese beiden spirituellen Wege in der Essenz nicht unterscheiden. Doch bereits nach 2 oder 3 Minuten unterbrach sie mich mit den Worten:

 

„Thorsten, hör bitte auf damit. Gott hat die Bibel mit seinen eigenen Händen geschrieben und sie den Menschen gegeben, damit wir uns nach seinem Wort richten. Alles, was aus dem Osten kommt, wie Yoga und Meditation, hat der Teufel auf die Welt gebracht, um in die Gehirne der Menschen einzudringen.“

 

Das ist mal eine krasse Aussage, dachte ich so bei mir. Doch ich wollte es noch einmal versuchen und bat sie, mir eine zweite Chance zu geben. Und so sagte ich zu ihr:

 

Solange wir den Einflüsterungen des Teufels in Form von Habgier, Stolz und anderen Gedanken vertrauen und uns verführen lassen, so lange werden wir schon hier auf Erden in der Hölle leiden.

 

Wir leiden an unserer Gier nach immer mehr und an unserer Hilflosigkeit bezogen auf Krankheit und Tod. Wir leiden an den Einflüsterungen des Teufels, der uns sagt, dass wir so wie wir sind, nicht in Ordnung sind und an der Angst, für unsere Sünden in die Hölle zu kommen.

 

Doch wenn wir uns voller Vertrauen Gott, Jesus Christus und dem heiligen Geist hingeben, hat der Teufel keine Chance uns zu verführen. Wenn wir „Nicht mein Wille, sondern der Deine“ wirklich leben und bereit sind alles restlos aufzugeben und uns vollständig in die Hand Gottes begeben, dann können wir jetzt und hier auf Erden das Himmelreich erfahren.

 

So sprach ich zu ihr und sie hörte mir zu. Am Ende sagte sie: „Thorsten, genau das ist mein christlicher Glaube.“ Doch ich antwortete ihr: „Ich weiß, doch ich habe dir gerade Zen-Buddhismus mit christlichen Vokabeln erklärt. Ich habe lediglich die Worte ausgetauscht.“ Da sah sie mich irritiert an.

 

Hier der selbe Text wie oben, nur mit Begriffen und Worten des Zen:

 

Solange wir den Gedanken des Ego-Verstandes in Form von Gier und Hass, also Anhaftung und Ablehnung vertrauen und glauben, dass wir der Denker sind, so lange werden wir in unserem Leben Leiden erfahren.

 

Wir leiden an unserer Gier nach immer mehr und an unserer Hilflosigkeit bezogen auf Krankheit, Alter und Tod. Wir leiden an den Gedanken des Ego-Verstandes, der uns sagt, dass wir so wie wir sind, nicht in Ordnung sind und an der Angst, durch unsere Handlungen so viel schlechtes Karma erzeugt zu haben, dass wir niemals Erleuchtung erfahren werden.

 

Doch in der Erkenntnis, dass alle Dinge leer sind, von einem aus sich selbst heraus existierenden sein und wir somit noch nie einen Gedanken gedacht oder eine Entscheidung getroffen haben, können wir uns selbst, so wie wir sind annehmen und die Identifikation mit dem Ego-Verstand aufgeben.

 

Natürlich ist da niemand, der diese Identifikation aufgeben könnte, wir erkennen lediglich die Illusion. Wenn wir uns dem Leben völlig hingeben, voller Vertrauen das Leben geschehen lassen, dann können wir im selben Augenblick erwachen.

 

Doch wie können wir uns voller Vertrauen Gott oder dem Leben hingeben? Wie kann sich Gott in uns selbst offenbaren und erkennen?

 

Es ist eine direkte und spontane Erkenntnis! Frage: Woher weiß ich, dass ich ich bin?

 

Wenn ich hier vor mir das Weinglas betrachte, weiß ich genau, dass ich nicht dieses Weinglas bin. Woher ich das weiß? Weil ich es sehen und wahrnehmen kann. Das gesehen Objekt ist nicht die Quelle, von der diese Wahrnehmung ausgeht.

 

Das Weinglas scheint sich außerhalb von meinem Körper zu befinden und es ist für alle Menschen offensichtlich, dass sie nicht die Dinge sind, die sie im außen wahrnehmen. Denn da gibt es immer das Ding, z. B. ein Baum oder eben ein Weinglas und das gibt es mich, als den Wahrnehmenden, den Sehenden dieses Dings.

 

Doch während wir in stille sitzen und Zazen oder Kontemplation praktizieren, können wir den Körper wahrnehmen, wir nehmen die Wahrnehmung über die 5 Sinne wahr, wir „sehen“ Gedanken und Gefühle kommen und gehen.

 

Nicht zuletzt nehmen wir sogar das Bewusstsein wahr, in dem all das auftaucht und wieder verschwindet. Sogar das Gefühl, dieser Körper, diese Person zu sein, kann in einem stillen Moment der Achtsamkeit und Kontemplation wahrgenommen werden.

 

Doch wenn ich all diese inneren Phänomene wahrnehme, dann sind all diese Phänomene nicht die Quelle der Wahrnehmung. Auch wenn ich diese Quelle, manche nennen es Gott, nicht wahrnehmen kann, da es nun einmal die Quelle selbst ist, die sieht und wahrnimmt, kann ich doch erkennen, dass sie ist. Das ich diese Quelle der Wahrnehmung bin, das ich DAS bin.

 

In diesem Augenblick können alle Gedanken, alle Einflüsterungen des Teufels, Gier und Hass tatsächlich losgelassen werden. Nicht durch ein tun, sondern durch ein zulassen. Wir erkennen, dass es nicht einmal eines Zulassens bedarf und erwachen zum Augenblick hier und jetzt. 

Spirituelle Krise - Hilfe im Notfall

"Der Psychotiker und der Mystiker fallen beide ins Meer. Der Psychotiker geht unter und der Mystiker kann schwimmen." sagt Williges Jäger in diesem Interview.

Wenn der Mensch erkannt hat, dass sein Streben nach dauerhaftem Frieden und Glück, in einer Welt der Vergänglichkeit und dem ständigen Wandel,


niemals dauerhaft sein kann, begibt er sich auf die Suche nach der Wahrheit, nach Gott oder Erleuchtung.

Zunächst suchen wir vielleicht noch im Außen nach Methoden und Wegen wie christlicher Mystik, Zen oder Advaita, doch merken früher oder später, dass wir die Wahrheit nur in uns selbst entdecken können.

 

Dabei kann es früher oder später zu heftigen Irritationen bis hin zu Depression oder Psychosen kommen, wenn wir keinen fähigen Lehrer haben, der uns in einer spirituellen Krise begleitet und unterstützt. Es mag auch Menschen gegeben haben, die ohne diese Unterstützung ausgekommen sind. Aber diese Menschen sind selten.

 

In meinem Verständnis basiert die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler nicht auf einer Wissensvermittlung, sondern mehr darauf, auf die Fallstricke und Illusionen auf dem spirituellen Weg aufmerksam zu machen, den Schüler aber gleichzeitig seine eigenen Erfahrungen machen zu lassen.

Für die Auflösung der Ich-Struktur ist zunächst ein stabiles, mit beiden Füßen fest auf dem Boden stehendes "Ich" notwendig. So erzieht der Zen-Weg zunächst zu einer starken Persönlichkeit, die einen festen Stand im Leben hat, bevor Befreiung geschehen kann.

 

Anmerkung:

 

Hilfe und Unterstützung bei spirituellen Krisen findet man auf http://www.senev.de/ Ziel des Vereins ist die Begleitung einzelner oder kleiner Gruppen auf dem spirituellen Weg und bei etwaigen Krisen. Solche spirituellen Krisen können zum einen in der spirituellen Praxis selbst auftauchen (unsachgemäße Anleitung oder ungenügende innere Vorbereitung und psychische Stabilität des Betroffenen), zum anderen können sie auch durch spontane spirituelle Erlebnisse entstehen (z.B. paranormale Erlebnisse, Nahtodeserfahrungen oder plötzliches Erwachen der „Kundalinienergie“, die die Betroffenen in ihr Weltbild nicht einordnen können.)

Angst und Panik vor dem Nirvana (Verlöschen)

Hallo Thorsten,

etwas was mich tief berührt und mir auf der Seele brennt und ich Dir, nachdem ich Dein offenes und ehrliches Tagebuch gelesen habe, einfach anvertraue. Eigentlich eine Sache für einen Psychologen aber ich bringe es in "Zusammenhang" mit Zazen. Vielleicht ist es auch einfach nur Zufall oder ich interpretiere etwas hinein oder bin auf der ganz falschen Fährte. 

 


Nun ich öffne mich Dir und vielleicht hast Du ja etwas ähnliches von anderen gehört oder kannst das einordnen und mir irgendein Feedback geben.

 

Mir scheint seitdem ich Zazen regelmäßig praktiziere ist wieder etwas ans Tageslicht getreten, was längere Zeit in mir verborgen war und ich schon völlig vergessen oder besser gesagt verdrängt hatte. Nach mehreren Ereignissen in jüngster Zeit habe ich mich damit zwangsläufig intensiver beschäftigt. Bei zwei Einzelgesprächen mit Zen Meistern habe ich es angesprochen und zuletzt war das Gespräch für mich sehr emotional, ich habe geweint. Meine Emotionen waren mit peinlich aber die Antworten haben mir geholfen und ich denke auch Zazen hat mir geholfen den Zustand einzuordnen, vielleicht....

 

Vielleicht hat Zazen es aber auch einfach wieder freigelegt. 

 

Folgendes passiert in der letzten Zeit wieder vermehrt seitdem ich Zazen praktiziere und ich dachte zunächst es ist ein Zustand der auch im Zazen erlebt wird und hätte mit einem geänderten Bewusstsein zu tun: Nun, es gibt und gab immer wieder in meinem Leben Momente da trete ich von meinem Bewußtsein zurück und beobachte quasi mich selbst, einen anderen Paul (Name geändert) der "da vor mir ist". So als ob ich mich verlasse und hinter mich oder besser gesagt zurück trete. Schwer zu beschreiben!!

 

Keine außerkörperliche Erfahrung aber eigentlich doch. Nicht so, dass ich mich selber von oben oder von hinten sehe, aber ich bin nicht mehr ich selbst und ein anderer, zweiter Paul (Name geändert) oder ein anderes, unabhängiges Bewusstsein. Der "normale" Paul (Name geändert) ist getrennt von mir und redet "ganz klein" da VOR mir. Ich steuere ihn vielleicht noch irgendwie, weiß aber auch nicht genau wie oder ob ich ihn steuere und habe Angst, dass er außer Kontrolle gerät. Die Verbindung zu ihm ist dann schwach und mir ist nicht klar wie die Verbindung überhaupt ist. In der letzten Zeit ist das wieder mehrfach geschehen zum Beispiel als ich mit anderen Menschen gesprochen habe. Einfach so, aus heiterem Himmel.

 

Es ist für mich in der konkreten Situation sehr verstörend, extrem beängstigend und reißt mir den Boden unter den Füßen weg. Ich denke, dass ich verrückt werde!!! Wenn es passiert habe ich außerdem Angst, dass mir das jemand anmerkt und ziehe mich irgenwie aus der Affaire. Interessante Frage nebenbei: Ich weiß echt nicht wer dann die Kontrolle hat und sich zurückzieht. Es ist eher nicht der Paul (Name geändert) der gerade mit irgendwem "automatisch" spricht.

 

Des Weiteren habe ich regelmäßig Panikattacken die - wie ich erst seit letzter Woche weiß - dem gleichen Phänomen zuzuordnen sind. Es handelt sich psychologisch gesprochen um eine sogenannte Depersonalisierung, keine Schizophrenie (das ist die gute Nachricht). Wer davon betroffen ist und es erlebt ist zutiefst beeindruckt bzw. verängstigt davon. Gott sei Dank habe ich das nur vorübergehend. Ich dachte eine ganze Weile, so ist es wenn beim Zazen die Gedanken aufhören und man einfach nur da ist. Dann kommt ein anderes Bewusstsein. Ich weiß es einfach nicht!! Ist das so??? Beim Zazen selber ist mir das eigentlich noch nicht in der Intensität passiert. Manchmal, wenn die Gedanken zur Ruhe kommen spüre ich sowas wie eine Sperre und es kommt Angst auf. In etwa: Halt Halt, bis hierhin und NICHT WEITER, STOPP!!!.

 

Und sofort wieder ein Gedankenkarussell. Eigentlich möchte ich den Zustand des Freiseins von Gedanken sehr sehr gern erleben. Andererseits kommt dann diese Panik auf. Und in der letzten Zeit läuft ohnehin nur noch das Kopfkino beim Zazen. Die äußere Haltung klappt immer besser aber Gedanken ohne Ende. Nachdem ich vergangene Woche erst verstanden habe - jetzt erst, im Alter von 57 Jahren - um was es bei diesem Phänomen geht, welches ich mein ganzes bisheriges Leben mit mir rumschleppe, geht es mir schon besser. Ich vermute die Ursache zu kennen, ein Trauma aus frühester Kindheit. Die Angst ist seitdem ein wenig vergangen aber ich sollte wohl mit einem Psychologen reden und das aufarbeiten obwohl ich mich davor scheue. 

 

Jetzt habe ich Dir diese Geschichte anvertraut und hoffe Dich damit nicht überfallen zu haben oder Dir ein "Ohr angeknabbert" zu haben.... es war wirklich mir ein Bedürfnis. Irgendwie habe ich immer noch die Vorstellung, dass beim Zazen etwas anstrebenswertes außergewöhnliches mit dem Bewusstsein passiert. Ein "höherer" Zustand oder so. Paradox, trotz der Panik ist es wie ein Ziel, diesen Zustand zu erreichen. Sicherlich schon ein großer Kardinalfehler überhaupt ein Ziel zu haben beim Zazen.

 

Nachdem ich Deine Tagebücher gelesen habe, die wirklich sehr hilfreich, sehr offen und ehrlich geschrieben sind denke ich, dass ich beim Zazen wohl viel zu sehr irgendwelchen Vorstellungen anhafte und irgendetwas verfolge und beabsichtige. Es muss mir aber gelingen meine Angst zu überwinden und loszulassen und einfach dazusitzen und den Moment zu erleben. Ich bin auf dem Weg aber es gibt noch diese Geschichte mit der Depersonalisierung an der ich arbeite.... 

 

Kann es beim Zazen andere Bewusstseinszustände geben in der Richtung wie ich es manchmal unfreiwillig im Alltag erlebe, eine Depersonalisierung? Ist das nur eine gänzlich falsche Vorstellung von mir und Zazen ist viel "profaner"? Ist dieser Zustand etwas was man beim Zazen erleben kann oder ist der Zustand einfach ein persönliches Problem von mir?

 

Paradox: Trotz meiner immensen Angst fasziniert mich der Zustand der Depersonalisierung. Wenn ich es steuern könnte würde ich es wohl anstreben ihn kontrolliert herbeizuführen. 

 

Antwort:

 

Zazen kann zu Beginn wie eine Gesprächstherapie mit sich selbst wirken. Bei dieser Therapieform hört der Therapeut einfach nur zu, tut so, als würde er sich Notizen machen, aber im Grunde hilft er dir nur dabei, dass sich dein Unterbewusstsein ausschütten kann, ohne dass er das Gesagte bewertet, kommentiert oder beurteilt. 

 

Einen ähnlichen Effekt hat Zazen in den ersten Monaten oder Jahren. Du lässt einfach alles hochkommen, was sich gerade ausdrücken möchte. Dabei kann es passieren, dass längst vergessene oder verdrängte Erinnerungen auftauchen. Wenn wir diese nicht ergreifen oder verdrängen, kann sich deren "Energie" natürlich und von alleine auflösen. Verdrängte Anteile haben immer einen Einfluss auf uns als Mensch, solange diese nicht angenommen werden. Mit Annehmen ist aber keine aktive Handlung gemeint, sondern sie einfach für den Augenblick da sein lassen, damit ihre Vergänglichkeit und Substanzlosigkeit wahrgenommen wird.

 

Wie auch immer. Was du in deiner E-Mail beschreibst, könnte das sein, wie ich "mein" Leben mittlerweile wahrnehme. Die Person Thorsten Schäffer existiert, das ist offensichtlich. Die Frage ist nur, ob ich diese Person (Ego) bin? Während Zazen kann beobachtet werden, dass ohne das geringste Zutun Lebendigkeit des Körpers geschieht, Gefühle wie das Sitzen auf dem Kissen, Emotionen wie Entspannung, Angst, Erregung etc. kommen und gehen ohne ein aktives Zutun. Wahrnehmung über die 5 Sinne wie sehen oder hören passiert ebenfalls völlig ohne "mich". Und Gedanken, Erinnerungen, Ideen an die Zukunft und auch das gedankliche Konstrukt die Person zu sein, mit samt der Geschichte über eine tote Vergangenheit, die uns der Ego-Verstand über uns erzählt, geschieht völlig ohne dass ich irgendetwas zu tun brauche. Die große Frage ist: 

 

Wenn die scheinbar aus sich selbst heraus existierende Person völlig ohne "mein" zutun geschieht, lediglich bedingt durch wechselseitige Abhängigkeit mit dem gesamten Universum, wer bin dann "ich"? Wer oder was nimmt die Phänomene auf der Leinwand des Bewusstseins wahr?

 

Ganz offensichtlich gibt es da eine Instanz eines Bewusstseins, Gewahrseins oder eines Beobachters, der völlig unpersönlich und nicht greifbar oder beschreibbar ist. Doch selbst die Aussage, dass DAS nicht beschreibbar ist, ist eine Beschreibung. Also muss es noch eine tiefere oder höhere Instanz von Gewahrsein geben. Am Ende ist da weder Sein noch Nicht-Sein, weder Alles noch Nichts. Der Beobachter, der Akt des beobachtens und das Objekt der Beobachten sind letztendlich eins!

 

Der Ego-Verstand hat mordsmäßig Angst davor sich aufzulösen, seine Macht abgeben zu müssen. Und das ist völlig normal und natürlich. Doch in dem Erkennen, dass die Person ohne "mein" geringstes Zutun von Augenblick zu Augenblick geschieht, kann Loslassen von ganz alleine stattfinden. Erst wenn wir erkennen, dass es da rein gar nichts zum festhalten gibt, kann wahres Loslassen geschehen. 

 

Die scheinbare Person existiert danach ganz normal weiter, so wie vorher auch mit all ihren kleinen und größeren Problemchen, mit samt der Tragödie und Komödie, die wir Leben nennen. Aber es ist ein tiefer Frieden und ein Gefühl von Gelassenheit vorhanden, dass sich auch im Körper-Geist-System ausdrückt. Diese Gefühle sind aber nur der Duft, nicht seine Quelle.

 

Du schreibst, dass du gerne den Zustand von Gedankenfreiheit erfahren möchtest, aber das was du bist, ist bereits frei von Gedanken, frei von den Ketten der Sklaverei eines sich verselbstständigten Denkzwangs. Du bist bereits wonach du sucht, aber nicht als Person. Wir erwachen nicht als Person, sondern wir erwachen von der Person. Von der Identifikation mit diesem Körper-Geist-System zu dem was wir sind. Das wiederum ist nicht greifbar. Es ist nicht ein "Etwas"... 

 

Der Verstand sträubt sich dagegen mit aller Macht, erzeugt Gefühle wie Angst und dieses "Halt, halt, bis hierhin und nicht weiter." Es ist das, was man im Zen als den kleinen Tod bezeichnet. "Stirb noch ehe du stirbst, damit du nicht verdirbst wenn du stirbst" sagte ein christlicher Mystiker einmal und ein Zen-Meister sagte "Stirb und sei ganz tot. Dann tritt wieder ins Leben und tu was du willst, alles ist gut."

 

Ich liebe die Geschichte von dem lachende Buddha Hotai: 

 

Ein Mönch war auf der Suche nach Erleuchtung und hatte schon etliche Meister besucht, aber niemand konnte ihm weiterhelfen. Eines Tages traf er auf Hotei, den lachenden Buddha und wusste sofort, dass dieser Mensch die Wahrheit verwirklicht hatte. Er sagte: "Meister, was ist Erwachen. Was ist die Essenz des Zen?" Hotei ließ als Stumme Antwort den Sack, den er über der Schulter trug, zu Boden fallen. "Ja Meister, ich verstehe. Aber was kommt danach?" Hotei ergriff seinen Sack, warf ihn sich über die Schulter, rückte die Last noch einmal zurecht und laut lachend ging er seines Weges ohne sich noch einmal umzuschauen.

 

Hier eine kurze Erklärung zu dieser Geschichte: https://youtu.be/eeobJ1zi7bQ

 

Mir scheint, dass wenn wirklich keine Schizofrenie oder ähnlich vorliegt, dass da nur noch ein dünner Schleier aus Illusion und Täuschung, ein dünner Faden der Identifikation vorhanden ist. Trau dich, gemeinsam in der Gruppe und angeleitet durch einen erfahrenden Praktizierenden, diese Faden für einen Augenblick los zu lassen und zu springen. Du musst keine Angst haben, die Person wird nicht verschwinden, sie wird auch danach, genau wie vorher auch, weiter geschehen. Aber wenn die Identifikation einmal durchschaut wurde, wird das Leben weniger kompliziert und verwirrend. Wir können zusehen, wie sich Leben Stück für Stück entfaltet.

 

Zen ist kein Weg der Lethargie, sondern ein sehr aktiver lebensbejahender Weg inmitten des Alltags zum Wohle aller Wesen.

 

Praktizierender:

 

Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort! Möglicherweise ist es tatsächlich so, dass da nur noch ein dünner Schleier aus Illusion und Täuschung, ein dünner Faden der Identifikation vorhanden ist. Allerdings mache ich gerade eine emotionale Achterbahn durch bzw. das "Ich" klammert und wehrt sich bei mir sehr gegen das Loslassen.

 

Es kommen Angstzustände mit denen ich nicht gerechnet habe. Die Angst muss ich zunächst irgendwie akzeptieren, dann löst sie sich wahrscheinlich von selbst auf. Oder es kommen sehr häufig Tränen der Rührung in verschiedenen Situationen. Mein Eindruck ist zur Zeit, dass Einiges aus der Vergangenheit hochkommt und wie Du eingangs beschrieben hast wirkt es auf mich wie eine Gesprächstherapie mit mir selber.

 

Die Themen verarbeite ich einerseits auf intellektueller und emotionaler Ebene. Andererseits versuche ich die Gefühle anzunehmen, dann los zu lassen und nichts zu wollen. Gar nicht so einfach....

 

Antwort:

 

Du schreibst von einer emotionalen Achterbahnfahrt und dass das ich sich wehrt und klammert. Das darf und soll es ruhig... Denn:

 

Frag dich selbst, ob das was du wahrnimmst wahrgenommen werden kann. Und dann Schwenk den Fokus um 180 Grad und bleibt bei dem, was das alles wahrnimmt oder beobachtet. Das nennt man Achtsamkeit, Gegenwärtigkeit, Präsenz oder Gewahrsein... deine wahre Natur, dein wahres selbst.

 

Praktizierender:

 

Lieber Thorsten,

es beschäftigt mich die ganze Zeit. Die Frage ob die Depersonalisierung/Derealisierung die ich immer wieder mal erlebe einem Zustand im Zazen gleicht. Ich habe die Vermutung, dass während der Depersonalisierung das "Selbst" zum Vorschein kommt. Dem "Ich", meinem riesigen "ICH", macht das ungeheuer Angst und es versucht alles, um dieses Erleben zu verhindern. Vielleicht sind Depersonalisierung und die Erfahrung des Selbst durch Zen ein und das gleiche? Ich weiß es nicht aber jetzt habe ich ein Video entdeckt wo genau das erklärt wird. Allerdings wird beschrieben das die Depersonalisierung und das Erleben der Leere (des Selbst, wie ich meine) im Zen, zwei Seiten einer Medaille sind. Das Eine angstbesetzt das Andere erlösend und friedlich.

Falls Dich das Video interessiert: https://www.youtube.com/watch?v=9zIKQCwDXsA

 

P.S. Ich hatte während unserer Zazen Tage ein paar kleinere DP als ich mit Euch gesprochen hatte die ich eher neugierig zur Kenntnis genommen hatte (das geht, solange sie mich nicht überwältigen). Deine Strategie wirkt: Es annehmen und einfach die ganze Breitseite fordern. 

 

Thorsten:

 

Vielen Dank für den Link zum Video, das ich sehr spannend fand. Als junger "Zen-Lehrer" ist das, was du erlebst und beschreibst, eine Möglichkeit mich weiterzuentwickeln und ich danke dir aus tiefstem Herzen für dein Vertrauen und deine Offenheit. Ich selbst habe so etwas nie auf diese Weise erlebt. Mir als Person ging es früher immer darum zu erwachen. Ich wollte wissen, was es mit dieser Erleuchtung Buddhas und all der Meister auf sich hat.

 

So habe ich die Depersonalisierung, das stehen am Rand der Klippe mit dem einzigen Ausweg noch einen Schritt nach vorne zu gehen, als wunderbare Erfahrung erlebt: Einssein, tiefer Frieden und Glückseeligkeit. 

 

"Mein" Ego hat nie mit Angst reagiert. Allerdings mit einen leichten Gefühl von Depression ganz zu Beginn des Erkennens: Alles ist sinnlos, ich habe keine höhere Lebensaufgabe, alles was ich glaubte erreicht und getan zu haben, bin nicht ich...?

 

Nur wenn WIR uns auf diese Gedanken einlassen, erneut Identifikation geschieht, führen diese Gedanken zu Depression und Angst. Wenn WIR bei uns bleiben, bei dem was WIR sind, sind es nur auftauchende Phänomene auf der Leinwand des persönlichen Bewusstseins. Die Leinwand fängt nicht an zu brennen, wenn da ein Feuer gezeigt wird. Und sie wird nicht nass, nur weil ein Wasserfall zu sehen ist. 

 

Du schreibst, dass du die Vermutung hast, dass während der Depersonalisierung das Selbst zum Vorschein kommt. Das tut es nicht! Es ist schon immer gegenwärtig. Vielmehr möchte ich es wie folgt beschreiben:

 

Du sitzt im Kino und schaust dir einen Film an. Die Figur des Hauptdarstellers ist für dich so inspirierend, dass du dich mit ihm identifizierst, mit ihm leidest und freust. Irgendwann vergisst du völlig, dass du in Wahrheit im Kino sitzt und erfährst dich selbst während des Films als der Hauptdarsteller. Musst DU nun erst zum Vorschein kommen, um zu erkennen, dass du lediglich im Kino sitzt?

 

Nein, du musst lediglich erkennen, dass du nicht der Hauptdarsteller bist und nie warst. Der Hauptdarsteller im Film kann diese Erfahrung nicht machen, da er nun einmal nur aus Licht besteht, dass auf die Kinoleinwand geworfen wird. Die einzelnen Bilder laufen so schnell ab, dass es tatsächlich so wirkt, als gebe es eine Handlung und einen Ablauf in Raum und Zeit. In Wahrheit aber, sind es alles nur Einzelbilder, Momentaufnahmen.

 

Der Hauptdarsteller existiert, aber er existiert nur innerhalb des Films. Was passiert nun mit diesem Hauptdarsteller, wenn Du im Kinosessel aufwachst und erkennst, dass du die ganze Zeit nur der Zuschauer warst? Verschwindet der Hauptdarsteller? Löst er sich auf? Ist der Film dann schon vor dem Ende vorbei? Nein, der Film läuft weiter. Aber DU, das was DU bist ohne zu sein, erkennt sich selbst als Nicht-Hauptdarsteller.

 

Nun ist diese Metapher weniger für dein Problem mit der Angst geeignet. Oder vielleicht doch... Nehmen wir an, der Hauptdarsteller im Film gerät in eine Situation, in der er Todesangst hat. Er hat Angst sich aufzulösen oder zu sterben. Die Angst wird übermächtig und überwältigt ihn geradezu. Hat das einen Einfluss auf DICH als Zuschauer?

 

Gehen wir weg von dieser Metapher und schauen uns nun deine Situation an. Jede Angst hat immer mit der Illusion einer Zukunft zu tun. Da ist die Angst, dass irgendwas schlimmes passiert und der Ego-Verstand kreiert ein Schreckensbild, was da nicht alles geschehen könnte. Diese Vorstellung (sie "stellt sich vor" das Augen des Zuschauers) erzeugt Gefühle von Angst und Panik. Doch in diesem Augenblick hier und jetzt, im Erkennen, dass alles wovor wir Angst haben nur ein Bild, eine Vorstellung im Bewusstsein ist, kann diese Angst als ein gedankliches Konstrukt erkannt werden und kann sich durch dieses Erkennen auflösen.

 

Meine Empfehlung an dich, in einer solchen Situation zu sagen "In Ordnung, da ist Angst, da ist Panik. Also los, zeig mir deinen besten Schlag" ist eine Einladung zu erfahren, dass diese Angst keine Wirklichkeit in sich selbst hat. Sie ist völlig abhängig von deiner Energie in Form von Aufmerksamkeit und Identifikation. Wenn du realisierst, dass nichts schlimmes passiert, kann die Angst in Zukunft vielleicht einfach als das gesehen werden, was sie ist: Lediglich ein inneres Phänomen, das auftaucht, kurz verweilt und wieder verschwindet, wenn wir dieses Phänomen unberührt, unangetastet lassen. Wenn wir das Phänomen weder ergreifen noch zurückweisen, können wir seine Vergänglichkeit und Substanzlosigkeit erkennen. Das war´s auch schon...

 

Ich empfehle dir aber nicht, dieses Experiment für dich allein zu machen. Nutze dazu einen geschützten Raum in einer Gruppe, der du vertraust wie zum Beispiel am vergangenen Wochenende. All die Strukturen und klar geregelten Abläufe im Zen, haben unter anderem auch die Aufgabe, dir in einer solchen Situation einen Rahmen und eine Struktur von scheinbarer Sicherheit zu geben, so dass du dich fallen lassen kannst. Das Schlagen des Holz, die Trommel und die klarer Struktur der Abläufe im Dojo, so wie ein vertrauensvoller Lehrer oder Übungsleiter, können uns in einer solchen Situation helfen, trotz der überwältigenden Gefühle (gilt übrigens auch für die positive Form) ganz bei uns zu bleiben und zu beobachten, was von Augenblick zu Augenblick geschieht.

 

Alle negativen Gefühle wie Angst, Depression etc., genauso wie alle positiven Gefühle von Frieden, Glückseeligkeit etc. sind nichts als ein Gaukelspiel des Ego-Verstandes in seiner dualistischen Wahrnehmung. Worum es geht, ist darüber hinaus zu gehen und noch jenseits des darüber hinaus. Selbstverständlich ist es kein Gehen und auch kein Prozess, der uns von A nach B bringt. Wenn Erkenntnis geschieht, lachen wir laut auf, da wir schon immer sind, wonach wir so verzweifelt suchen.

  

Praktizierender:

 

Lieber Thorsten,

vielen Dank für Deine Antwort! Es ist noch schwer alles nachzuvollziehen was Du schreibst und ich werde mich damit intensiv auseinandersetzen. 

 

Ich glaube es gibt vielleicht auch ein Missverständnis, weil ich mich verkehrt ausgedrückt habe. Wenn ich schreibe, dass bei der Depersonalisierung das Selbst "zum Vorschein" kommt meine ich nicht, dass es dann quasi neu entsteht. Ich gehe davon aus, dass es immer da ist. Allerdings bin ich mir des "Selbst" nicht immer bewusst. Also es ist da, aber ich nehme es nicht wahr wegen des "übermächtigen" Ichs.

 

Bei der Depersonalisierung erlebe ich das "Selbst" dann aber, weil das Ich als Automat, sich selbst fremd geworden, irgendwie entfernt vor dem Selbst agiert. Ich kann das "Selbst" nicht beschreiben, aber es ist das was dann zum "Vorschein" kommt oder mir bewusst wird wenn das Ich "depersonalisiert" und wie ein Vorhang der etwas auseinander gezogen wird einen Spalt öffnet für etwas was dahinter liegt.

 

Sehr gern nehme ich Dein Angebot an bei den nächsten Zazen Tagen zu versuchen in der Gruppe, in Gegenwart von Dir los zu lassen. Ob es dann gelingt ist noch die Frage...

 

Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass Du Depressionen hattest durch Deine Erleuchtungserfahrung. Was macht dann noch wirklich Sinn von dem Alltäglichen mit dem man sich sein Leben größtenteils beschäftigt. Auch ein Thema zu dem ich gern mehr von Dir erfahren möchte.

 

Die Erklärung zur Angst, dass sie bezogen auf die Zukunft ist verstehe ich zwar aber darüber muss ich auch nochmal nachdenken. Das Problem ist, dass die Angst einfach da ist und einen teilweise mit aller Macht wegspült egal, wie sehr man den Mechanismus Angst versteht. Ich glaube es ist sehr wichtig einen Lernprozess zu starten indem man die Angst zulässt. Wie Du treffend sagst: Gib mir Deinen härtesten Schlag.

 

Thorsten:

 

Eine letzte Antwort auf deine Mail (da es sich auf diese Weise nicht wirklich gut ausdrücken lässt und im persönlichen Gespräch mehr passiert als nur der Austausch von Worten)...

 

Ich antworte einfach mal direkt in deine Mail:

 

Vielen Dank für Deine Antwort! Es ist noch schwer alles nachzuvollziehen was Du schreibst und ich werde mich damit intensiv auseinandersetzen. 

 

Wer will das tun? Doch auch nur wieder der Ego-Verstand, der glaubt er könne das jemals begreifen. Das wird nicht funktionieren, auch ich verstehe es nicht!

 

Ich glaube es gibt vielleicht auch ein Missverständnis weil ich mich verkehrt ausgedrückt habe. Wenn ich schreibe, dass bei der Depersonalisierung das Selbst "zum Vorschein" kommt meine ich nicht, dass es dann quasi neu entsteht. Ich gehe davon aus, dass es immer da ist. Allerdings bin ich mir des "Selbst" nicht immer bewusst. Also es ist da aber ich nehme es nicht wahr wegen des "übermächtigen" Ichs.

 

Du, der Ego-Verstand, wird sich des SELBST niemals bewusst werden! Du bist dir nie über DICH bewusst. Alles was vom Ego-Verstand erkannt werden kann, ist dass alles was erkannt wird, nicht das ist, was erkennt. Alles was beobachten werden kann, nicht das ist, was da beobachtet.

 

Bei der Depersonalisierung erlebe ich das "Selbst" dann aber weil das Ich als Automat, sich selbst fremd geworden, irgendwie entfernt vor dem Selbst agiert. Ich kann das "Selbst" nicht beschreiben aber es ist das was dann zum "Vorschein" kommt oder mir bewusst wird wenn das Ich "depersonalisiert" und wie ein Vorhang der etwas auseinander gezogen wird einen Spalt öffnet für etwas was dahinter liegt.

 

Die Erfahrung die du beschreibst, ist auch nur wieder eine Vorstellung, erzeugt vom kleinen ich um dich endlich zufrieden zu stellen: "Hey, schau mal, das könnte es sein..." Aber wenn du es wahrnehmen kannst, dann ist es nicht DAS. Worum es geht, ist völlig unbewusst. Das Erwachen, vielmehr das, was zu sich selbst erwacht, ist unbewusst und kann nicht beschrieben oder ergriffen werden. Und dennoch hat diese Erkenntnis Einfluss auf das Körper-Geist-System in Form von Befreiung, Angstlosigkeit, Vertrauen ins Leben/Gott...

 

Sehr gern nehme ich Dein Angebot an bei den nächsten Zazen Tagen zu versuchen in der Gruppe, in Gegenwart von Dir loszulassen. Ob es dann gelingt ist noch die Frage...

 

Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass Du Depressionen hattest durch Deine Erleuchtungserfahrung. Was macht dann noch wirklich Sinn von dem Alltäglichen mit dem man sich sein Leben größtenteils beschäftigt. Auch ein Thema zu dem ich gern mehr von Dir erfahren möchte.

 

Im schlussendlichen Erkennen, dass ich nicht der Denker sein konnte, verloren alle Gedanken und inneren Phänomene an Wichtigkeit und Macht. Ein gedankliches Konzept nach dem anderen, wie z. B. Schuld, Raum und Zeit, Lebenssinn und sogar Zen, sind einfach abgefallen. Alles was bleibt kann ich in einem Satz zusammenfassen: Leben geschieht von Augenblick zu Augenblick für niemanden!

 

Die Erklärung zur Angst, dass sie bezogen auf die Zukunft ist verstehe ich zwar aber darüber muss ich auch nochmal nachdenken. Das Problem ist, dass die Angst einfach da ist und einen teilweise mit aller Macht wegspült egal, wie sehr man den Mechanismus Angst versteht. Ich glaube es ist sehr wichtig einen Lernprozess zu starten indem man die Angst zulässt. Wie Du treffend sagst: Gib mir Deinen härtesten Schlag.

 

Ja, das hört sich vernünftig an. Am Ende wirst du laut auflachen bei der Erkenntnis, dass diese Angst schon immer all ihre Macht von DIR vom SELBST bekommen hat, auf Grund einer fehlerhaften Identifikation. Die Angst wird vielleicht nie verschwinden, aber sie wird ihrer scheinbaren Macht und Kraft beraubt und wir erkennen ihre Substanzlosigkeit. Nicht intellektuell, sondern durch eigene intime, jede Zelle durchdringende Erfahrung.

 

„Es gibt, Ihr Mönche, ein Ungeborenes, Ungewordenes, Ungeschaffenes, Ungestaltetes. Wenn es, Ihr Mönche, dieses Ungeborene, Ungewordene, Ungeschaffene, Ungestaltete nicht gäbe, so wäre hier ein Ausweg aus dem Geborenen, Gewordenen, Geschaffenen, Gestalteten nicht zu erkennen. Weil es nun aber, Ihr Mönche, ein Ungeborenes, Ungewordenens, Ungeschaffenes, Ungestaltetes gibt, so ist auch ein Ausweg aus dem Geborenen, Gewordenen, Geschaffenen, Gestalteten zu erkennen.“

 

Buddha

Täglich Zazen - Wie schaffe ich es jeden Tag Zazen zu üben?

Eine allgemeingültige Anleitung, um jeden Tag Zazen zu praktizieren gibt es vermutlich nicht. Aber ich kann Dir aus meiner eigenen Erfahrung einige Tipps und Tricks nennen, die mir zu Beginn meiner Zazen-Praxis geholfen haben, wirklich täglich Zazen zu üben.

 

Tipp Nr. 1: Feste Zeiten

 


Für alle Gewohnheiten, die wir verändern oder in unserem Leben installieren wollen gilt: Zu Beginn sollten wir ein festes Ritual zu einer bestimmten Uhrzeit haben. Da der Abend bei vielen Menschen wechselnde Aktivitäten, Treffen mit Freunden, Familie oder anderen Gruppen beinhaltet, eignet sich für Zazen vor allem der frühe morgen.

 

Zu Beginn können wir mit 10 oder 15 Minuten Zazen am Morgen starten. Später vielleicht auch 25 Minuten oder länger. Ich selbst sitze morgens von 5 bis 6 Uhr 2 Mal 25 Minuten Zazen und mache danach eine kleine Zeremonie mit dem Shigu Seigan mon, den Gelübden des Bodhisattva.

 

Tipp Nr. 2: Die 21-Tage-Formel

 

Das Körper-Geist-System benötigt in der Regel mind. 21 Tage, um eine neue positive Gewohnheit fest im Unterbewusstsein zu verankern. Wenn du für 21 Tage jeden Morgen Zazen zu einer bestimmten Uhrzeit übst, fällt es dir nach den 21 Tagen schwerer nicht zu praktizieren, als dich einfach auf das Kissen zu setzen.

 

Womit genau das zu tun hat kann ich nicht sagen und spielt im Grunde auch keine Rolle. Aber wenn du beginnen möchtest, jeden Tag Zazen zu sitzen, dann nimm dir zunächst nur vor, für lediglich 21 Tage jeden Tag zu praktizieren.

 

Tipp Nr. 3: Schlafrythmus

 

Während der Nacht durchlaufen wir verschiede Schlafstadien, vom leichten Schlaf bis zu sehr tiefen traumlosen Schlafphasen. Wenn du dir morgens den Wecker auf 5 Uhr stellst und es einfach nicht schaffst, aus dem Bett aufzustehen um Zazen zu praktizieren, dann versuche es mal mit 4 Uhr oder 4:30 Uhr.

 

So war es eine Zeitlang bei mir selbst, dass ich zwar den Wecker stellte, es aber einfach nicht geschafft habe aufzustehen und meist nach Sekunden wieder fest eingeschlafen war. Als ich dann etwas früher zu Bett ging und mir den Wecker auf 4:30 stellte, war ich sofort hell wach und stand auf.

 

Tipp Nr. 4: Den Verstand überlisten

 

Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass Zazen eine enorme Auswirkung auf unser vegetatives Nervensystem hat, wir uns entspannter und wohler fühlen, nachdem wir Zazen praktiziert haben. Eine Methode, die ich selbst zu Beginn angewendet habe, war, mir selbst zu sagen, dass eine halbe Stunde Zazen soviel ist, wie 2 Stunden Schlaf.

 

Bezogen auf den Erholungsfaktor und die Energie, mit der wir in den Tag starten, wenn wir am Morgen Zazen praktiziert haben. Auf diese Weise war mein erster Gedanke, wenn am Morgen der Wecker klingelte: „Wenn ich jetzt aufstehe, ist das Ergebnis so, als hätte ich zwei Stunden mehr geschlafen. Ich werde mich ausgeruht und erfrischt fühlen, wenn ich jetzt Zazen praktiziere.“ Das hat mir geholfen den Verstand zu überlisten.

 

Wenn hingegen als erstes der Gedanke auftaucht „Warum sollte ich jetzt aufstehen, Zazen bringt ja eh nichts.“ und diesem Gedanken folge, dann werde ich es sehr schwer haben um 4 oder 5 Uhr aufzustehen um Zazen zu üben.

 

Zu wissen, dass der Körper durch regelmäßige Zazen-Praxis deutlich weniger Schlaf benötigt (auch das ist wissenschaftlich nachgewiesen) führt dazu, dass es uns leichter fällt am Morgen früher aufzustehen und zu praktizieren. Mönche in Klöstern schlafen ob nur wenige Stunden, praktizieren dafür mehrmals am Tag Zazen.

 

Von all diesen Tipps abgesehen, musst du für dich selbst den richtigen Weg finden. Am Morgen Zazen zu praktizieren determiniert aber deinen ganzen Tag. Du nimmst die Welt dann, warum auch immer, auf eine andere Weise wahr, der Verstand arbeitet klarer und du triffst Entscheidungen intuitiv richtig. 

Angst vor dem physischen Tod

Vor ein paar Tagen erhielt ich eine Frage im YouTube-Kanal, durch die eine kleiner Text anstand, den ich gerne mit euch teilen möchte:

FRAGE: Hallo Thorsten. Vielen Dank erstmal für die tollen Videos, sehr interessanter und gut gestalteter Content :) Ich habe eine Frage zur Beobachtung: Ist diese deiner Ansicht nach auch möglich, wenn wir tot sind, bzw. keine Gehirnfunktion mehr stattfindet, oder ist dieses Beobachten auch ein reines Produkt unseres Gehirns?

 

Meine, sagen wir, laienhafte Vorstellung ist, dass es das reine, undifferenzierte Bewusstsein vor allem anderen gab und quasi alles was wir erfahren und wahrnehmen können eine Form von Bewusstsein ist. Allerdings finde ich keine Möglichkeit, mir selbst diesen Beweis zu erbringen, obwohl es für mich irgendwie logisch erscheint.

 

Das scheint für mich, in meinem Inneren, eine ganz fundamentale und finale Frage zu sein. Was dieser Frage wahrscheinlich zugrunde liegt, ist die Innere Angst vor der Frage, was nach dem physischen Tod mit uns passiert, ob wir einfach aufhören zu existieren. Hast du einen Tipp für mich, oder etwas erfahren, das du mit mir teilen könntest? Lieben Gruß.

 

ANTWORT: Eine wunderbare und tiefgründige Frage, die nicht leicht, wenn überhaupt, zu beantworten ist. Mir ging dabei folgende Geschichte durch den Kopf:

 

Eines Tages fragte ein Schüler seinen Meister: "Was passiert, wenn wir sterben?" Der Meister antwortete: "Woher soll ich das wissen?" "Du bist doch ein Zen-Meister!" sagte der Schüler. Und der meister antwortete: "Ja, aber kein toter."

 

Ich kann dir daher deine Frage nicht letztendlich beantworten. Nur so viel:

 

Es gibt eine Form von Beobachtung oder Gewahrsein, die vom Ego-Verstand erzeugt wird. Dieses Gewahrsein hat nach wie vor ein persönliches Interesse an der Person und ist nicht die letzte Instanz von Beobachtung.

 

Das was da beobachtet, die letzte Instanz von Beobachtung (die Quelle jeglicher Wahrnehmung wenn du so willst) ist nicht abhängig vom Körper-Geist-System. Solange der Körper lebendig ist, kann es scheinbar durch diese Augen sehen und durch diese Ohren hören. Das ist die Illusion, die durch die Identifikation mit dem Körper-Geist-System entsteht.

 

Deine, wie du sagst laienhafte Vorstellung, scheint mir richtig. Doch solange es ein intellektuelles Konzept ist, kann Befreiung nicht geschehen. Mit der Befreiung verliert sich auch die Angst vor dem Tod oder der Ungewissheit, was nach dem physischen Tod mit uns passiert.

 

Sieh mal, wenn du Zazen praktizierst, geschieht Beobachtung. Oberflächlich nehmen wir wahr, das Herzschlag geschieht, Verdauung, das Gefühl auf dem Kissen zu sitzen. Etwas tiefer schauen, können wir beobachten, dass von Augenblick zu Augenblick Gedanken, in Form von Erinnerungen oder Vorstellungen über die Zukunft, auftauchen.

 

Selbst das Empfinden eine Person zu sein, lässt sich wahrnehmen und beobachten. Wenn wir aber den Fokus um 180 Grad drehen, auf das was da beobachtet, dann hat das was da sieht keine Größe oder Form, keinerlei Beschreibungsmerkmale. Hast Du diese Erfahrung schon gemacht?

 

Wenn das was sieht noch auf irgendeine Art beschrieben werden kann, dann hat es Merkmale zum Beispiel beschreiben manche, dass es leer ist oder Frieden, Ruhe und Glückseeligkeit.

 

Doch auch diese Dinge werden wiederum wahrgenommen, jegliche Attribute, die erfahrbar sind und beobachtet werden können, lassen deutlich erkennen, dass da eine tiefere Instanz von Beobachtung/Gewahrsein ist. In letzter Instanz können wir es nicht beschreiben, nicht ergreifen, nicht wahrnehmen... es ist völlig unbewusst!

 

Doch gerade, weil es in keiner Weise wahrnehmbar ist, liegt im Nicht-Erkennen die höchste Erkenntnis. Du bist, ohne zu sein!

 

Wenn diese Erfahrung augenblickliche intime und durchdringende Erkenntnis ist, dann geschieht Befreiung. Leben geht danach weiter wie bisher auch mit allem was dazu gehört, aber der Ausdruck dieser Erkenntnis im Körper-Geist-System kann ein tiefer Frieden und Angstlosigkeit sein.

Wir verlieren die Angst vor unserer Sterblichkeit, weil da Gewissheit ist, dass wir das sind, was wir sind ohne zu sein, was wir dachten das wir sind.

 

Am Ende geht es darum, mit "leeren Händen zum Marktplatz zurück zu kehren" und das Gleichgewicht, zwischen Herz und Hirn zu bewahren. Doch gibt es niemanden, der das tun oder lassen könnte. Es ist einfach das was von Augenblick zu Augenblick geschieht: Leben im freien Fall.

Die 4 großen Gelübde des Bodhisattva - Shigu seigan mon

Die 4 großen Gelübde oder Gelübde des Bodhisattva, das Shigu seigan mon, werden im Zen täglich rezitiert. Sie lauten:

 

Shujô muhen sei gan do

Bon-no mujin sei gan dan

Ho mon muryô sei gan gaku

Butsu do mujô sei gan jo

 


Die Übersetzung der Gelübde muss sich für einen Laien sehr extrem anhören, aber dieser Eindruck täuscht. Hier die Übersetzung aus dem Sino-Japanischen:

 

Unzählig sind die lebenden Wesen,

ich gelobe, sie alle zu befreien.

Unerschöpflich sind die leidschaffenden Illusionen,

ich gelobe, sie alle zu überwinden.

Unermesslich sind die Tore des Dharma,

ich gelobe, sie ganz zu durchdringen.

Unendlich ist der Buddha-Weg,

ich gelobe, ihn ganz zu verwirklichen.

 

Ein gutes Stück Arbeit

 

Alle lebenden Wesen zu befreien ist schon mal ein gutes Stück Arbeit und so mancher fragt sich, ob er jemals damit fertig werden kann, wenn doch täglich über 2.156 Kinder geboren werden und das allein in Deutschland (Statistik Jahr 2017). Das sind 784.901784.901 lebende Wesen pro Jahr und das auch nur, wenn wir die Geburten von Tieren nicht mitzählen.

 

Doch was hat Shakyamuni Buddha ausgerufen, als er beim Erblicken des Morgensterns das Erwachen verwirklicht hat? „Gemeinsam mit allen lebenden Wesen habe ich das große Erwachen realisiert.“

 

Das wichtige Wort in diesem Ausspruch ist „Gemeinsam“. Wenn Satori geschieht, dann ist das verbunden mit einem unvorstellbaren Gefühl von Solidarität mit allen lebenden Wesen und wir erkennen, dass alle Wesen bereits befreit sind. Doch solange wir das für uns selbst nicht verwirklicht haben, scheint es, dass die Wesen nicht befreit sind.

 

Die Idee alle Wesen zu retten, bevor man selbst ins Nirvana eingeht, stammt aus dem frühen Mahayana-Buddhismus. Die Praktizierenden hatten erkannt, dass solange wir auf ein Ziel wie das Nirvana hinarbeiten, keine Befreiung geschehen kann, da nach wie vor an der Illusion „ich“ festgehalten wird.

 

Im Zen, das wiederum ein der größten Traditionen des Mahayana ist, wird gesagt, dass der Bodhisattva auf seine eigene Befreiung im Nirvana so lange wartet, bis alle lebenden Wesen befreit sind.

 

Die Wurzel Leid schaffender Täuschungen

 

Die Leid schaffenden Illusionen, die in den 4 großen Gelübden rezitiert werden, haben als Wurzel die drei Geistesgifte Gier, Hass und Verblendung. Das bedeutet Anhaftung, Ablehnung und Täuschung, in Form der Identifikation mit diesem Körper-Geist-System, als Grundlage der beiden erstgenannten.

 

Wenn wir die Wurzel aller Täuschungen überwinden, überwinden wir alle leidschaffenden Illusionen. Diese Wurzel ist die Identifikation mit dem Ego-Verstand als Denker und Handelndem.

 

Das torlose Tor des Zen

 

Die Tore des Dharma werden manchmal als die 6 Sinnesorgane (im Buddhismus ist das Bewusstsein der 6. Sinn) an anderen Stellen als die Erkenntnisse auf dem Weg bezeichnet. Im Zen spricht man vom „torlosen Tor“ oder so genannten aufgestellten „Dharma Schranken“, die durchdrungen werden müssen auf dem Weg zur Erkenntnis.

 

Der ewige Augenblick jetzt

 

Unendlich ist der Buddha-Weg, den wir ganz verwirklichen wollen in der Erkenntnis, dass er schon immer verwirklich ist, weil jeder Moment der ewige Augenblick jetzt ist. Auch wenn ein Vorher oder Nachher eine Täuschung des menschlichen Bewusstseins ist, so drückt sich der unendliche Weg zum Beispiel in der Weitergabe der Praxis, von Mensch zu Mensch, seit über 2.500 Jahren aus.

 

Doch jetzt Schluss mit dem ganzen Gesabbel und geistigem Dünnschiss! Die gemeinsame Rezitation in der Gruppe bringt die eine unaussagbare Wahrheit zum Ausdruck, in der viele verschiedene Stimmen zu einer Rezitation verschmelzen. Das ist der Buddha-Weg, das ist das Tor des Dharma, die Überwindung der Leid schaffenden Illusionen und letztendlich die Befreiung aller Wesen in der Erkenntnis, das wir nie gefangen waren.

Was tun während Zazen?

Du brauchst während Zazen absolut nichts zu tun! Hör einfach auf, den Gedanken zu folgen, die Dir sagen, dass Du irgendwas tun müsstest.

Während Zazen brauchen wir rein gar nichts zu tun, da alles völlig ohne unser Zutun geschieht. Wir setzen uns lediglich auf das Kissen, in die richtige Haltung und können von Augenblick zu Augenblick beobachten, was ohne unser Zutun passiert:


Wahrnehmung von Herzschlag, Atmung, Lebendigkeit des Körpers... Wahrnehmung von Gefühlen und Emotionen... Wahrnehmung über die Sinne während Zazen... Wahrnehmung von Gedanken... Wahrnehmung von Bewusstseinsinhalten...

 

Doch schlussendlich geschieht diese Wahrnehmung, wenn wir genau hinsehen, auch völlig ohne unser Zutun. Du brauchst während Zazen wirklich rein gar nichts machen. Wie wunderbar!

 

P.S.: Ist sind noch Plätze frei für den Zazen-Tag am 5. Mai und wenn Du Lust und Zeit hast, können wir einen ganzen Tag rein gar nichts tun. ;-) Alle Infos zum Tag findest Du hier: https://www.heisan-zen.de/veranstaltungen/zen-tage/zen-tag-infos/

Zazen - Mit dem Gesicht zur Wand

Vor kurzem fragte mich eine Teilnehmerin, warum wir während Zazen mit dem Gesicht zur Wand sitzen. Das ist eine wirklich interessante Frage, vor allem wenn man bedenkt, dass im Rinzai-Zen die Teilnehmer mit dem Rücken zur Wand sitzen und wenn man die Abbildungen Buddhas sieht, dieser mit dem Gesicht der Welt zugewandt praktiziert.

 

Zunächst ist zu betonen, dass weder das eine richtig noch das andere falsch ist. Vor einigen Wochen sagte mir eine Teilnehmerin eines Zen-Tages, die seit vielen Jahren Rinzai-Zen praktiziert, dass sie noch nie eine solch starke Einsamkeit während der Meditation erlebt habe, wie zu Beginn, als sie sich, statt in den Raum, mit dem Gesicht zur Wand hinsetzte.

 

Vielleicht geht es genau darum

 

Im Soto-Zen sind viele der Handlungen und rituellen Abläufe eine Metapher. Auf der einen Seite, aus diesem einen Blickwinkel, scheinen wir uns, durch die Haltung mit dem Gewicht zur Wand, allein und getrennt von allen andere zu fühlen.

 

Wir konzentrieren uns auf uns und unsere Haltung, werden sehr vertraut mit unseren eigenen Schatten und liebgewonnenen Neurosen. Wir sind getrennt von den anderen und nur auf uns selbst konzentriert.

Dies symbolisiert den Blickwinkel aus Shiki, aus dem Ego heraus, indem die Dinge getrennt und aus sich selbst heraus zu existieren scheinen. Diese Sichtweise ist die der meisten Menschen und einer der Punkte, warum wir Leiden erfahren und auf der Suche nach der Einheit sind.

 

Doch sind wir auch Teil der Gruppe

 

In Wahrheit sitzen wir, trotz des trügerischen Gefühls der Einsamkeit, in einer Gemeinschaft (Sangha). Wir sind Teil dieser Gemeinschaft und, allein durch die Atmung derselben Luft, in Verbindung mit allen anderen Teilnehmern. Gemeinsam erzeugen wir die Kraft der Konzentration, fühlen uns durch die Gemeinschaft getragen und motiviert. Die gesamte Gruppe erzeugt die Atmosphäre im Raum, die so nur durch die Praxis in und mit der Sangha entstehen kann.

 

Dies ist der Blickwinkel aus Ku, der Leerheit allen bedingten Seins, indem Erkenntnis geschieht, dass wir nicht allein und ein getrennt von allem anderen existierendes Individuum sind, sondern nur durch wechselseitige Abhängigkeit existieren können.

 

Shiki ist Ku und Ku ist Shiki

 

Ein zentraler Satz im Hannya Shingyo ist „Form ist Leerheit und Leerheit ist Form“. Diese Erkenntnis scheint sich im Sitzen zur Wand in einer Gemeinschaft von Praktizierenden auszudrücken.

Es ist kein intellektuelles Verstehen, sondern ein praktizieren dieser Erkenntnis. Im selben Augenblick ist Form Leerheit und Leerheit Form – sind wir völlig für uns allein und doch Teil eines großen Ganzen.

Doch wenn wir an einer dieser Sichtweisen festhalten, können wir nicht das Ganze umfassen. Verharren wir in der Erkenntnis, des Getrennt-Seins oder des Eins-Seins, gehen wir in die Irre. Den wie lautet das Mantra am Ende des Hannya Shingyo?

 

„Lasst uns gemeinsam darüber hinaus gehen, darüber hinaus und noch jenseits des Darüber-Hinaus, an das Ufer des Erwachens!“

 

Wirkliche Befreiung geschieht nur, wenn wir beide Blickwinkel transzendieren in der Erkenntnis, dass wir nicht nur Teil eines großen Ganzen sind. Wir sind das große Ganze! Und aus dieser Erkenntnis entsteht Solidarität und Mitgefühl für alle Wesen.

Anleitung Zazen - Ablauf Zen Meditation im Dojo

Zu Beginn sind die Strukturen und ritualisierten Abläufe in einem Zen Übungsraum (jap. Dojo) für Einsteiger zunächst vielleicht verwirrend und nicht leicht zu merken. Aus diesem Grund habe ich ein kurzes Video sowie ein PDF zu den Abläufen im Dojo erstellt. Um unsere Achtsamkeit zu bewahren und übend zu erforschen, gibt es im Zen klare Strukturen und Rituale, die uns schlussendlich ein Gefühl von Ruhe und Klarheit geben können.

 


Eine schriftliche Anleitung des Ablaufs in einem Dojo kannst Du hier runterladen: https://www.heisan-zen.de/anleitung-zazen-im-dojo/

 

Im Wesentlichen besteht die Praxis darin, bewegungslos und in Stille zu sitzen ohne etwas Bestimmtes erreichen zu wollen. Man setzt sich beim Zazen auf ein Meditationskissen (Zafu) mit dem Gesicht zur Wand. Aber es ist auch möglich auf einem Stuhl oder Hocker zu sitzen. Wenn wir auf einem Zafu sitzen, drücken die Knie den Boden, der Kopf stützt den Himmel.

 

Das Becken ist leicht nach vorne geneigt, der Rücken ist aufrecht, der Nacken gestreckt und das Kinn wird leicht zurückgezogen. Gesicht, Schultern und Bauch sind entspannt. Die Hände liegen in einander, die Handkanten berühren den Unterbauch, die Daumen sind waagerecht und berühren sich sanft. Daumen und Zeigefinger bilden ein Oval. Die Augen bleiben offen, ohne etwas zu fixieren. Die Atmung im Zazen ist ruhig und natürlich.

 

Bei der langen und tiefen Ausatmung fließt alle Luft ohne Zwang heraus. Am Ende der Ausatmung entspannt sich das Zwerchfell und die Einatmung geschieht ganz natürlich. Mit dieser Atmung kann man seine Energie im ganzen Körper verteilen und seinen Geist beruhigen. Er wird klar und friedlich. Auftauchende Gedanken, Gefühle oder Erinnerungen werden weder verfolgt noch zurückgewiesen. Anstatt unseren Gedanken zu folgen, folgen wir unserer Atmung.

 

Die Konzentration wird von Augenblick zu Augenblick auf die Haltung und die Atmung, auf das Hier und Jetzt gelegt. Wir erkennen die Wirklichkeit so wie sie ist und kehren mit Gelassenheit, tiefer Freude und Ruhe in den Alltag zurück.

 

Anstatt unseren Gedanken zu folgen, richten wir unsere Aufmerksamkeit auf unsere Körperhaltung und Atmung. Aufsteigende Gedanken und Gefühle werden dabei weder zurückgewiesen noch verfolgt. Die Konzentration wird von Augenblick zu Augenblick auf die Haltung und die Atmung, auf das Hier und Jetzt gelegt. So kommt unser aufgeregter Geist allmählich zur Ruhe und wir erwachen zur Wirklichkeit im gegenwärtigen Augenblick.

 

Eine schriftliche Anleitung des Ablaufs in einem Dojo kannst Du hier runterladen: https://www.heisan-zen.de/anleitung-zazen-im-dojo/

Drei Aspekte der Zen Praxis

Das Video stammt von dem Vortrag und dem Einführungsabend zur Zen Meditation in Bad Nauheim vom 14. März 2019. Zazen in Bad Nauheim findet ab sofort immer donnerstags um 20 Uhr statt. Eine persönliche Einführung nach vorheriger Absprache um 19:30 Uhr. Wenn wir Zazen charakterisieren wollen, dann finden wir drei Aspekte, die essenziell für die Praxis der Zen Meditation sind:

 


Shikantaza

 

Die Übersetzung dieses Wortes bedeutet soviel wie "Nur sitzen", das ist die Aufgabe, der wir uns während Zazen widmen. Einfach nur zu sitzen bedeutet aber auch, dass wir nicht noch etwas anderes erwarten, das uns von A nach B bringen soll, uns glücklicher oder zufriedener macht. Denn dass würde die Praxis von Zazen beschränken und unvollständig machen.

 

Wenn wir in diesem Augenblick völlig präsent sind, auf das was gerade getan wird, dann ist dieser Augenblick vollständig. Dem Augenblick muss nichts hinzugefügt werden, was uns ein tiefes Gefühl von Frieden und einem Gefühl von "angekommen sein" geben kann.

 

Mushotoku

 

"Shotoku" bedeutet Profit oder etwas Erlangen zu können. "Mu" ist eine Form der Verneinung. So bedeutet dieser Aspekt der Zen Praxis "Ohne etwas erlangen zu wollen" oder "ohne Profit". Das Sitzen allein ist völlig ausreichend.

 

Die Geisteshaltung der meisten Menschen ist, dass wir das eine tun, um etwas anderes zu erhalten. Diese Funktion des Ego-Verstandes sorgt dafür, dass sich viele getrieben fühlen, mental bereits immer einige Schritte, Tage oder Monate in der Zukunft sind und so den Augenblick jetzt verpassen.

 

Hishiryo

 

"Shiryo" ist der beurteilende, denkende Verstand - das was viele Ego nennen. "Hi" bedeutet "jenseits davon". Die Übersetzung dieses Aspektes bedeutet zusammengefasst "Jenseits des denkenden Verstandes" oder "Jenseits des Ego"

 

Diese drei Aspekte geben uns eine klare Anleitung für die innere Haltung wärend Zazen. Dabei beziehen sich diese Aspekte nicht auf die Person, also den Ego-Verstand, denn der Geist oder das Bewusstsein während Zazen ist "Hishiryo".

 

Mit dieser Erkenntnis wird die Praxis einfach und leicht. Wir erwarten nicht, dass uns die Praxis etwas bringen soll. Es ist nicht so, dass wir Zazen benutzen um von A nach B zu kommen. Sondern vielmehr benutzt uns die Praxis, damit Erkenntnis geschehen kann, dass wir nicht sind, was wir glauben das wir sind, dafür aber erkennen können, dass wir sind, was nicht wahrgenommen oder beschrieben werden kann.

Wie atme ich richtig beim meditieren

Frage: Hallo Thorsten, könntest du bitte auf das Thema der Atmung tiefer eingehen? Eventuell eine Video darüber machen. Einige Quellen raten dazu, die Atemzüge zu zählen, andere sich auf das Ausatmen alleine zu konzentrieren und sich dabei fallen zu lassen.

 

Ich finde dabei keinen Rhythmus, Atme meistens mehr aus als ein, oder werde dadurch schläfrig. Vielleicht könnte man, das Mikrophone so positionieren, dass man den Atme hört.

 

Ich fand besonders dein Video zum Thema "was ist das ich" sehr hilf- und lehrreich und möchte mich dafür bei dir bedanken. Was hältst du allgemein vom "Achtsamkeitsmarkt" und Methoden wie die von Wim Hof? Gibt es im Zen-Buddhismus ähnliche Meditationstechniken/-yoga wie die Tummo?

 

Die Wim Hof Methode wende ich vor der Meditation an, um meine Gedanken besser zu sammeln. Ich finde aber Zen durch das "Erwachen" für mich persönlich bedeutsamer. Ich bin gespannt auf deine nächsten Videos und möchte mich bei dir herzlich für diesen Youtube Kanal bedanken.

 

Antwort: Hallo, alle Techniken, Methoden und Konzepte, was wir nicht alles mit dem Atem machen müssen sind letzten Endes für die Katz. Es sei denn, es würde wirklich darum gehen, etwas zu verändern und Dank einer Methode von A nach B zu kommen.

 

Insbesondere im Soto-Zen praktizieren wir aber nur Shikantaza - einfach sitzen - ohne eine Vorgabe, was genau wir nun mit dem Atem machen sollen. Wir begnügen uns einfach damit, "nur Sitzen" zu praktizieren.

 

Atem zählen bis 10

 

Atemzüge zu zählen oder sich nur auf das Ausatmen zu konzentrieren, sind im Grund wie Süßigkeiten, mit denen man Kinder anlockt. Natürlich hilft dir das Zählen der Atmenzüge bis 10, um dann wieder bei 1 zu beginnen, dabei, zu erkennen, wann dich die Gedanken völlig mitgerissen haben. Nämlich dann, wenn du bemerkst, dass Du bei 16... 17... 18... weiter als 10 gezählt hast.

 

Parasympathikus und Sympathikus

 

Und ja, das lange bewusste und gleichmäßige Ausatmen, das eintritt, wenn wir uns verstärkt auf die Ausatmung konzentrieren, lässt den Körper das Anti-Stress-Hormon Cortisol ausschütten, was den Parasympathikus aktiviert und somit den Gedankenfluss etwas ruhiger fließen lässt. Wenn wir schläfrig werden, kann es helfen, dass wir uns auf den höchsten Punkt des Kopfes und auf eine starke Einatmung konzentrieren, denn das aktiviert den Sympathikus und macht uns wieder wach.

 

Ein großer Haufen Mist

 

Doch auch diese Ausführungen sind schlussendlich ein Haufen Kacke, denn sie erzeugen sofort eine Idee in deinem Kopf, dass du während Zazen etwas tun musst.

 

Warum nicht einfach akzeptieren, wenn da mal sehr viele Gedanken sind und der Verstand mit Dir Karussell fährt? Warum nicht einfach ein Nickerchen machen, wenn der Körper während der Meditation müde wird?

 

Im Zen wird oft die Metapher vom Himmel und den Wolken gebraucht:

 

Den Himmel stört es nicht, ob das mal viele oder mal weniger Wolken sind. Einmal ganz klar und dann wieder ein heftiges Gewitter. Der Himmel bleibt einfach immer nur der Himmel.

Warum ich Zen-Mönch geworden bin

Vor ein paar Tagen erhielt ich eine Frage per E-Mail, die ich im Zusammenhang mit der daraus entstandenen Antwort hier veröffentlichen darf. Mir wurde durch diese Frage einmal mehr bewusst, warum ich Mönch geworden bin. Aber lies selbst:

 

Lieber Thorsten "Heisan" Schäffer,

 

vielen Dank für Deinen interessanten YouTube-Kanal und Deine Bücher. Sie haben mich auf meinem Weg schon ein Stück gut begleitet. Ich habe lange überlegt ob ich Dich kontaktieren soll und habe es nun doch getan.

 

Ich habe eine Frage an Dich, die eine immer zentralere Bedeutung auf meinem Zen-Weg einnimmt. Ich bin 55 Jahre alt und sitze täglich Zazen seit ca. 3 Jahren. Ich kann wegen einem Beckenschiefstand nicht sehr gut lange im Seiza sitzen und auf dem Stuhl auch nur gut angelehnt. Ich habe mich schon häufig durch mehrere Tage Sesshins gequält, habe aber mittlerweile aufgegeben. Ich war bisher in einer Rinzai Gruppe, aber wir sitzen bei Sesshins 12x40min pro Tag und das packe ich nicht mehr.

 

Mir hat ein Freund eine Rolferin empfohlen bei der er auch in Behandlung ist. Sie kennt Zen und verschiedene andere Meditationsformen und hat mir davon abgeraten weiter zu versuchen mit den Schmerzen zu sitzen. Sie ist der Meinung, die durch die Fehlstellung von Hüfte und Wirbelsäule hervorgerufenen Schmerzen beim langen Sitzen zu transzendieren, wäre fast unmöglich und auch nicht hilfreich für mein Skelett. Ich weiß, dass es in den meisten Zendos nicht gerne gesehen wird, wenn man auf dem Stuhl sitz und schon gar nicht angelehnt. Deswegen die Frage an Dich: Was wäre Dein Rat? Ich kann natürlich allein zu Hause sitzen, aber das ist nicht so einfach. Vielen Dank im Voraus, für die Zeit die Du zum Beantworten brauchst.

 

Lieber …,

 

vielen Dank für Deine Nachricht. Deine E-Mail ist der Grund, warum ich Mönch geworden bin und tue was ich tue, obwohl ich keine offizielle Lehrerlaubnis in Form des Shiho besitze und mich bisher auch nicht um irgendwelche Bestätigungen gekümmert habe.

 

Es macht mich traurig zu hören, dass sich Menschen durch Sesshins quälen, sich irgendwelche Dogmen auferlegen und glauben, dass Befreiung nur im Lotussitz unter großen Anstrengungen möglich ist. Ja, die Praxis des Zazen in Form von Shikantaza ist Grundlage für Erkenntnis, aber nicht in Form von diesen Drogenrausch ähnlichen mystischen Erfahrungen die im Zen Satori oder Kensho genannt werden. 

 

Diese Erfahrungen sind wunderschön und unbeschreiblich, doch schlussendlich hervorgerufen durch intensive Praxis. In meinem Verständnis bedeutet das, dass es noch immer lediglich Erfahrungen in der bedingten Welt des Daseins sind (Samsara), da sie einer Ursache bedürfen. Eines Tages fragte ich meinen Lehrer, ob diese Erleuchtungserfahrungen lediglich die letzte Waffe des Verstandes sind, bevor er gänzlich durchschaut wird. Er antwortete mir mit einem Lächeln auf den Lippen: "Ja."

 

Das wonach wir im Zen und anderen Traditionen streben muss aber ungeboren, unabhängig und unbedingt sein. Es muss immer präsent sein, auch wenn wir es nicht wahrnehmen können. Im Zen nennen wir es Buddha. In anderen Traditionen wahres Selbst, Tao, Gott, Einheit oder Geliebter, wie es die Sufis nennen. Jeff Shore, von dem ich mir gestern ein Video angesehen habe, sagt: "Zen practice is not a state of mind."

 

Wie auch immer... Wenn das, was die meisten Menschen "Erleuchtung" oder "Erwachen" nennen, nur für die Menschen möglich ist, die sich einer harten und strengen Praxis unterziehen können, dann kann es nicht das von Buddha erkannte wunderbare und offensichtliche Geheimnis sein. Es wäre lediglich eine völlig kastrierte und verunstaltete Krücke dessen, um was es im Zen wirklich geht.

 

Es ist schon verrückt, wie schnell der Ego-Verstand aus der Essenz dessen, was alle Weisen als Wahrheit erkannt haben, ein Konstrukt macht, bei dem wir Dank einer strengen Technik oder Methode von A nach B kommen sollen. Echt verrückt...

 

Um aber endlich auf Deine eigentlichen Fragen zu antworten:

 

Wenn in den Zendos das Praktizieren auf einem Stuhl nicht gerne gesehen wird, dann hat der Leiter des Zendos echt ein Problem. Wenn diese Vorstellung allerdings nur in Deinem Kopf existiert und Du ihr glaubst, dann hast Du das Problem. Bei meinen Sesshin (wir sitzen vier- bis fünfmal am Tag für 3x 25 Minuten) und auch bei den Sesshin meines Lehrers Roland Yuno Rech, ist es völlig in Ordnung auf einem Stuhl zu sitzen oder ggf. sogar zu liegen.

 

Ich halte die Praxis in einer Gemeinschaft, auch die etwas intensivere Praxis zum Beispiel auf einem Sesshin, auf jeden Fall für wichtig und ratsam. Dabei geht es aber nicht darum, sich zu quälen und zu kasteien. In meinem Verständnis geht es auch nicht darum, den Schmerz zu benutzen um ihn oder uns zu transzendieren.

 

Die grundlegende Frage ist doch: Wonach suchst Du? Was ist der Urgrund dafür, dass Du seit 3 Jahren täglich Zazen praktizierst?

 

Ich freue mich auf Deine Antwort,

Thorsten

 

P.S.: Da es da draußen viele Menschen gibt, die dieselben grundlegenden Fragen haben wie Du, würde ich gerne Deine Nachricht (ohne Angabe Deines Namens) und meine daraus entstandene Antwort als Beitrag im Blog auf www.heisan-zen.de veröffentlichen. Wäre das für Dich in Ordnung?

Neues Buch: Zazen...

...weil´s besser ist als rumsitzen und gar nichts tun.

Gesammelte Texte über die Praxis des Zen und das Geheimnis der Buddha-Natur. Hier bestellen: https://www.heisan-zen.de/bücher

 

Format: Hardcover gebunden

Seitenanzahl: 176

Erscheinung: März 2019

Preis: 19,95 €

 

Der Zen-Mönch Thorsten Heisan Schäffer spricht in seinen Texten über die Praxis des Zazen, Schmerzen während der Meditation, den Blickwinkel aus einem tieferen Verständnis unserer eigenen Natur und über die Weise, wie wir mit Leiden umgehen und es schlussendlich verwandeln können. Dabei ist Zazen und die Praxis des Shikantaza, des „Einfach nur Sitzens“, die Grundlage dafür, dass Erkenntnis geschehen kann, wer wir sind. Der Kern jeglicher Auseinandersetzung mit Zen ist die Praxis des Zazen, der stillen Meditation aus dem Zen-Buddhismus, bei der wir einfach beobachten, was ohne unser Zutun von Augenblick zu Augenblick geschieht. In diesem Erkennen liegt ein Gefühl von tiefem Frieden, unbedingter Freude und grenzenloser Liebe. Doch auch diese Gefühle sind nur der Duft, nicht seine Quelle.

 

Hier bestellen: https://www.heisan-zen.de/bücher

Zen Morgenzeremonie mit Hannya Shingyo

Eine wunderschöne Möglichkeit die Lehre des Zen auszudrücken ist unter anderem die Morgenzeremonie, wie sie in Tempeln, auf Sesshin und in den Zen-Gruppen und -Dojos praktiziert wird. Es gibt viele unterschiedliche Varianten, von einfach bis sehr komplex, aber alle bringen eines zum Ausdruck:

 

Demut gegenüber dem Höchsten

 


Wenn der Körper in Sampai auf die Knie fällt, die Stirn zum Boden und die offenen Handflächen seitlich neben dem Kopf nach oben geführt werden, ist das eine Geste die zeigt, dass wir das Ego und den Verstand überschreiten wollen.

 

Es hat nichts mit Unterwerfung, wohl aber mit Hingabe und Demut dem Höchsten gegenüber zu tun. Wohl wissend, dass wir selbst dieses Höchste sind, überschreiten wir in dieser Geste den Verstand, der uns mit seinen Geschichten über die Person in der Hypnose hält.

 

Das Hannya Shingyo – Herz Sutra

 

Das Hannya Shingyo ist einer der bedeutendsten Rezitationstexte im Zen und im Mahayana Buddhismus. Es wird auf der ganzen Welt jeden Tag bei der Morgenzeremonie in den Tempeln und Klöstern, aber auch auf Sesshin und in den Gruppen und Dojos rezitiert.

 

Allein diese Tatsache, macht darauf aufmerksam, dass es sich um einen bedeutenden Text handelt, der sich lohnt, einmal genauer studiert zu werden.

 

Im Heisan Zen Blog findest Du verschiedene Artikel, die die einzelnen Teile des Hannya Singyo etwas mehr erläutern. Hier ist der Link zum ersten Teil: https://bit.ly/2SskOmV

 

Während der Rezitation schlägt jemand das Mokugyo, ein anderer den großen Gong und manchmal schlägt jemand die große Trommel, während die Stimmen der Rezitierenden ineinander fließen und zusammen mit den Instrumenten zu einem Ganzen werden.

 

Die Gelübde des Bodhisattva

 

Ebenfalls täglich rezitieren die ordinierten Mönche und Nonnen, aber auch viele Leien, die Gelübde des Bodhisattva. Bei der Ordination zum Bodhisattva, Nonne oder Mönch empfangen wir diese Gelübde mit dem festen Entschluss, diese im Leben zu verwirklichen.

 

Was zu Beginn wie eine Mammutaufgabe aufsieht, die niemals zu schaffen ist, wird mit der Zeit zu einer Erkenntnis, dass die Gelübde schon immer verwirklicht sind. Hier sind sie:

  • Die Zahl der Wesen ist unendlich; ich gelobe, sie alle zu erlösen
  • Gier, Hass und Unwissenheit entstehen unaufhörlich; ich gelobe, sie zu überwinden
  • Die Tore des Dharmas sind zahllos; ich gelobe, sie alle zu durchschreiten
  • Der Weg des Buddha ist unvergleichlich; ich gelobe, ihn zu verwirklichen

Am Ende können wir Zen nicht durch Worte verstehen, sondern nur durch eigene Praxis und das aktive Handeln zum Wohle aller Wesen. 

Laughing Buddha - Lachende Buddhas

"Wirf Deinen Kopf und Deine Haut vollkommen weg." wie es Meister Wanshi im Buch "Das Kultivieren des leeren Feldes" (Kristkeitz Verlag) schreibt, bedeutet die Identifikation mit Körper und Geist, Verstand und Hautsack völlig fallen zu lassen, indem wir diesen Blickwinkel durchschauen und überschreiten. So wie die Worte von Dogens Lehrer "Körper und Geist abgefallen."


Es ist nicht einmal nötig, die Illusion abzulegen oder zu zerstören, wie es von manchen orthodoxen Zen Praktizierenden geraten wird. Es reicht völlig, diese Illusion zu durchschauen und zum Wohle aller Wesen zu handeln.

 

"Besteht ein Unterscheid zwischen der Handlung aus der Person heraus und der Handlung aus unserem wahren Wesen?" also ist es ein Prozess, mehr und mehr aus unserer Natur heraus zu handeln, nachdem Erkenntnis über die Identifikation geschehen ist?

 

Was ist die scheinbare Person? Buddha sagt, dass die Person aus den 5 Skandhas oder Anhäufungen besteht bzw. von Augenblick zu Augenblick geschieht. Die Person ist einem Fluss vergleichbar, der ständig in Bewegung ist. Man kann nicht zweimal in den selben Fluss springen!

 

Das göttliche Prinzip der wechselseitigen Abhängigkeit lässt Leben geschehen und drückt sich im menschlichen Handeln aus. Aus diesem Blickwinkel heraus, ist die Person schon immer Ausdruck des Höchsten. Geschieht das Handeln schon immer aus dem wahren Wesen heraus.

 

Doch der Ego-Verstand versucht immer wieder uns an der Nase herum zu führen und präsentiert uns Konzepte und Ideen, wie die Welt zu sein hat. Diese Illusionen und Täuschungen zu durchschauen wird Erwachen genannt. Aber in diesem Erwachen gibt es niemanden der erwacht - keine Person, kein Handelnder, keine Handlung.

Was der Buddha lehrte

Die Erkenntnis der vier edlen Wahrheiten zu durchdringen und den Zusammenhang der drei Geistesgifte (Gier, Hass und Verblendung) mit dem Leiden (Dukkha) zu verstehen, sind die Grundlagen für das Sehen mit den Augen Buddhas.

 

Auf Grund seines großen Mitgefühls predigte er aber nicht nur die eine, von ihm selbst erfahrene Wahrheit, sondern einen allen zugänglichen Weg der Ethik und des Mitgefühls.

 

Seine eigentliche Lehre bestand aber in nichts anderem als still eine Blume zwischen seinen Fingern zu drehen. Diese Geschichte dürfte den meisten Zen-Interessierten bekannt sein.

 

Die Predigt am Geierberg

 

Buddha versammelte viele Schüler um sich und alle dachten jetzt kommt wieder eine seiner wunderbaren Predigten. Nach einiger Zeit des Schweigens nahm er eine Blume und dreht sie schweigend zwischen seinen Fingern. Nur Mahakashyapa lächelte und Buddha sagte: „Ich habe das kostbare Auge des wahren Dharma, den wunderbaren Geist des Nirvana, die wahre Form der Nicht-Form, das geheimnisvolle Dharma-Tor. Es hängt nicht von Buchstaben ab, sondern wird auf besondere Weise außerhalb aller Lehren übermittelt. Jetzt vertraue ich es dem Mahakashyapa an."

 

Das war die erste Dharma-Übertragung in der Geschichte des Zen. Buddha sagte nicht: „Studiert nur meine Lehren!“, sondern er sprach davon, dass es nicht von Buchstaben abhängt und in allem entdeckt werden kann, wie zum Beispiel in einer Blume.

 

Vertraue Deiner Erfahrung

 

Doch die Gier des Menschen ist unersättlich und so suchen wir im Außen anstatt in uns selbst ein Licht zu entzünden. Ich wünsche allen Wesen tiefen Frieden und das Vertrauen auf die Wahrheit, welchen Namen man ihr auch immer geben mag. Sucht nicht in den Büchern und alten Schriften, sondern vertraut auf Euch selbst und Eurer Erfahrung. Wenn Du einem wahren Meister begegnest und ihm oder ihr folgen willst, höre auf Dein Bauchgefühl und vertraue auf Deine Erfahrung.

 

Folge nicht blind irgendwelchen Meinungen und werde hellhörig wenn jemand von sich selbst behauptet er sei erleuchtet. Erleuchtung bedeutet das tiefe verstehen, dass es da kein „Ich“ gibt das erleuchtet sein kann. Jemand der von sich selbst so etwas behauptet, hängt noch ziemlich stark am eigenen Ego. Der Weg des Zen ist schlussendlich immer ein Weg zu Dir selbst und zu Deinem wahren Wesenskern.

 

Aber gleichzeitig dürfen die menschlichen Bedürfnisse nicht vernachlässigst werden. Wenn ein Weg Dich ganz und heil machen soll, darf dieser Weg nie einseitig ausgerichtet sein. Ich habe in meinen Tagebucheinträgen oft von zwei Wahrnehmungen gesprochen.

 

Phänomenale und Wesenhafte Wahrnehmung

 

Die Wahrnehmung der relativen Wirklichkeit ist die Wahrnehmung der meisten Menschen. Wir erleben uns als getrennt von den anderen, vom Universum und von Gott.

 

Wir erleben uns als sterblich, verwundbar und leidend. Die zweite Wahrnehmung ist die der höchsten Wahrheit. Hier erleben wir unser Verbundensein mit allem durch das göttliche Prinzip der Leerheit. Wir erkennen, dass alles eine Verkettung, ein riesiges Netz aus Ursachen und Wirkungen ist.

 

Wir erkennen, dass wir nicht geboren sind und folglich auch nicht sterben werden. Aus diesem Blickwinkel kann man nicht einmal genau sagen, ob ein Körper geboren wurde. Ab welchem Moment spricht man von einer Geburt?

 

Wann sprechen wir von neuem Leben?

 

Ab dem Moment wo die Eizelle befruchtet wird? Oder ist das nur die Wirkung des Geschlechtsaktes? Oder sprechen wir ab dem Moment von neuem Leben, wenn das Kind tatsächlich im Kreissaal geboren wird? Erzählen Sie das mal einer Mutter im siebten Monat!

 

Also wann genau findet die Geburt, als Entstehung neuen Lebens wirklich statt? Es gibt keinen fest zu bestimmenden Zeitpunkt. Alles ist eine Verkettung von Ursachen. Der Schlüssel liegt aber darin, dass beide Wahrnehmungen gleichberechtig sind. Weder ist das eine richtig und das andere falsch. Noch darf von einer niederen und einer höheren Wahrheit gesprochen werden.

 

Beide Wahrheiten sind zu überschreiten und gleichzeitig aus einem darüber liegenden Blickwinkel zu betrachten. Wer anfängt seine menschlichen Bedürfnisse aufgrund seiner spirituellen Praxis zu unterdrücken oder gar Konflikten aus dem Weg zu gehen, wird über kurz oder lang auf dem Weg stolpern.

Das Leben macht uns ganz von allein immer wieder auf die wichtigsten Punkte des Weges aufmerksam. Wir brauchen dazu nichts zu tun. Wir sollten nur aufmerksam genug sein es zu merken. Sobald wir leiden, wissen wir, dass wir uns dem Leben in den Weg gestellt haben, anstatt mit ihm im Fluss zu sein.

 

Dann wird es Zeit unsere Anhaftungen loszulassen, sich der Gesetze des Universums bewusst zu werden und einfach mit ihm zu fließen. Unbewusstes Loslassen ist das große Zauberwort. Ich wünsche Dir auf Deinem Weg steht ́s großes Vertrauen in die Praxis, einen einfühlsamen und echten Lehrer sowie die nötige Geduld, die für jeden spirituellen Weg unabdingbar ist.

 

Mein eigener Weg

 

Mein eigener Weg geht weiter, im Alltag wie auch auf dem Sitzkissen. Auch ich nehme nach wie vor im Alltag Unzufriedenheit wahr, sehe das Leiden der Menschen und Tiere in dieser Welt und manchmal fühle ich mich zu klein um Hilfe leisten zu können.

 

Aber jeder hilft auf seine eigene Art und Weise. Der Herr beim Finanzamt, genauso wie der Handwerker. Der Großunternehmer, der vielen Menschen Arbeit gibt genau wie der Bettler, der Dir die Möglichkeit gibt Großmut und Freigiebigkeit zu üben.

 

Jeder hat auf seine besondere Weise Anteil. Wichtig ist vor allem kein Leiden zu erzeugen durch das Festhalten an alten Verhaltensweisen oder an unserem Ego-Denken.

 

Manchmal ist das Leben leicht, manchmal etwas schwerer. Aber das ist nur unser beurteilendes Bewusstsein und nicht mehr als ein Gedanke. Die Dinge so annehmen zu können wie sie sind und dann geeignete Mittel finden zum Wohle aller Wesen zu handeln, das ist der Weg des Bodhisattva.

 

Das ist der Weg des Zen. Das ist der Weg den ich gehen möchte. Nun mag der ein oder andere Leser vielleicht glauben ich hätte Zen oder gar das Leben verstanden. Vielleicht sogar die große Erleuchtung erlangt.

 

Einfach nur voll und ganz Mensch sein

 

Dem ist nicht so. Ich bin nur Mensch unter Menschen. Ich habe, wie alle Menschen, meine ganz eigenen Probleme und Schwierigkeiten im Leben und bin überzeugt davon, dass es im Zen nicht darum geht diese Schwierigkeiten irgendwann völlig hinter sich zu lassen und verklärt lächelnd durch die Weltgeschichte zu wandern. Es geht vielmehr darum, wie ich mit diesen Schwierigkeiten von Augenblick zu Augenblick umgehe.

 

Manchmal bin ich jähzornig und wütend. Ein anderes Mal sehr gelassen und ruhig. Es ist wie die Metapher mit dem Himmel und den Wolken. Mal sind viele Wolken vorhanden, mal weniger.

An dem einen Tag ein heftiges Gewitter. An dem anderen Tag Sonnenschein. Den Himmel stört das nicht! Gerade die Ge- burt unseres ersten Kindes und die Monate danach haben mir gezeigt, wie wenig Wert eine Erfahrung der Leerheit hat, wenn man nicht lernt diese Erfahrung in den Alltag zu integrieren.

 

Der Mangel an Schlaf und das Geschrei dieses kleinen Wesens haben mich so manches Mal an meine Grenzen geführt und darüber hinaus. Oft war ich nervlich am Ende und meine Hilflosigkeit diesem kleinen Geschöpf gegenüber wandelte sich in Wut und Verbitterung auf mich selbst.

 

Wie bewunderte ich meine Frau, die einem Bodhisattva gleich, fast immer die Ruhe selbst blieb. Vielleicht ist das Erkennen der Tatsache, dass wir ewig dazu lernen und immer wieder über die Wunder des Lebens staunen können, die eigentliche Erleuchtung.

 

Zu wissen, dass man nicht alles weiß und ein ewiger Schüler bleibt, führt zu einer großen Dankbarkeit und Demut dem Leben und der Leerheit gegen- über. Der Weg endet nicht mit der Erfahrung der Erleuchtung oder des Erwachens. Er beginnt aber auch nicht in diesem Moment.

 

Der Weg hat keinen Anfang und kein Ende

 

Wir gehen ihn ein Stück mit und geben ihn an die nachfolgende Generation durch unsere eigene Praxis weiter. Zu wissen, dass es nichts zu erlangen oder zu erwarten gibt, macht unser Leben frei. Gleich- zeitig sind wir aber für unser Handeln und unser daraus resultierendes Karma verantwortlich.

 

Ich wünsche allen Wesen tiefen Frieden, Liebe und Mitgefühl für die, die noch in ihren Täuschungen und Illusionen gefangen sind. Mögen alle Wesen an allen Orten gemeinsam mit mir das große Erwachen erlangen. Gassho! 

 

Aus dem Buch „ZEN – Erleuchtung und andere Missverständnisse“ Gratis Download hier

Oryoki - Die Mahlezeiten Zeremonie des Zen

Im Zen ist jeder Augenblick eine Möglichkeit zu erwachen und unseren Geist völlig auf das hier und jetzt zu konzentrieren. In kaum einer anderen spirituellen Praxis wurden alltägliche Handlungen so ritualisiert wie im Zen.

 

Das Profane und Alltägliche wird zu einer spirituellen und im höchsten Maß zeremoniellen Handlung, wodurch die Unterscheidung zwischen profan und heilig eine Einheit findet.

 


Bei der Mahlzeiten Zeremonie, genannt Oryoki, wird jede Handlung in vollständiger Konzentration und Achtsamkeit durchgeführt. Oryoki kann mit "dem Anlass angemessen" übersetzt werden. Außer im klösterlichen Kontext praktiziert man diese Form der Meditation insbesondere auf Retreats und Sesshin, um auf diese Weise jeden Augenblick zu einer Möglichkeit der Achtsamkeit werden zu lassen.

 

Wenn wir uns vollständig der Handlung hingeben, konzentriert sind auf jeden einzelnen Schritt, kann ein alltäglicher Vorgang wie das gemeinsame Essen zu einer höchst spirituellen Form werden.

 

Doch erst wenn wir erkennen, dass jede Handlung unseres Lebens Ausdruck des Höchsten und damit unseres wahren Seins darstellt, können wir uns wahrhaftig als Schüler Buddhas erkennen. Wie sagte Williges Jäger vor kurzem:

 

„Wenn ich erfahre, dass mein Aufstehen am Morgen und das Anziehen meiner Hausschuhe ein tiefreligiöser Akt sind, dann habe ich erkannt, was Religion ist.“

 

Auf einem Sesshin oder Zen-Tag können wir diese Praxis in der Gruppe teilen und vertiefen. Hier die nächsten Termine zum Zen-Tag oder Zen-Retreat (Sesshin) im neuen Jahr.

 

Bei Interesse bitte spätestens 8 Wochen vor dem Termin anmelden, da die Buchungen der Seminarhäuser sonst storniert werden müssen.

 

Frühjahrs-Retreat Nähe Kassel/Göttingen

Anreise Donnerstag, 31.01. ab 15 Uhr

Sesshin von Freitag, 01.02. bis Sonntag, 03.02.

 

Hier geht´s zur Anmeldung: https://www.heisan-zen.de/veranstaltungen/parimal/

 

Zazen Tag / Zen Intensive

3. März 2019 von 9 Uhr bis 18 Uhr

 

Hier geht´s zur Anmeldung: https://www.heisan-zen.de/veranstaltungen/anmeldung/

 

Frühjahrs-Retreat Nähe Hamburg

Anreise Donnerstag, 4. April ab 15 Uhr

Sesshin von Freitag, 5. April bis Sonntag, 7. April

 

Hier geht´s zur Anmeldung: https://www.heisan-zen.de/veranstaltungen/haus-ohlenbusch/

 

Ich freue mich, Dich bei einem der Termine begrüßen zu können und gemeinsam mit Dir zu praktizieren. Neben der Praxis auf dem Kissen liegt mir der Austausch im Mondo besonders am Herzen.

Wie sagte ein weiser Mann einmal:

 

“Worte ohne Praxis sind genauso wenig wert, wie Praxis ohne Worte. Beides führt zu Missverständnissen und Verwirrung.”

 

In diesem Sinne allzeit eine gute Praxis und bis bald.

Warum wir Leiden erfahren

Wenn hier von Leiden gesprochen wird, ist nicht die Rede von Schmerzen oder Krankheit.

 

Buddha sprach vom Leiden als einem Zustand, indem wir getrennt sind von dem was wir wollen oder vereint sind mit dem was wir nicht wollen.

 

Er nannte die drei Geistesgifte "Gier, Hass und Verblendung" als Ursache des Leidens. Im übertragenen Sinne Anhaftung an das, was wir wollen, Ablehnung von dem, was wir nicht wollen und die Identifikation mit dem Körper-Geist-System als Grundlage der erstgenannten.

 

Woran wir aber in Wahrheit leiden ist nicht die Sache an sich. Es ist immer nur die Idee oder Vorstellung, dass die Situation, der körperliche oder geistige Zustand in dem wir uns befinden anders, schöner, irgendwie besser sein sollte, als er ist.

 

Durch die Spannung zwischen dem wie es ist und der Vorstellung des Ego-Verstandes wie es sein sollte, entsteht Leiden. Könnten wir die Vorstellung wie es sein sollte, ja wie es sein müsste, für einen Augenblick fallen lassen, ist da keine Spannung mehr.

 

Ohne diese Spannung wären wir in Frieden mit dem Augenblick - einfach wirklich eins mit dem Augenblick Hier-Jetzt. Die meisten Menschen verbringen ihr Leben im Leiden. In permanenter Spannung zwischen dem was ist und dem was sein könnte.

 

Da wir uns, und oft ausschließlich, für den Ego-Verstand halten, völlig identifiziert sind, sind es "meine" Ideen, "meine" Vorstellungen von richtig und falsch, "meine" gedanklichen Konzepte wie die Welt zu sein hat.

 

Wenn sich die Identifikation mit dem Ego-Verstand aufzulösen beginnt, zum Beispiel durch die Praxis von Zazen, lösen sich auch die gedanklichen Konzepte auf. Sie erhalten keine Macht mehr, werden als Illusion erkannt und es kann wahre Freiheit verwirklicht werden oder besser:

 

Freiheit verwirklicht sich selbst!

 

Das Selbst erwacht zu sich Selbst und sieht die Welt, vielleicht zum ersten Mal, wie sie wirklich ist.

Nicht dass wir als Person dann keine Schmerzen mehr wahrnehmen, Gefühle von Wut, Angst oder Trauer erfahren würden. Aber die Identifikation ist vorüber und so bleibt Wut Wut und Angst Angst.

 

Es ist nicht mehr "meine Wut". Ich ergreife das Gefühl nicht, ich verdränge das Gefühl nicht und so wird alles einfacher, leichter und friedvoll.

 

Leiden zieht vorüber wie Wolken am Himmel. Den Himmel stört es nicht, ob da viele Wolken oder wenige Wolken da sind. Der Himmel, völlig unberührt, bleibt immer nur der Himmel.

Umgang mit Angst und anderen Gefühlen

FRAGE: Hallo Heisan, vielen Dank für die inspirierende Seite und die vielen Denkanstöße und Euer sein. Könntet ihr vielleicht mal etwas zum Thema Angst posten? Ich persönlich zum Beispiel muss nächstes Jahr operiert werden und habe jetzt schon Angst vor meiner ersten Vollnarkose. Im Prinzip wird es realistisch betrachtet wohl nicht schlimm aber mein Denker sieht es anders. Danke und liebe Grüße Frank

 

ANTWORT: Das Wunderbare im Zen ist, dass sämtliche, scheinbar negativen Aspekte wie Probleme, Sorgen, Ängste etc. durch nur eine einzige Erkenntnis an Macht über uns verlieren. Diese Erkenntnis ist zu sehen wer oder vielmehr was du bist.

 

Du wärst nicht über diese Facebook Seite und meine Denkanstöße gestolpert, wenn da nicht tief in dir eine Sehnsucht nach etwas ist, dass du nicht greifen kannst. Ein Gefühl wie ein undefinierbarer Mangel, der uns suchen lässt und uns im Alltag allerlei Dinge tun lässt, von denen wir uns Befriedigung versprechen. Aber ich schweife ab...

 

Die Angst vor unserer Sterblichkeit

 

Schlussendlich ist die Angst vor einer Vollnarkose verbunden mit der Angst vor unserer eigenen Sterblichkeit. So lange die Identifikation mit diesem Körper-Geist-System stärker ist, als die Erkenntnis, das du das nicht sein kannst, ist auch die Angst vor der eigenen Sterblichkeit da und das lässt uns leiden.

 

Wichtig ist, dass es mir nicht darum geht, die Angst aufzulösen, zu transformieren oder was dir die vielen Therapeuten, Heiler und Märchenerzähler sonst erzählen. Es geht einfach darum die Angst als das zu erkennen, was sie ist. Wie viel Macht kann ein Gefühl über dich haben, das du unberührt da sein lässt ohne es zu verdrängen oder zu ergreifen? Denn erst durch diese geistigen Mechanismen des Ergreifens und Zurückweisens, werden die inneren Phänomene zu etwas scheinbar realem.

 

Die Metapher vom Mond und der Sonne

 

Gefühle und Gedanken bekommen erst durch dich ihre Macht. Es ist wie mit dem Mond und der Sonne. Der Mond kann nicht aus sich selbst heraus strahlen. Die auftauchenden inneren Phänomene wie Gedanken und Gefühle sind wie der Mond. Aber du, das was du bist, ist die Sonne, die mit ihren Licht alles erscheinen lässt.

 

Das was hier passiert, ist natürlich nur ein Austausch von Konzepten und hat rein gar nichts mit dem zu tun, was ich die "Wahrheit des Seins" und Bankei das "Ungeborene" nannte. Es muss für dich eine intime Erfahrung durch die Praxis von Zazen sein zu sehen, dass es der Wahrheit entspricht.

 

Und dann ist da das Gefühl von Angst, aber es hat keine Macht über dich. Es ist, um es in einem Bild zu beschreiben, wie eine Leinwand auf der ein Feuer gezeigt wird. Die Leinwand fängt deshalb nicht an zu brennen. Der Ego-Verstand projiziert seine Ideen, Gedanken und Empfindungen auf die Leinwand des Bewusstseins und du bist der stille Beobachter. Doch wenn da Identifikation mit dem Ego-Verstand ist, dann sind es "deine" Empfindungen, "deine" Gedanken... dann ist es "deine" Angst, die dir Probleme macht.

 

Wenn ich (dieses Körper-Geist-System Thorsten Schäffer) irgendwann unter dem Messer liegen muss, dann wird da vielleicht auch Angst sein. Vielleicht wird sich diese Angst sogar körperlich ausdrücken. Aber durch die Erkenntnis, das ich nicht sein kann, was ich glaubte zu sein, statt dessen aber bin, was ich schon immer war, bleibt die Angst einfach nur Angst und verliert ihre scheinbare Substanz und Macht.

 

Es ist ein völliges Vertrauen ins Leben, in den Augenblick jetzt, in Gott oder wie immer du es nennen willst. Wenn ich jetzt in diesem Augenblick sterben soll, dann ist es das was geschieht. Leben geschieht von Augenblick zu Augenblick für niemanden und doch glauben die meisten Menschen ein Jemand zu sein.

Zazen für Anfänger - Anleitung für Zazen

„Zazen bringt Dir überhaupt nichts. Doch bis das endlich in eure Schädel eindringt und ihr das Zazen praktiziert, dass euch nichts bringt, bis dahin bringt euch Zazen echt nichts.“ sagte einst Kodo Sawaki.

 

Der alte Landstreicher hatte Recht und sein Buch „Zen ist die größte Lüge aller Zeiten“ ist eine wahre Schatzkammer des Dharma.


Und dennoch praktizieren wir täglich auf dem Kissen oder zumindest ein paar Mal die Woche im Dojo. Doch gerade Anfänger tun sich manchmal schwer.

 

Was der Anfänger wissen sollte

 

Als ich vor über 20 Jahren mit Zazen anfing, sah ich einmal eine Grafik, die die Praxis auf dem Kissen und das übende Erweisen sehr gut auf den Punkt bringt. Es war eine Linie von der nach oben grafisch dargestellt Gedanken ausgingen und nach unten der Dämmerzustand bildlich dargestellt war.

Wenn Du schon einmal Zazen praktiziert hast, weißt Du, dass von Augenblick zu Augenblick Gedanken, Erinnerungen, Bilder, Ideen und Vorstellungen auftauchen. Manchmal gibt es auch Abschnitte der Stille, aber meist ist richtig „Kirmes im Kopf“.

 

Einfach nur sitzen - Shikantaza

 

Während Zazen geht es nur darum zu sitzen und zu beobachten, was da von Augenblick zu Augenblick geschieht. Doch gerade zu Beginn der Praxis kann es geschehen, dass uns diese inneren Phänomene manchmal mit wie eine mächtige Welle im Meer mitreißen und wir uns völlig in den Gedanken verheddern. 

 

Im Grunde ist genau das der Grund warum Leiden geschieht, aber das ist ein anderes Thema.

Wie ein wilder Affe springt unser Geist von einem Gedanken zum nächsten. So lange wir uns mit den Gedanken des Ego-Verstandes identifizieren und sagen „Das sind meine Gedanken“, wird unsere Aufmerksamkeit mitgerissen und wir fallen aus dem Augenblick hier und jetzt.

 

Wenn uns das auffällt, kehren wir mit unserer Aufmerksamkeit wieder zurück zur Haltung und zur Atmung. Dabei spielt es für den Anfänger keine Rolle, ob er das Auftauchen der Gedanken gleich zu Beginn bemerkt oder bereits völlig im Denken verstrickt ist. 

 

Gutes und schlechtes Zazen

 

Zazen ist nicht schlechter, wenn wir viele Gedanken wahrnehmen und nicht besser, wenn einmal wenige Gedanken da sind. Zazen ist Zazen. Wir praktizieren lediglich „Sitzen“ und können wahrnehmen, was von Augenblick zu Augenblick kommt und geht.

 

Manchmal können wir auch Müdigkeit wahrnehmen und der Geist dämmert vor sich hin. Auch dann führen wir die Aufmerksamkeit wieder zurück zur Praxis.

 

Durch dieses Üben wird unser aufgeregter oder schläfriger Geist ruhig und friedlich. Immer klarer und deutlicher nehmen wir wahr, dass auch wenn wir uns vornehmen „nur zu sitzen“ – Shikantaza – von Moment zu Moment Leben geschieht. Wir können erwachen aus dem Traum des Denkers und Handelnden zur Freiheit des Seins.

Dem Leiden begegnen wie ein Lotus

Am Ende des Gyohatsû nenju, der Rezitation während des Essens auf einem Zazen Tag oder Sesshin, finden wir folgenden wundervollen Text:

 

„Mögen wir in dieser Welt der Leerheit mit der Reinheit eines Lotus im schmutzigen Wasser leben. Nichts übertrifft den unbegrenzten Geist. So verneigen wir uns vor dem Buddha in uns.“

 

Das Symbol der Lotusblume

 

Die Lotusblume ist seit jeher Symbol für den erwachten Geist. Der Lotus wächst in Teichen und Tümpeln, in Mitten von Schlamm und schmutzigem Wasser. Doch egal wie hoch das Wasser steigt, zum Beispiel durch starke Regenfälle, bleibt die Lotusblume immer über der Wasseroberfläche.

 

Es ist eine ähnliche Metapher wie mit dem Himmel und den Wolken. Unser Geist soll sein wie der weite Himmel, dem es egal ist, ob da viele Wolken oder wenige Wolken vorüberziehen. Der Himmel bleibt einfach immer der Himmel und lässt die Wolken unangetastet.

 

Die 4 edlen Wahrheiten

 

Wollen wir dem Leiden begegnen wie der Lotus im schmutzigen Wasser, bedeutet das, das Leiden als das zu erkennen, was es ist. Wir leiden nicht an bestimmten Phänomenen, sondern durch unsere Anhaftung daran. Löst sich die Anhaftung, löst sich das Leiden. Buddha stellte diese Wahrheit in den vier edlen Wahrheiten gleich nach seinem Erwachen dar:

 

1.     Alles bedingte Dasein ist vergänglich und leidvoll.

2.     Die Leidensursachen sind Gier, Hass und Verblendung.

3.     Ohne Ursachen gibt es kein Leiden.

4.     Der Weg zur Beendigung der Ursachen/des Leidens.

 

Kurz gesagt: Wenn sich die Identifikation mit dem Körper-Geist-System auflöst, lösen sich ebenso die Ursachen für Anhaftung und Ablehnung und damit das Leiden bzw. die Identifikation mit dem Leiden auf.

Die Welt verändert sich dadurch nicht. Was sich verändert ist die Perspektive, durch die wir die Welt wahrnehmen.

 

In einem konkreten Beispiel ausgedrückt

 

Unser Partner hat uns nach einem heftigen Streit, bei dem wir nicht einmal mehr wissen um was es ging, verlassen und wir sind allein. In dem Wissen, dass alles bedingte Dasein vergänglich ist, finden wir schon einen gewissen Frieden, aber gehen wir tiefer in die Situation.

 

Das Anhaften an bestimmten Ideen und Vorstellungen wie die Welt zu sein hat (Gier), führte überhaupt erst zu diesem Streit. Es gab unterschiedliche Meinungen und wir waren so identifiziert mit unserer Idee der Wirklichkeit (Verblendung), dass wir den anderen in seiner Welt nicht mehr wahrnehmen konnten (Hass).

 

Du bist der stille Zuschauer

 

Was wäre, wenn wir, wie ein stiller Zuschauer der Situation, die aufsteigenden Gedanken und Empfindungen zwar hätten wahrnehmen können, aber wir uns nicht damit identifiziert hätten. Was wäre, wenn wir einfach, wie die Lotusblume, über der Oberfläche geblieben wären, statt uns vom „Schlamm und Schmutz“ unseres Egos mitreißen zu lassen?

 

Wenn die Identifikation mit dem Körper-Geist-System sich auflöst und weicher wird, fällt es uns in vielen Situationen leichter, einfach präsent zu sein und zu sehen, was da vor sich geht. Wir erkennen die Ursachen für mögliches Leiden in uns selbst und können diese unberührt und unangetastet vorüberziehen lassen.

 

Leiden als Hinweis des Lebens

 

Vielmehr noch wird das Empfinden von Leiden zu einem Indikator, wie ein Alarmton, um zu erkennen, wann wir an bestimmten Ideen und Überzeugungen festhalten. Wann immer wir Leiden empfinden können wir uns selbst fragen: „Woran habe ich festgehalten? Wo fließe ich nicht mit dem Leben mit? Inwieweit will ich die scheinbare Kontrolle nicht aufgeben?“

 

„Mögen wir in dieser Welt der Leerheit mit der Reinheit eines Lotus im schmutzigen Wasser leben. Nichts übertrifft den unbegrenzten Geist. So verneigen wir uns vor dem Buddha in uns.“

 

Veranstaltungen, Retreats und Sesshin finden in ganz Deutschland statt. Für weitere Informationen und Termine hier klicken: https://www.heisan-zen.de/veranstaltungen/

Zen oder Erleuchtung ist wie Fahrrad fahren

Kaum ein anderes Wort verursacht so viele Ideen und Illusionen im Verstand wie das Wort „Erleuchtung“ und noch nie gab es so viele erleuchtete, erwachte und scheinheilige Personen, die ihr „Wissen“ an den Mann oder die Frau bringen.

 

Dabei lässt sich das was allgemein als Erwachen oder Erleuchtung benannt wird, nicht in Worten ausdrücken. Gerade darin besteht das offensichtliche Geheimnis, die Mystik im Erkennen wer oder besser was ich bin. Durch die Erkenntnis, dass sich das was ich bin nicht selbst wahrnehmen kann, können wir zwar wissen, dass wir sind, aber nicht was wir sind. Darin liegt der kosmische Witz, über den nur die Weisen lachen können.

 

Aber warum können wir es nicht mit Worten ausdrücken?

 

Gestern entstand hierzu ein spontaner Dialog und eine interessante Metapher. Nehmen wir an ein "weiser" und "erleuchteter" Fahrradfahrer erklärt dir mit Worten wie genau das geht:

 

"Zunächst musst du dich auf den Sattel setzen und den Lenker mit den Händen festhalten. Dann kurz mit dem einen Fuß abstoßen, während gleichzeitig der andere Fuß die Pedale nach unten tritt. Das Gleichgewicht hältst du zu Beginn durch das gleichmäßige treten in die Pedale. Später funktioniert das aber ganz von selbst... usw. usw.“

 

Vielleicht hast du jetzt eine Ahnung von dieser Sache namens „Fahrrad fahren“. Aber stell dir vor, du hättest es noch nie vorher getan. Wie könntest du wissen, dass meine Worte der Wahrheit entsprechen und, was noch wichtiger ist, wie sich Fahrrad fahren wirklich anfühlt?

 

Du müsstest es durch deine eigene Erfahrung bestätigen. Nichts und niemand kann das für dich tun.

 

Selbsttäuschung auf hohem Niveau

 

Jetzt gibt es aber manche Menschen, die die Erklärung des Fahrradfahrens für das tatsächliche Fahrrad fahren halten und es genauso an andere Menschen weitergeben. Und plötzlich weiß jeder etwas über das Fahrradfahren zu sagen, obwohl er noch nie auf einem Fahrrad saß. Das nennt man dann Selbsttäuschung.

 

Wir können intellektuell verstehen, dass wir nicht die Person sind und alles von Augenblick zu Augenblick geschieht. Wir können sagen: „Ja, ich habe intellektuell verstanden, was Fahrrad fahren ist.“

 

Das bedeutet aber noch lange nicht, dass wir Fahrrad fahren können. Die Frage ist weniger ob Du schon einmal davon gehört hast, was Fahrrad fahren ist, sondern ob und wie Du es täglich praktizierst.

 

Wie lebst Du Dein tägliches Leben?

 

Egal wie viele Bücher und Videos Du Dir über das Fahrradfahren angesehen bzw. gelesen hast, Du hast, wenn Du noch nie auf einem Fahrrad saßt, keinen blassen Schimmer davon, was Fahrrad fahren ist und wie es sich anfühlt Balance zu halten, ohne etwas zu tun.

 

Diese Balance besteht darin, Leben geschehen lassen zu können und sich voller Vertrauen dem Leben zu öffnen, ohne zu wissen was geschieht. Es ist ein völliges hineinfallen lassen und eine Hingabe an das Leben selbst, ohne etwas zu tun.

 

Es ist nicht die Rede von Lethargie oder Passivität. Oh nein, es ist vielmehr ein lebensbejahendes und aktives Gestalten des Lebens durch ein Zulassen von dem, was sich jetzt gerade ausdrücken will. Ohne den Zweifel von „Richtig und Falsch“ und ohne die Angst vor der eigenen Sterblichkeit, erfahren wir Leben auf eine neue und völlig spontane Art und Weise. Das ist, was ich Befreiung nenne.

Was ist Zeit - Zen Tag 2. Dezember 2018

Was hier geschieht ist lediglich eine Erklärung von gedanklichen Konzepten und hat rein gar nichts mit der Wahrheit des Seins zu tun. Und doch kann das Auflösen der verschiedenen gedanklichen Konzepte scheinbar dazu beitragen, dass Klarheit geschieht. Aber Befreiung ist nicht gleichzusetzen mit Klarheit! Eine der vielen Illusionen des Verstandes ist das Konzept von Raum und Zeit. 


Zeit ist eine Vorstellung im Bewusstsein

 

Doch so etwas wie Vergangenheit oder Zukunft gibt es nicht. Beides hat keine Wirklichkeit in diesem Augenblick „jetzt“ und ist lediglich eine Vorstellung im Bewusstsein. Bei genauerem Hinsehen, kann erfahren werden, dass Vergangenheit lediglich eine Ansammlung von Bildern, Gedanken und Eindrücken im Bewusstsein ist, von denen der Verstand sagt, dass sie bereits geschehen sind. Aber kannst Du einem anderen Menschen Deine Vergangenheit zeigen? Kann er sie erfahren, spüren und berühren? Was ist Vergangenheit jetzt in diesem Augenblick mehr, als ein gedankliches Konstrukt?

 

Erkennen wir jedoch die Illusion dieser Idee, verlieren alle Prägungen und Eindrücke aus der scheinbaren Vergangenheit an Bedeutung. Jegliche Form von Therapie, die sich mit der Vergangenheit auseinandersetzt, erscheint vor diesem Hintergrund unsinnig. Wenn wir die Illusion der Vergangenheit in diesem Augenblick erkennen, verliert sie ihre scheinbare Macht über uns. Mit der Idee von Zukunft verhält es sich genauso.

 

Alles ist ein ewiger Augenblick jetzt

 

Es gibt so etwas wie Zukunft außerhalb der Vorstellung des Verstandes nicht. Und doch entstehen auf Grund dieser Täuschung Stress, Hektik und Angst bezogen auf scheinbar zukünftige Ereignisse. Alles wovor der Verstand Angst hat sind nur Gedanken, die auftauchen und vorüberziehen, wenn wir aufhören ihnen Aufmerksamkeit zu schenken und ihnen diese Macht zu geben. Stellen wir uns vor, der Mensch hätte kein Gedächtnis: Alles wäre ein ewiger Augenblick, eine Momentaufnahme, statisch und unbewegt, wie eingefroren. Selbstverständlich wäre der Mensch auf diese Weise nicht lebensfähig.

 

So wie das menschliche Körper-Geist-System den beurteilenden Verstand für scheinbaren Fortschritt und Entwicklung benötigt, benötigt es auch das Konzept von Zeit. Die Wahrheit dahinter aber lautet: So etwas wie Zeit gibt es nicht. Es ist nur ein Hilfsmittel, das der Verstand geschaffen hat um sich in dieser Welt zurechtzufinden. Das, was Du in Wahrheit bist, kennt keine Zeit, kein Alter, kein Werden und Vergehen, es ist der ewige Augenblick jetzt, noch vor dem Konzept von „jetzt“, der als Zeit in Erscheinung tritt.

 

Ohne Trennung keine Distanz von A nach B

 

Bezogen auf das Konzept von Raum wird es noch etwas subtiler. Innerhalb der Illusion scheint es räumliche Distanz zwischen A und B zu geben. In der Wahrheit des Seins existiert nur der Augenblick hier und jetzt. Das Gefühl für Entfernung und damit für räumliche Nähe oder Distanz entsteht durch Wahrnehmung innerhalb des Gehirns und entspricht somit nicht der Wahrheit des Seins. Wenn Befreiung geschieht und die Illusion einer Trennung durchschaut wird, dann gibt es nur einen einzigen Raum.

 

Dieser Raum ist leer von allen Abstraktionen, wie sie zum Teil auch in diesem Buch verwendet werden. Aber selbst dieses Gefühl für Raum und unendliche Weite wird beobachtet und wahrgenommen. Statt sich mit diesen Konzepten auseinander zu setzen, reicht es völlig, den Fokus auf das zu richten, was wahrnimmt. In diesem Augenblick geschieht Befreiung und Loslassen ganz von allein und es findet Erkenntnis darüber statt, dass Raum und Zeit nur innerhalb der Illusion des Individuums existieren.

 

Der formlose Raum stiller Zufriedenheit

 

All diese Konzepte dienen dem Verstand dazu, sich innerhalb des Traums zurechtzufinden, auszudrücken und seine eigene Existenz zu rechtfertigen. Und das gehört genauso zum göttlichen Theater, wie alles andere auch. Das was Du bist, ist der grenzenlose Raum stiller Zufriedenheit im ewigen Augenblick jetzt!

 

Aus dem Buch "Die Zen Lehre von der Wahrheit des Seins". Buch jetzt hier bestellen 

Schläge für den Buddha - Der Keisaku im Zen TEIL 2

In wohl keinem anderen spirituellen Weg wird der Schlag mit einer ca. 90 cm langen Holzlatte praktiziert, um den Schüler zur Erleuchtung zu führen. Was für einen Außenstehenden nach Kasteiung und Bestrafung klingen mag, ist in Wahrheit eine Wohltat für Körper und Geist, wenn man auf einem Sesshin oder intensiven Retreat um den Kyosaku (oder Keisaku) bittet.

 


Wir bitten um den Kyosaku

 

Im Gegensatz zu früheren Zeiten, wird der Kyosaku heutzutage nur auf Wunsch des Schülers oder Teilnehmers gegeben. Während der Kyosaku-Verantwortliche seine Runde im Dojo abgeht, kann der Teilnehmer die Hände in Gassho vor den Brustkorb heben und so um den Kyosaku bitten.

 

Gebender und Empfangender verbeugen sich zeitgleich nach vorne zur Wand, verschmelzen in der Handlung des Augenblicks und der gemeinsamen Atmung. Der Empfangende legt seine Hände mit dem Handrücken auf die Knie und dreht den Oberkörper, mit der Nase Richtung Knie zeigend in die richtige Position. Der obere Anteil des Trapezmuskels wird geöffnet und „präsentiert“. In diesem Bereich befinden sich wichtige Energie- und Akupressurpunkte, die durch die Gabe des Kyosaku stimuliert werden.

 

Ein wichtiger Punkt

 

Das Empfinden beim Empfangen des Kyosaku zu beschreiben ist schwer. Es ist… Ach ich lass es bleiben. Ein jeder muss es selbst für sich erfahren. Einen wichtigen Punkt gibt es aber:

 

Die Qualität mit der der Kyosaku gegeben und empfangen wird ist dieselbe. Gebender und Empfangender verschmelzen in der Handlung dieses Rituals zu einem. Wenn der Kyosaku richtig gegeben wird, durchdringt der Schlag jede Körperzelle und vielleicht sogar das ganze Universum.

 

Wir erwachen aus der Identifikation mit dem Verstand, der entweder sehr aufgeregt ist, so dass wir uns von den Gedanken mitgerissen fühlen, oder der sehr müde und schläfrig ist. In beiden Fällen kann uns der Kyosaku unterstützen, die Konzentration auf den Augenblick hier und jetzt zu intensivieren.

 

Angst vor dem Kyosaku

 

Wenn jemand, gerade zu Beginn der Praxis und auf Grund vorbelasteter Erinnerungen, Angst vor dem Kyosaku hat oder dessen Gebrauch nicht wirklich versteht, sollte er einen erfahrenden Schüler, Mönch oder Meister danach befragen. Die Angst vor dem Geben des Kyosaku, genauso wie vor dem Empfangen des Kyosaku, darf nicht verdrängt werden.

Das Leiden umarmen

Jeder Mensch erfährt Leiden in seinen verschiedenen Formen. Meist handelt es sich nur um ein unbestimmtes Mangelgefühl. Egal wie gut es uns geht, ist da doch immer noch das Empfinden, irgendetwas würde fehlen. Oder wir haben ganz einfach Angst das gute Gefühl wieder zu verlieren, da wir diese Erfahrung schon so oft gemacht haben.

 

Gibt es dauerhaften Frieden?

 

Die gute Nachricht lautet „Ja“, ein unbedingter und allumfassender Frieden ist möglich. Nur hat er nicht mit der Person zu tun, für die du dich hältst. Sehen wir uns die Sache genauer an:

 

Schon Buddha sagte, dass alles bedingte Dasein leidvoll ist. Er verwendete dafür das Wort Dukkha, was sich zwar als Leiden übersetzen lässt, es aber nicht genau auf den Punkt trifft. Bleiben wir für die weiteren Ausführungen dennoch bei dem Begriff "Leiden".

 

Alles was du wahrnehmen kannst ist bedingtes Dasein und der Vergänglichkeit unterworfen. Da gibt es nichts, was ewig und aus sich selbst heraus existiert. Alles hat Ursachen, meist sogar ein vieldimensionales Ursachengeflecht aus sich wechselseitig bedingendem Dasein.

 

Je mehr wir an den Dingen und Phänomenen anhaften und diese festzuhalten versuchen, je mehr wir der Täuschung unterliegen, dass die Dinge ewig und aus sich selbst heraus existierend sind, desto mehr erfahren wir Dukkha in Form von Leiden, Unzufriedenheit, Depression etc.

 

Loslassen als Lösung des Leidens

 

Die Lösung liegt im Loslassen lernen. Doch können wir Loslassen nicht machen, sondern nur geschehen lassen. Ein Loslassen machen wollen ist ein „am Loslassen festhalten“. Es ist wie abends, wenn du das Einschlafen machen willst. Je mehr du daran arbeitest einzuschlafen, desto mehr entfernst du dich davon.

Wahres Loslassen geschieht nur durch die Erkenntnis, dass es rein gar nichts zum festhalten gibt.

 

Die Wurzel das Anhaftens besteht in der Identifikation mit dem Ego-Verstand. Buddha nannte es Verblendung. Das was du bist, was nicht wahrgenommen oder selbst erfahren werden kann, identifiziert sich mit diesem Körper-Geist-System und je stärker wir identifiziert sind, desto intensiver nehmen wir Leiden war.

 

Das Leiden umarmen

 

Wenn wir, zum Beispiel durch die regelmäßige Praxis von Zazen in der Gruppe, zum Beispiel auf einem Retreat oder in einer Gruppe vor Ort, erfahren, dass wir nicht sind, was wir glauben zu sein, löst sich die Identifikation allmählich und verliert an Kraft. Immer mehr Konzepte, Ideen und gedankliche Konstrukte, die das Körper-Geist-System gehindert haben frei und ungezwungen zu existieren, fallen ab.

 

Und ab einem bestimmten Moment können wir sogar das Leiden umarmen. Je mehr wir akzeptieren und annehmen können, desto mehr verliert das Leiden an Macht über uns. Die Konturen werden weicher und wir finden intuitiv Lösungen und handeln spontan aus dem Augenblick heraus.

 

Solange das Körper-Geist-System in einer Welt des bedingten Daseins existiert, solange wird es auch Leiden erfahren. In dieser Erkenntnis aber löst sich Leiden auf und verliert all seine Kraft. Wir können den Augenblick so annehmen wie er ist, um dann geeignete Mittel zu finden uns und den Wesen zu helfen, spontan, lebensbejahend und aktiv das eigene Leben zu gestalten.

Schläge für den Buddha - Der Keisaku im Zen TEIL 1

Der Kyosaku (oder Keisaku) ist der Stock des Erwachens, um den ein Schüler während Zazen bitten kann, wenn sein Geist zu aufgeregt oder zu schläfrig ist. Der Kyosaku ist ein etwa 90 cm langer Stock aus Esche oder Eiche.

 

Auf der einen Seite viereckig, um den Kyosaku zu halten, ist das andere Ende des Kyosaku flach wie ein Padel.


Es wirkt wie eine Massage

 

Mit dem Schlag des Kyosaku (oder Keisaku im chinesischen) werden im Bereich des Schultermuskels wichtige Energie- und Akupressur Punkte stimuliert, die dem Praktizierenden helfen können den Geist im Augenblick hier und jetzt zu halten. Darüber hinaus können Verspannungen in den Schultern gelindert oder gelöst werden.

 

Dabei geht es nicht um Strenge oder eine Bestrafung, sondern um Mitgefühl in seiner höchsten Form. Bei einem Sesshin oder Zen Tag kann es passieren, dass der Geist sehr unruhig ist oder wir immer wieder während der Meditation einschlafen. Der Kyosaku kann uns helfen und wird mit Energie aus dem Hara gegeben, unbewusst und natürlich.

 

Wie fühlt sich der Kyosaku an

 

Wenn wir den Kyosaku empfangen ist es wie ein angenehmer elektrischer Schlag, den das Körper-Geist-System stimuliert und den Rücken aufrichtet. Wir fühlen uns klar und erfrischt und der Geist kommt wieder in den Augenblick hier und jetzt zurück.

 

Geben und Empfangen haben die selbe Qualität

 

Schlussendlich ist jede Handlung im Zen Ausdruck und Metapher für die eigentliche Wahrheit die dahinter steht. Wenn Gebender und Empfangender beim Kyosaku (oder Keisaku) zu einem Ganzen werden, sich gemeinsam verbeugen, gemeinsam ausatmen und das Ritual des Kyosaku zelebrieren, dann passiert mehr als das der eine den Kyosaku gibt und der anderen den Kyosaku empfang. 

 

Es geschieht Durchdringung und Verschmelzen in einer Handlung.

Zen - Gemeinsam mehr erreichen

Vor ein paar Tagen habe ich eine Nachricht erhalten, die ich gerne mit hier teile und ich möchte Dich bitten, diesen Blog-Beitrag ebenfalls zu teilen um dieses Projekt zu realisieren. Klicke dazu einfach unterhalb des Beitrags auf einen der Share-Button und teile diese Kampagne via Facebook, E-Mail, Twitter oder Goolge+ :

 

Worum geht´s konkret?

 

In Kürze startet eine Kampagne mit Michael von Brück, Hans Zender und dem Verlag Karl Alber in Freiburg, um eine ganz besondere Einführung in den Zen-Buddhismus zu realisieren.

 

Das Buch soll als Schmuckausgabe erscheinen und dementsprechend schön und bibliophil gestaltet sein.

 

Damit das Buch veröffentlicht und u.a. auch die farbigen Kalligraphien dem Buch beigelegt werden können, haben wir eine Kampagne ins Leben gerufen, über die interessierte Leser und Zen-Förderer Exemplare vorab erwerben können und dadurch die Publikation möglich machen.

 

Als Dank werden alle Unterstützerinnen und Unterstützer dankend im Buch erwähnt, erhalten exklusive Postkarten und signierte Exemplare.

 

So kannst Du das Projekt unterstützen

 

Unterstützen kannst Du das Projekt direkt über den Link:

https://herder.bookbakers.de/buch-unterstuetzen/philosophie/sehen-verstehen-sehen-meditationen-zu-zen-kalligraphien/

 

Sevda Mahmutovic, Content Managerin

c/o Verlag Herder GmbH 

 

fon +49 (0) 76645056402 fax +49 (0) 76645056387

sevda@bookbakers.de

 

Ich möchte Dich an dieser Stelle nochmals bitten, diesen Blog-Beitrag ebenfalls zu teilen um dieses Projekt zu realisieren. Klicke dazu einfach unterhalb des Beitrags auf einen der Share-Button und teile diese Kampagne via Facebook, E-Mail, Twitter oder Goolge+  Vielen Dank!

Zen-Meister Bassui - Den Menschen befreien

Die Sechs Vollkommenheiten, die Buddha praktizierte, sind das rechte Dharma des Erkennens der eigenen Buddha-Natur.

 

Das wahre Licht der eigenen ursprünglichen Natur bringt zehntausend wertvolle Eigenschaften zum Leuchten und verteilt sich gleichmäßig in alle Richtungen gemäß den Bedürfnissen der Menschen. Dies wird Geben genannt.

 

Die Buddha-Natur ist von Anbeginn rein und der Meister der sechs Sinnesorgane, doch nicht von den sechs Wahrnehmungen getrübt. Geist und Körper eines Menschen, der das erkennt, werden sich auf natürliche Weise im Einklang befinden. Er wird sich keine besondere Mühe geben, wie einer zu erscheinen, der die Vorschriften einhält, noch wird er üble Gedanken hegen. Dies wird Befolgen der Gebote genannt.

 

Da die Beständigkeit der Geduld keinen Unterschied zwischen Selbst und Anderen macht, wird jemand, der sich im Einklang mit ihr befindet, weder Wut infolge von Tadel noch Freude infolge von Lob empfinden. Dies wird Geduld genannt.

 

Die Buddha-Natur … vollendet jedes Verdienst, entwickelt Myriaden von Dharmas und erstreckt sich grenzenlos in die Zukunft. Dies wird Bemühen genannt.

 

Die Buddha-Natur ist unwandelbar und unabhängig von allen Phänomenen, sie steht jenseits von Sekten und Regeln, unterscheidet nicht zwischen Heiligen und gewöhnlichen Menschen und wird nicht durch Worte beschränkt und nicht durch Werte wie Gut und Schlecht verfärbt. Dies wird Meditation genannt.

 

Die Buddha-Natur ist klar und erleuchtet zehntausend menschliche Qualitäten, stellt die Augen von Heiligen und gewöhnlichen Menschen gleichzeitig dar und erleuchtet die Welt wie Sonne und Mond. Sie ist das Licht, das Vergangenheit und Gegenwart durchflutet – die grenzenlose Wahrheit reinen Lichtes. Dies wird Weisheit genannt.

 

Das Wunder unserer wahren Natur ist ihre Unbegrenztheit. Sie ist wie der weite Ozean mit seinen großen und kleinen Wellen. Die sechs wundervollen Wahrnehmungen, die in dieser ursprünglichen Natur enthalten sind, werden die Sechs Vollkommenheiten Buddhas genannt.

 

Aus dem Buch "Den Menschen befreien - Gespräche mit Zen-Meister Bassui"

 

 

Sesshin / Zen Retreat vom 31. Januar bis 2. Februar 2019

Das Zen Sesshin "Anfänger Geist" richtet sich insbesondere an Menschen, die bisher noch wenig Erfahrung mit Zen und der sitzenden Praxis von Zazen haben sowie an alle, die eine sehr einfach und direkte Form des Zen kennen lernen wollen.

 

Alle Infos und Anmeldung: https://bit.ly/2DOGTpa

Wir praktizieren bewusst keinen sturen Sitzdogmatismus und lassen dem Körper Raum um sich zu spüren und loszulassen. Die Sitzperioden sind im Regelfall 2-3 x 25 Minuten im Wechsel mit Gehmeditation.

 

Neben der Praxis des Shikantaza - einfach nur sitzen - lernen wir den Geist des Zazen in die normalen Tätigkeiten des Alltags zum Beispiel dem Gemüse schneiden und Reinigen des Dojos zu übertragen und zu leben.

 

Darüber hinaus wird es am Vormittag und/oder Nachmittag einen Vortrag und Zeit für Fragen bezüglich der Praxis geben. Einzelgespräche sind nur nach vorheriger Anmeldung möglich.

 

Für alle, die zunächst einmal "schnuppern" möchten, sei der Zazen-Tag am Sonntag, den 2. Dezember von 8 bis 17 Uhr zu empfehlen. Alle Infos zum Zazen Tag hier!

 

Alle weiteren Informationen gibt es hier: https://bit.ly/2DOGTpa

 

5 Skandhas oder was ist das Ego?

Die Grundlage von Leiden ist die Identifizierung mit diesem so genannten Ego. Aber was ist das eigentlich genau und woraus besteht es?

 

Hast Du Dich jemals gefragt, was Du genau meinst, wenn Du von „ich“ sprichst? Den ganzen Tag lang sprechen wir über dieses „ich“, aber kaum jemand hinterfragt, was es damit auf sich hat.

 

 


Die 5 Skandhas oder Anhäufungen, bestehend aus der Form, also dem Körper, Wahrnehmung, Gefühlen, Gedanken und Bewusstsein bilden in ihrem Zusammenspiel das, was wir im Allgemeinen als „ich“ bezeichnen.

 

Da existiert ja gar kein Wagen

 

Doch wie ein Wagen, der aus Rädern, Achsen, Karosserie, Sitzen etc. besteht und all diese Einzelteile wieder aus verschiedenen Materialen zusammengesetzt sind, existiert dieses „ich“ nicht wirklich. Es hat keine aus sich selbst heraus existierende Grundlage.

 

Betrachten wir die einzelnen Skandhas, und das ist einer der wesentlichen Punkte während Zazen, können wir erkennen, dass auch die einzelnen Bestandteile nicht aus sich selbst heraus existieren und bedingt sind, durch viele verschiedene andere Umstände.

 

Alles ist bedingtes Dasein

 

Der Körper ist bedingt durch den Geschlechtsakt der Eltern, die Persönlichkeit bedingt durch Erziehung, Gedanken abhängig und bedingt durch die Wirklichkeit, in der Du scheinbar lebst usw.

 

In Wahrheit gibt es da kein „ich“, das aus sich selbst heraus existiert und einen festen Wesenskern hat. Alles ist immer nur durch wechselseitige Abhängigkeit entstehendes Auftauchen und Verschwinden – ein kommen und gehen wie die Gedanken während Zazen.

Frieden finden durch Akzeptanz

Alles zu akzeptieren bedeutet auch die Nicht-Akzeptanz zu akzeptieren. Was sich anhört wie ein Wortspiel, ist in Wahrheit tiefe Weisheit, die wir durch Zazen verwirklichen können.

 

Zen und die Akzeptanz von allem bedeuten wiederum nicht, dass wir lethargisch werden und einfach nur zusehen, wie die Dinge um uns herum geschehen.

 


Vielmehr können wir im Zen durch die Akzeptanz in jeder Situation völlig frei und aktiv handeln. Zen ist ein zutieft lebensbejahender und aktiver Weg, das eigene Leben weniger egoistisch zu gestalten und durch die Praxis von Zazen Mitgefühl mit allen Wesen zu entwickeln.

 

Mit statt gegen die Strömung schwimmen

 

Wenn wir in einer Situation die Dinge nicht annehmen und nicht akzeptieren können und uns gleichzeitig selbst verurteilen, dann kostet das unglaublich viel Energie. Das Festhalten an dem gedanklichen Konstrukt von "Ich" und "Mein" trägt dazu bei, dass wir nicht akzeptieren sondern unter den Umständen leiden.

 

Völliges Akzeptieren muss daher auch die Nicht-Akzeptanz akzeptieren. Erst dann sind wir frei und können in jeder Situation natürlich und spontan handeln zum Wohle aller Wesen. Ohne diese völlige Akzeptanz wie es nun einmal ist, verbrauchen wir die notwendige Energie weil wir gegen die Strömung anschwimmen.

 

Doch wenn wir akzeptieren, können wir zunächst mit der Strömung mit fließen, um dann an das andere Ufer zu gelangen. Gegen den Strom anzukämpfen kostet uns Energie und Kraft. Voller Vertrauen mit dem Fluss des Lebens zu fließen und zum Wohl aller Wesen zu handeln, ist einer der wesentlichen Punkte des Zen.

 

Die drei goldenen Gebote des Zen

 

Wenn wir uns selbst und die Situation unseres Lebens vollständig akzeptieren und uns gleichzeitig an den drei goldenen Geboten orientieren, wird unser Handeln spontan und natürlich. Mitgefühl ist nicht länger ein Konzept aus Moral und Benehmen, sondern gelebte Spontanität des Zen im Augenblick hier und jetzt.

 

Die drei Gebote lauten:

  1. Hör auf Schlechtes zu tun
  2. Tue nur noch Gutes
  3. Tue Gutes für die anderen

Kann rechtes Handeln, dass ja einer der Pfade des edlen achtfachen Pfades ist, so einfach sein? Aufhören Schlechtes zu tun und das eigene Handeln auf Gutes für sich selbst und die anderen auszurichten. Im Alltag ist es nicht immer leicht, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden.

 

Doch wenn wir uns selbst und unserer Intuition vertrauen, können wir die gelebte und natürliche Spontanität durch die Akzeptanz von allem praktizieren und uns auf dem Weg des Zen hier in dieser phänomenalen Welt weiterentwickeln.

 

 

Zen studieren bedeutet sich selbst studieren

Zen zu studieren heißt, sich selbst studieren. Sich selbst studieren heißt, sich selbst vergessen. Sich selbst vergessen heißt, von den zehntausend Dingen bezeugt werden.

 

Von den zehntausend Dingen bezeugt werden heißt, Körper und Geist von sich selbst und den anderen fallen lassen.

 


Die Spuren des Erwachens lösen sich auf, und die aufgelösten Spuren des Erwachens führen endlos fort.

 

Shobogenzo Genjokoan

Meister Dogen Zenji (1200 - 1253)

 

Wenn wir Zen studieren wollen, gibt es da keine Lehre die in Worte gefasst werden kann. Es bedeutet uns selbst zu studieren und herauszufinden, was dieses "ich" ist, von dem wir alle den ganzen Tag sprechen. Das "ich" oder "Ego" wird im Buddhismus durch die 5 Skandhas erklärt, aus denen es zusammen gesetzt ist: Körper, Sinneswahrnehmung, Gefühle, Gedanken und persönliches Bewusstsein (Siehe auch dieses Video: https://youtu.be/Sm5SZIu5IxI)

 

Ein werden mit den 10.000 Dingen

 

Sich selbst zu studieren und erkennen, dass es da kein aus sich selbst heraus existierendes Ego gibt, bedeutet eins zu werden mit allem was ist, weil wir die Buddhanatur, das Prinzip wechselseitiger Abhängigkeit in allem erkennen. So werden wir eins mit den 10.000 Dingen.

 

Von dieser Erkenntnis durchdrungen zu sein, es also nicht intellektuell sondern durch spontane eigene intuitive Einsicht zu erfahren, lässt keinen Erfahrenden zurück. Es ist Erfahrung ohne einen Erfahrenden. So fallen Körper und Geist, vielmehr die Identifikation mit dem Körper-Geist-System ab und damit auch Körper und Geist aller anderen.

 

Wie können wir das verwirklichen?

 

Du kannst das gar nicht verwirklichen oder machen. Es ist wie mit dem Einschlafen. Du kannst Einschlafen nicht machen. Je mehr Du versuchst etwas zu tun um einzuschlafen, desto weniger wird es Dir gelingen. Du kannst Einschlafen nur zulassen und geschehen lassen. Eine gute Vorbereitung dazu ist aber scheinbar trotzdem die Praxis von Zazen.

 

Wer lässt Körper und Geist fallen?

 

Die Formulierung "Körper und Geist fallen lassen" suggeriert, dass es da eine Instanz geben muss, die das tun kann. Aber so ist es nicht. Es ist mehr ein "Auflösen von Identifikation" und es bleibt niemand übrig, der davon weiß oder es bezeugen kann.

 

Es ist ein Auflösen in den formlosen Raum unbegrenzten Friedens. Doch selbst diese Vorstellung kann noch beobachtet und gesehen/gefühlt werden. So kann der letzte Schritt nicht bewusst gemacht sondern nur zugelassen werden. Nenne es Gnade oder Schicksal. Aber lass die Idee los, dass Du etwas tun könntest.

Brahman, Dharmakaya und Buddha

"Das was der Buddhismus (spez. Mahayana) als Buddhanatur oder Dharmakaya erklärt, hat doch starke Ähnlichkeit mit Brahman? Entweder erklärt ein Hindu die Anatta Lehre falsch, oder ein Buddhist versteht die Darlegung des Brahman nicht. Wie siehst du es, wenn man als Praktizierender Buddhist sich mit Yoga befasst?"

 

In der Erfahrung des Einen gibt es kein zweites. Ob wir es nun Buddha, Buddhanatur (ist in meinem Verständnis das Prinzip der Leerheit von aus sich selbst heraus existierendem sein; wechselseitige Abhängigkeit), Dharmakaya, Tao, Brahman, Gott, Allah oder Bewusstheit nennen, spielt keine Rolle.

 

Alles Mind-Bullshit

 

Ich bin kein Hindu und sehe mich auch nicht als Buddhisten, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die unterschiedlichen Traditionen von unterschiedlichen Dingen sprechen, wenn sie über das sprechen, was nicht mit Worten ausgedrückt werden kann.

 

Die Unterschiede entstammen den verrückten Gedanken des Verstandes: "Aber mein Religionsstifter ist besser als Deiner." oder "Aber mein spirituelles Konzept ist wahrer als Deines". Wenn Du mich fragst:

Alles Mind-Bullshit. Aber das ist nun mal das äußere Gerüst, die Hülle und sichtbare Erscheinung in Form von Worten, Ritualen, Praktiken, Gewändern etc.

 

Zen-Praktizierende werden mich lünschen

 

Orthodoxe Zen-Meister und Praktizierende werden mich verdammen, aber zwischen Buddha, Dharmakaya und Brahman etc. ist kein Unterschied. Alles ist der eine Geist, neben dem nichts anderes existiert. Es ist das, was ich die Wahrheit des Seins nenne.

 

Es gibt Buddhisten, die an die Wiedergeburt der Person als individuelle Seele glauben. Es gibt Christen, die an ein Leben nach dem Tod, als individuelle Seele an der Seite Gottes glauben. Es gibt Hindus die glauben, dass Atman als individuelle Seele in Brahman bestehen bleibt.

 

Aber in der Erfahrung von Zazen kennen ich niemanden, der so etwas wie einen individuellen und aus sich selbst heraus existierenden Wesenskern gefunden hat!

 

Das was im Nicht-Finden entdeckt werden kann ist, dass das was Du bist keine Form und keine Größe, keine Eigenschaften und keine Merkmale aufweist. Aus diesem Grund ist es ewiges Seins ohne Sein zu sein oder sich selbst bewusst zu sein.

 

Bezüglich der Frage zum Thema Zen und Yoga:

 

Warum sollte man als Buddhist kein Yoga praktizieren? Wenn man die Zeit hat und die Asanas zusätzlich oder vor dem Zazen praktizieren möchte ist das völlig ok. Ich achte ja auch auf eine gesunde Ernährung, treibe Sport, habe Sex und all die anderen Dinge.

 

Bezogen auf den spirituellen Weg macht es unter Umständen Sinn, sich zunächst auf einen Weg zu konzentrieren, um sich nicht in all den unterschiedlichen Konzepten zu verlaufen. Zen allein bietet bei weitem schon genug Irrwege dazu.

 

Das Wesen des Wassers ergründen

 

Nur wenn wir einen Weg bis in die Tiefen ausloten, erkennen wir die Gemeinsamkeiten zu allen anderen spirituellen Schulen und Wegen.

 

Es ist als wollten wir 10 Gläser mit Wasser füllen, um das wahre Wesen des Wassers zu ergründen:

Wenn wir immer nur einen Tropfen in jedes Glas füllen, dauert es lange, bis alle Gläser gefüllt sind. Wenn wir ein Glas bis zum Rand füllen, können wir trinken und erfahren die Wahrheit des Wassers. Benötigen wir dazu mehrere Gläser?

 

 

Ich selbst habe erst nach dem ersten Erleuchtungserlebnis (an dieser Stelle sei gesagt, dass ich kein Erleuchteter oder so genannter Erwachter bin!) angefangen nach Gemeinsamkeiten dieser Erfahrung in unterschiedlichen spirituellen Richtungen zu forschen. Alle Wege beschreiben schlussendlich ein und die selbe Erfahrung.

Zazen - Erleuchtung und Erwachen im Zen

Erleuchtung und Erwachen im Zen-Buddhismus durch die Praxis von Zazen ist schlussendlich nicht durch Worte zu beschreiben.

 

So wie Fahrradfahren nur durch das eigene tun und erfahren gemeistert werden kann, so kann Zen nicht durch Worte erklärt werden. 


Und doch sagt man im Zen, dass der Finger, der auf den Mond deutet, nicht der Mond selbst ist aber einen Hinweis auf die Richtung gibt, in die wir während Zazen schauen sollen. Vielmehr können wir während der stillen Meditation auf dem Kissen erfahren, von wo aus wir schon immer gesucht haben.

 

Erleuchtungserlebnisse auf dem Kissen

 

Ja, es gibt sie. Diese Drogentrip ähnlichen Erfahrungen, von denen schon Kodo Sawaki dem Wortlaut nach sagte: "Wenn es euch um diese Art von Erfahrungen geht, dann könnt ihr genauso gut Drogen nehmen." Und Recht hat er, der alte Landstreicher.

 

Diese Erfahrungen auf dem Kissen sind wunder voll und mystisch. Bisher nicht medizinisch erforscht scheinen diese Erfahrungen wie ein Riss im Vorhang unseres Verstandes, durch den wir die Welt sehen können, wie sie ist. Wir erkennen uns selbst als Teil, vielmehr noch als ein Ganzes und sind durchdrungen von einem Gefühl von spiritueller Freude, Liebe und Glückseeligkeit.

 

Erwachen hat damit rein gar nichts zu tun

 

Doch diese Erfahrungen, hervorgerufen durch intensive Praxis und sensorische Deprivation, sind nicht Ziel der Zen Praxis und haben mit der eigentlichen Befreiung nichts zu tun. Vielmehr noch können uns diese Erfahrungen, vor allem ohne einen fähigen Meister, der uns sofort alle Flausen aus dem Kopf treibt, zu Illusion und Leiden führen. Es ist als würden wir auf die eine Illusion, eine zweite Illusion packen. Das ist eine schwere Zen Krankheit, die vor allem Anfänger ohne fähigen Lehrer, die für sich allein zu Hause meditieren heimsuchen kann.

 

Befreiung ist viel einfacher

 

Schlussendlich ist das, was ich Befreiung nenne, viel simpler und einfacher. Es ist wie die Frage, ob Wasser nass werden kann oder ob Feuer brennen kann. Du kannst nicht werden, was Du bereits bist. Doch so wie sich eine Hand nicht selbst ergreifen kann und eine Waage nicht ihr eigenes Gewicht wiegen kann, kann sich das Eine nicht sich selbst bewusst werden, da es sonst wieder zwei gibt.

 

Sei einfach wie Du bist. Tue die Dinge, die getan werden müssen. Die drei goldenen Gebote mögen Dir Wegweiser und Leitfaden sein: 

  1. Hör auf Schlechtes zu tun.
  2. Tue nur noch Gutes.
  3. Tue Gutes für die anderen.

Erleuchtung hat nichts mit Dir zu tun

Der folgende Text stammt aus dem kleinen Büchlein "Die Wahrheit des Seins", dass im Epubli-Verlag erschienen ist:

 

Erleuchtung ist nicht mehr als ein biochemischer Prozess im Gehirn, der durch intensive Mediationspraxis oder Deprivation ausgelöst werden kann. Diese Erfahrung ist nicht mit Worten zu beschreiben.

 

Dennoch hat sie einen Anfang und somit auch ein Ende. Erwachen bedeutet nicht mehr als zu realisieren, dass es da niemanden gibt der Erleuchtung erfahren oder das Erwachen verwirklichen kann.

 

Beide Vorstellungen sind nicht mehr als ein Produkt des denkenden Verstandes und gehören somit nicht zur Wahrheit des Seins. Es gibt wohl kaum ein Wort, das mehr Vorstellungen und Illusionen erzeugt, wie das Wort „Erleuchtung“.

 

Für die meisten Suchenden ist Erleuchtung einfach nur ein weiteres Ziel, ein weiterer Wunsch, eine weitere Illusion. Es gab noch nie eine Person, die erleuchtet oder zu einem so genannten „Erwachten“ wurde. Es ist ja gerade die Abwesenheit der Person bzw. das Durchschauen der Idee einer aus sich selbst heraus existierenden Person mit einem freien Willen in Raum und Zeit, das die Erleuchtungserfahrung kennzeichnet.

 

Nicht dass es innerhalb des Traums nicht wundervolle Zustände und tiefe Erfahrungen von „Ich-losigkeit“ geben kann. Doch im Grunde erfährt das jeder Mensch mindestens einmal alle 24 Stunden. Nämlich immer dann, wenn sich das Körper-Geist-System in der traumlosen Tiefschlafphase befindet.

 

Doch niemand ist sich dieser Abwesenheit der Person bewusst, da die Person nun einmal abwesend ist. In Wahrheit hat die Person nie existiert. Es waren nur Gedanken, Gefühle, Wahrnehmungen und Bewusstsein innerhalb eines Körpers, dessen Lebendigkeit von Augenblick zu Augenblick geschieht, ohne einen Jemanden der irgendetwas davon macht.

 

Wie gesagt geschieht diese Erfahrung von "Ich-losigkeit" jede Nacht während der traumlosen Tiefschlafphase. Auf einmal gibt es da kein „ich“ mehr und wir lieben diesen Zu-stand: kein Schmerz, keine Gedanken, keine Schuld, kein Erlangen wollen von Erleuchtung oder sonst einem oberflächlichen Wunsch des Verstandes!

 

Doch während der Traumphasen scheint es jemanden geben zu müssen, der träumt und erneut kann Identifikation geschehen. Für die meisten Suchenden hat der Verstand ein wundervolles Bild der Erleuchtung konstruiert: da gibt es nie wieder Kummer, keine Sorgen, keine Gedanken, völlige Stille und absolutes dauerhaftes Wohlbefinden der Person.

 

 

Bilder von weiß gekleideten, immer lächelnden, Strohsandalen tragenden Men-schen, meist Inder, mit weißen Haaren und einem langen weißen Bart, in schwarz gekleidete Japaner mit ernstem Gesichtsausdruck und Glatze oder in Orange gekleidete, fröhlich lächelnde Tibeter, sind keine Seltenheit. Grundsätzlich werden Gurus wie Pop-Stars immer nur lächelnd und in Pose fotografiert.

 

Seltsamerweise nie, wenn sich der Guru gerade den Hintern abwischt oder sich auf Grund einer Magen-Darm-Grippe über die Kloschüssel hängt, denn dies würde die Illusion von Heiligkeit schlagartig zerstören. Doch in Wahrheit ist es so, dass die scheinbare Person, in einer Welt der Vergänglichkeit, niemals dauerhafte Zufriedenheit erfahren kann.

 

Das was nach Erleuchtung sucht, wird niemals erleuchtet werden. Das was Erleuchtung finden kann, war schon immer erleuchtet. Die persönliche Erfahrung der Erleuchtung ist einem Drogenrausch vergleichbar und hat nichts zu tun mit wirklicher Befreiung.

 

Man kann sogar sagen, dass diese persönliche Erleuchtung eine der letzten Waffen des Verstandes ist, bevor die Identifikation gänzlich durchschaut wird bzw. die Identifikation mit dem Ego-Verstand kollabiert. Befreiung hat rein gar nichts zu tun mit irgendeiner Form der Spiritualität, mit Ritualen oder Reinigungszeremonien.

 

Es reicht das Erkennen, das Du bereits das bist, was der Verstand Dir glauben machen möchte, dass Du noch nicht bist. Und doch gibt es in den meisten, so genannten spirituellen Wegen, eine Form von Praxis. Dies können Meditation, Tanz, Gebet oder andere Formen und Rituale sein.

 

Dazu werden entsprechende Gewänder, Gegen-stände, Klänge oder Räucherwerk benutzt, um die eine Illusion durch eine andere Illusion auszutauschen. Wirkliche Befreiung hat nichts mit all dem oder der Person, die nach Befreiung sucht, zu tun.

 

Aus dem Buch "Die Wahrheit des Seins - Neuauflage 2018" hier bestellen: https://amzn.to/2MQv8OW

Zen - Die Leerheit allen Seins

Im Hannya Shingyo, einem der am meisten rezitierten Sutras in den Zen-Dojos und -Klöstern, lautet das zentrale Thema: "Form ist Leerheit und Leerheit ist Form."

 

Das dieses Sutra einen besonderen Stellenwert im Zen einnimmt zeigt, dass hierin ein wesentlicher Punkt, wenn nicht sogar der wesentliche Punkt, betrachtet wird. Was aber ist Form und Leerheit?

 


Form (Shiki)

 

Auch übersetzt als Erscheinungen, Phänomene oder bedingtes Dasein, steht Form (Shiki) für den Blickwinkel aus der relativen Wirklichkeit. Die Dinge scheinen aus sich selbst heraus zu existieren, sind getrennt und unabhängig voneinander.

 

Es gibt Geburt und Tod, Erscheinen und Verschwinden sowie die gesamte Wahrnehmung der Dualität von hell und dunkel, schön und hässlich, Gut und Böse etc.

 

Im Grunde kann man sagen, dass es die dualistische Wahrnehmung der Welt ist, wie sie von den meisten Menschen wahrgenommen wird.

 

Leerheit (Ku)

 

Dieser Begriff ist schon etwas schwerer mit Worten zu beschreiben. Im Grunde sollte der Begriff nicht substantiviert werden, indem wir von „der Leerheit“ sprechen. Leerheit bedeutet, dass die Dinge leer sind von einem aus sich selbst heraus existierenden Sein.

 

Nichts in der Welt kann aus sich selbst heraus, das heißt ohne Ursachen, existieren. Alles ist wechselseitig voneinander abhängig und beeinflusst sich gegenseitig.

 

Das war einer der wesentlichen Punkte, zu denen Shakyamuni Buddha erwachte, als er still in Zazen saß. Er erkannte, dass wenn „Dieses“ vergeht, auch „Jenes“ vergeht. Wenn „Dieses“ entsteht, auch „Jenes“ entsteht.

 

Er erkannte, dass alle Dinge leer sind von Eigenexistenz und nicht aus sich selbst heraus existieren können. Das bedeutet nicht, dass sie nicht existieren. Es ist Existenz ohne Eigenexistenz.

 

So sind Shiki und Ku lediglich zwei verschiedene Blickwinkel auf ein und dieselbe Wirklichkeit und können nicht voneinander getrennt werden. So wie die Vorderseite eines Blatt Papiers nicht von der Rückseite getrennt werden kann.

 

Unsere Persönlichkeit ist wie ein Auto.

 

Ein Auto besteht grob gesagt aus Reifen, Achsen, Karosserie, Sitzen und Motor. Doch all diese Dinge bestehen für sich selbst aus bestimmten anderen Dingen. Diese wiederum haben ihr eigenen Ursachen usw.

 

Die Reifen als Beispiel bestehen aus der Felge, dem Schlauch, dem Luftventil, den Schraumen und dem Reifenmantel. Und woraus genau besteht das Luftventil?

 

Im Grunde gibt es da kein Auto, sondern lediglich ein Zusammenwirken von vielen anderen Dingen, die wiederum selbst aus vielen anderen Dingen bestehen. Zwecks der zwischenmenschlichen Konversation jedoch benutzen wir das Wort „Auto“.

 

Aber Worte können niemals die Sache selbst sein. Das Wort „Messer“ schneidet nicht und das Wort „Brot“ macht nicht satt.

 

Die Person, für die wir uns halten, besteht grob gesagt aus Körper, Sinneswahrnehmung, Gefühlen, Gedanken und Bewusstsein. Oder buddhistisch ausgedrückt den 5 Skandhas.

 

Während Zazen können wir diese 5 Skandhas beobachten und wahrnehmen, dass sie auf der einen Seiten nicht aus sich selbst heraus existieren und wir auf der anderen Seite nichts zu tun brauchen, damit diese ablaufen und geschehen.

 

Wir sprechen von einer Person, aber im Grunde gibt es da keine Person. Genauso wenig, wie es da ein Auto gibt, da es lediglich der Zusammenschluss vieler anderer Elemente ist, die wiederum selbst nicht ohne Ursache und lediglich wechselseitig bedingt sind.

Die 3 Dharmasiegel

Einer der wesentlichen Punkte, die Shakyamuni Buddha durch sein Erwachen verwirklichte war die Tatsache, dass die Welt und alle Phänomene drei Dharmasiegel oder besser Daseinsmerkmale aufweisen. Durch das klare Verstehen dieser drei Merkmale erkennen wir die Wirklichkeit wie sie ist:

 

Anicca

 


Die Vergänglichkeit (Anicca) besagt, dass alle Dinge unbeständig und vergänglich sind. Das können wir in der Natur an den Jahreszeiten erkennen. Selbst ein massiver Berg ist mit einem Blickwinkel von mehreren Millionen Jahren der Vergänglichkeit und der Veränderung unterworfen.

 

Natürlich ist auch das Körper-Geist-System vergänglich und verändert sich unablässig von Augenblick zu Augenblick. Gedanken, Gefühle, Erinnerungen und all die anderen inneren Phänomene können während Zazen beobachtet und ihre vergängliche Existenz wahrgenommen werden.

 

Dukkha

 

Oft unzureichend als Leiden (Dukkha) übersetzt, finden wir dieses Merkmal bereits in den 4 edlen Wahrheiten, die Buddha in seiner ersten Predigt weitergegeben hat. Doch Dukkha ist nicht nur Leiden, sondern kann besser mit Unzulänglichkeit, Unvollkommenheit, Bedingtheit übersetzt werden.

 

Wir erleben Unvollkommenheit (Leiden) durch Krankheit, Alter und Tot. Wenn wir mit dem vereint sind, was wir nicht wollen oder erkennen, dass wir nicht festhalten können, was wir lieben und ergreifen wollen, ist das leidvoll oder unzulänglich. Jeder Mensch spürt in sich diesen undefinierbaren Mangel, der mit sozialen, finanziellen oder auch spirituellen Zielen zu überwinden versucht wird, doch schlussendlich kann in einer bedingten Welt des Daseins kein dauerhafter Frieden gefunden werden.

 

Dukkha bedeutet nicht mehr, als das wir im bedingten Entstehen nichts Dauerhaftes finden können. Doch durch die Anhaftung an vergänglichen Dingen oder Situationen, die wir für beständig halten, werden wir zwangsläufig Leiden erfahren. 

 

Anatta

 

Durch seine Erfahrung des Zazen, erkannte Shakyamuni, dass in dieser phänomenalen Welt des Daseins alles das Merkmal des Nicht-Selbst aufweist. Nicht-Selbst meint in diesem Zusammenhang, dass in einer Welt des bedingten Daseins, alles wechselseitig abhängig ist und nichts aus sich selbst heraus existieren kann.

 

Nicht-Selbst bedeutet, dass nichts einen eigenen, aus sich selbst heraus existierenden Wesenskern aufweist, der unveränderlich und unvergänglich wäre. Alles entsteht durch ein multidimensionales Ursache-Wirkungs-Prinzip, das auch als wechselseitige Abhängigkeit bekannt ist.

 

Fazit

 

Nehmen wir nun diese drei Daseinsmerkmale und betrachten aus diesem Blickwinkel die Welt und das Körper-Geist-System (die Person für die wir uns halten), sehen wir, dass alles die Buddhanatur aufweist und Teil eines großen Ganzen ist.

ZEN - Erleuchtung im Ruderboot

Die Zen Geschichte vom leeren Ruderboot ist eine Geschichte aus dem Zen-Buch „Zen im Alltag“ von Charlotte Joko Beck und bringt die Erkenntnis des Zazen, der Zen-Meditation in Stille, auf den Punkt.

Stell dir vor du liegt in einem Ruderboot mitten auf einem großen See und genießt den Augenblick. Plötzlich rammt dich ein anderes Boot von der Seite. Du erschrickst und wirst wütend:


„Welcher Depp rammt mich da mit seinem Boot? Kann der nicht aufpassen?“ Du richtest Dich in Deinem Boot auf und suchst nach dem Verursacher. Aber was ist das?

 

Das andere Boot ist leer. Niemand ist im Boot. Was passiert jetzt mit Deiner Wut und Deiner Verärgerung? Richtig, in einem einzigen Augenblick kannst du sie fallen lassen und loslassen.

 

Ist es nicht interessant, dass so lange wir glauben, dass da ein „Jemand“ verantwortlich für etwas ist, wir wütend und verärgert sein können, doch in dem Augenblick, wenn wir realisieren, dass da niemand ist, unsere Verärgerung keine Grundlage mehr hat?

 

Alle Phänomene leer sind von Eigenexistenz

 

Aber was bedeutet das konkret? Oft wird dieses Prinzip substantiviert indem von Leere oder Leerheit gesprochen wird. Besser wäre jedoch, wenn man den Begriff der Leerheit durch „leer sein von Eigenexistenz“ oder „leer von einem aus sich selbst heraus existierenden Wesenskern“ sprechen würde.

 

Leerheit basiert auf dem Prinzip der wechselseitigen Abhängigkeit und sagt, dass kein Ding auf der Welt aus sich selbst heraus existieren kann. Alle Phänomene sind unbeständig und existieren nur durch ein multidimensionales Netz aus Ursache und Wirkung.

 

Mein Lieblingsbeispiel ist das Feuer. Feuer kann nicht aus sich selbst heraus existieren, da es mindestens Luft und einen Brennstoff wie Holz benötigt. Feuer kann nicht aus sich selbst heraus brennen. Doch Luft oder Holz existieren ebenfalls nicht aus sich selbst heraus. Holz benötigt einen Baum, der Baum benötigt Erde, Regen und Sonnenlicht. Auch diese drei existieren lediglich durch bestimmte Ursachen usw.

 

Dein eigenes Boot ist ebenfalls leer

 

Kommen wir noch einmal zu dieser Geschichte mit dem Ruderboot auf dem See zurück. Durch die Erkenntnis, dass das andere Boot leer ist, verlieren Wut und Verärgerung ihre Grundlage. Doch was wäre, wenn auch Dein eigenes Boot leer ist?

Zazen - Meditation für Anfänger

„Zazen bringt Dir überhaupt nichts. Doch bis das endlich in eure Schädel eindringt und ihr das Zazen praktiziert, dass euch nichts bringt, bis dahin bringt euch Zazen echt nichts.“ sagte einst Kodo Sawaki

 

Der alte Landstreicher hatte Recht und sein Buch „Zen ist die größte Lüge aller Zeiten“ ist eine wahre Schatzkammer des Dharma. Und dennoch praktizieren wir täglich auf dem Kissen oder zumindest ein paar Mal die Woche im Dojo. Doch gerade Anfänger tun sich manchmal schwer.

 

Was der Anfänger wissen sollte

 

Als ich vor über 20 Jahren mit Zazen anfing, sah ich einmal eine Grafik, die die Praxis auf dem Kissen und das übende Erweisen sehr gut auf den Punkt bringt. Es war eine Linie von der nach oben grafisch dargestellt Gedanken ausgingen und nach unten der Dämmerzustand bildlich dargestellt war.

Wenn Du schon einmal Zazen praktiziert hast, weißt Du, dass von Augenblick zu Augenblick Gedanken, Erinnerungen, Bilder, Ideen und Vorstellungen auftauchen. Manchmal gibt es auch Abschnitte der Stille, aber meist ist richtig „Kirmes im Kopf“.

 

Hier geht´s zum Video "Zazen für Anfänger - Anleitung für Zen-Meditation"

 

Einfach nur sitzen - Shikantaza

 

Während Zazen geht es nur darum zu sitzen und zu beobachten, was da von Augenblick zu Augenblick geschieht. Doch gerade zu Beginn der Praxis kann es geschehen, dass uns diese inneren Phänomene manchmal mit wie eine mächtige Welle im Meer mitreißen und wir uns völlig in den Gedanken verheddern.

 

Im Grunde ist genau das der Grund warum Leiden geschieht, aber das ist ein anderes Thema.

Wie ein wilder Affe springt unser Geist von einem Gedanken zum nächsten. So lange wir uns mit den Gedanken des Ego-Verstandes identifizieren und sagen „Das sind meine Gedanken“, wird unsere Aufmerksamkeit mitgerissen und wir fallen aus dem Augenblick hier und jetzt.

 

Hier geht´s zum Video "Zazen für Anfänger - Anleitung für Zen-Meditation"

 

Wenn uns das auffällt, kehren wir mit unserer Aufmerksamkeit wieder zurück zur Haltung und zur Atmung. Dabei spielt es für den Anfänger keine Rolle, ob er das Auftauchen der Gedanken gleich zu Beginn bemerkt oder bereits völlig im Denken verstrickt ist.

 

Gutes und schlechtes Zazen

 

Zazen ist nicht schlechter, wenn wir viele Gedanken wahrnehmen und nicht besser, wenn einmal wenige Gedanken da sind. Zazen ist Zazen. Wir praktizieren lediglich „Sitzen“ und können wahrnehmen, was von Augenblick zu Augenblick kommt und geht.

 

Manchmal können wir auch Müdigkeit wahrnehmen und der Geist dämmert vor sich hin. Auch dann führen wir die Aufmerksamkeit wieder zurück zur Praxis.

 

Durch dieses Üben wird unser aufgeregter oder schläfriger Geist ruhig und friedlich. Immer klarer und deutlicher nehmen wir wahr, dass auch wenn wir uns vornehmen „nur zu sitzen“ – Shikantaza – von Moment zu Moment Leben geschieht. Wir können erwachen aus dem Traum des Denkers und Handelnden zur Freiheit des Seins.

 

Hier geht´s zum Video "Zazen für Anfänger - Anleitung für Zen-Meditation"

Zen Geist - Anfänger Geist

Im Zen wird der so genannte Anfänger Geist als sehr wichtig erachtet. Früher glaubte ich, dass es um die persönliche innere Einstellung des Anfängers geht, der noch keine Konzepte über Zen oder Zazen im Kopf hat.

 

Der Anfänger weiß nichts und kann sich aus diesem Grund auch weniger Illusionen über Zen machen, als der Fortgeschrittene.

 


Heute sage ich, dass es genau umgekehrt ist. Gerade der Anfänger ist angefüllt mit Täuschungen und Illusionen über den Weg und die Lehre des Zen. Meist sind diese Missverständnisse auf falschen oder undeutlichen Aussagen einiger Bücher oder Menschen zurückzuführen.

 

Doch was ist der Anfänger Geist wirklich?

 

Statt Anfänger Geist möchte ich lieber vom Geist am Anfang oder noch besser dem Gewahrsein an der Quelle oder Wurzel sprechen. Warum?

 

Weil mit Anfänger Geist nie der persönliche Ego-Verstand gemeint war. Es geht um den Geist, das Gewahrsein, die Bewusstheit der Quelle, lange bevor die Dinge Namen bekommen haben.

 

Wenn Du während Zazen einen Gedanken beobachtest, der auftaucht und vorüberzieht, dann ist der Anfänger Geist das, was da beobachtet und nicht der Denker selbst.

 

Wenn Du für einen Augenblick den Fokus um 180 Grad drehst und auf Dich selbst richtet, auf das was während Zazen all das kommen und gehen der inneren Phänomene beobachtet, dann scheint da eine Art formloser Raum stiller Zufriedenheit zu existieren. Ist dieser formlose Raum der Anfänger Geist? Nein!

 

Den selbst dieser formlose Raum wird wahrgenommen. Es besteht Gewahrsein über diesen formlosen Raum. Was ist sich all dieser Dinge gewahr, ohne sich selbst jemals gewahr sein zu können?

 

Was kann sich selbst nicht erkennen, da es eins ist? So wie sich ein Messer nicht selbst schneiden kann oder ein Finger sich selbst nicht berühren kann! Das ist was ich Anfänger Geist oder das Gewahrsein an der Quelle allen Gewahrseins nenne.

 

Willst Du Dich selbst ergründen?

 

Dogen Zenji sagte: „Zen zu ergründen bedeutet, dich selbst zu ergründen.“ und genau dazu möchte ich Dich einladen und willkommen heißen.

 

Hier die nächsten Termine zum Zen-Tag oder Zen-Retreat (Sesshin) im neuen Jahr:

 

Zazen Tag / Zen Intensive

4. November 2018 von 9 Uhr bis 18 Uhr

Hier geht´s zur Anmeldung: https://www.heisan-zen.de/veranstaltungen/anmeldung/

 

Zazen Tag / Zen Intensive

2. Dezember 2018 von 9 Uhr bis 18 Uhr

Hier geht´s zur Anmeldung: https://www.heisan-zen.de/veranstaltungen/anmeldung/

 

Frühjahrs-Retreat Nähe Kassel/Göttingen

Anreise Donnerstag, 31.01. ab 15 Uhr

Sesshin von Freitag, 01.02. bis Sonntag, 03.02.

Hier geht´s zur Anmeldung: https://www.heisan-zen.de/veranstaltungen/parimal/

 

Zazen Tag / Zen Intensive

3. März 2019 von 9 Uhr bis 18 Uhr

Hier geht´s zur Anmeldung: https://www.heisan-zen.de/veranstaltungen/anmeldung/

 

Frühjahrs-Retreat Nähe Hamburg

Anreise Donnerstag, 4. April ab 15 Uhr

Sesshin von Freitag, 5. April bis Sonntag, 7. April

Hier geht´s zur Anmeldung: https://www.heisan-zen.de/veranstaltungen/haus-ohlenbusch/

 

Ich freue mich, Dich bei einem der Termine begrüßen zu können und gemeinsam mit Dir zu praktizieren. Neben der Praxis auf dem Kissen liegt mir der Austausch im Mondo besonders am Herzen.

Wie sagte ein weiser Mann einmal:

 

“Worte ohne Praxis sind genauso wenig wert, wie Praxis ohne Worte. Beides führt zu Missverständnissen und Verwirrung.”

 

In diesem Sinne allzeit eine gute Praxis und bis bald.

Schmerzen während Zazen Teil 2

Grundsätzlich ist es von Mensch zu Mensch und der jeweiligen Situation abhängig, ob Schmerzen während Zazen physisch oder psychisch bedingt sind. Ich selbst habe über Jahre auf Sesshins starke Schmerzen gehabt. Das lag aber vor allem an einem viel zu niedrigen Zafu (Meditationskissen) und einer sehr harten Haltung, da ich den Ausspruch "Sitzen wie ein Berg" missverstanden hatte.

 

Relaxed sterben in Zazen

 

Aber ich habe die Zähne zusammen gebissen und versucht irgendwie durchzuhalten. In einer solchen Situation die Antwort von einem "Meister" zu erhalten die sagt: "Einfach weiter sitzen und die Schmerzen ignorieren." führt doch eher dazu, dass ich nicht nach meiner Haltung oder Zafuhöhe schaue, sondern versuche (!) während Zazen "relaxed zu sterben" wie es manchmal ausgedrückt wird.

 

Doch allein die Idee etwas tun oder machen zu müssen, um die Schmerzen besser aushalten zu können (Zitat Muho, Abt des Antaiji in Japan: "Die Schmerzen sind zwar dann nicht weg, aber sie stören nicht mehr so, weil Du bereit bist zu sterben" https://youtu.be/bk7JRHNX19A) ist fehlerhaft oder kann zumindest zu der Idee führen, dass ich etwas tun kann, damit die Schmerzen nicht mehr spürbar sind bzw. nicht mehr so stören.

 

In meinem Verständnis geht es im Zen nicht darum einen wie auch immer gearteten Sitzdogmatismus zu praktizieren. Es geht nicht darum Grenzerfahrungen zu machen oder sich auf andere Weise in veränderte Bewusstseinszustände zu bringen.

 

Es ist doch so offensichtlich...

 

"Shikantaza - nur sitzen" bedeutet nicht, dass unsere Praxis das stundenlange sitzen auf einem Kissen ist. Shikantaza ist das Koan des Soto-Zen und bedeutet nicht weniger, als einfach nur zu sitzen.

 

Ich bekomme also die Aufgabe "nur zu sitzen". Doch was passiert da...?

 

Ich nehme mir vor nur zu sitzen aber die Lebendigkeit dieses Körpers inklusive der Funktion der inneren Organe, Zellversorgung, Wachtums- und Alterungsprozess funktioniert weiter... all das geschieht ganz ohne mich. Ich muss rein gar nichts tun, damit Lebendigkeit dieses Körpers in diesem Augenblick geschieht.

 

Das ist ziemlich offensichtlich, muss aber trotzdem zu Deiner intimen und ganz vertrauten Erfahrung werden. Es reicht nicht, das zu wissen. Du musst es während Zazen klar erkennen und durchdrungen sein von dieser offensichtlichen Wahrheit. Vielleicht ist zu Beginn der Übung daher die Entwicklung von Konzentration wichtig, vielleicht aber auch nicht. Denn dann kannst Du weiter schauen. Was passiert noch?

 

Obwohl ich mir vornehme wirklich nur zu sitzen geschieht Wahrnehmung über die Sinne. Ich tue rein gar nichts, damit hören geschieht oder sehen...

 

Schallwellen dringen an das Ohr und werden im Gehirn irgendwie von Worten in Sätze und von Tönen in Melodien übertragen ohne dass ich irgendwas mache.

 

Selbst wenn die Augen geschlossen sind geschieht Sehen der Dunkelheit hinter den Lidern. Ich kann nicht nicht sehen. Es ist wie mit dem Herzschlag oder der Verdauung. Es geschieht ganz ohne mich.

 

Fühlen geschieht... das Gefühl auf dem Zazu zu sitzen habe ich nicht gemacht. Das Gefühl der Kleidung auf der Haut habe ich nicht produziert oder hergestellt. Ich muss rein gar nichts tun, damit Wahrnehmung geschieht. Das läuft völlig ohne mich...

 

Was geschieht noch?

 

Jeder der schon einmal längere Zeit Zazen praktiziert hat, kann beobachten, dass Denken geschieht. Ohne dass ich das Geringste zu tun brauche, geschieht von Augenblick zu Augenblick denken. Manchmal mit kurzen oder auch langen Phasen der Stille. Aber spätestens nach Zazen läuft die Kiste da oben wieder an... Und auch Denken geschieht, ohne dass ich das Geringste zu tun brauche.

 

Zugegeben, das Denken ist wohl mit das subtilste Empfinden und im Alltag kann es sich, da wir es über Jahre nicht anders erfahren haben, tatsächlich so anfühlen, als ob ich der Denker wäre.

 

Aber wie machst Du das konkret, wenn Du denkst? Denkst Du vorher darüber nach, welchen Gedanken Du als nächstes denkst? Plane nur mal 5 Minuten Deine Gedanken und dann halte Dich für 5 Minuten genau an die Abfolge der Gedanken, die Du Dir vorgenommen hast.

 

All diese inneren Phänomene, all das taucht im persönlichen Bewusstsein auf und dieser Wandel und die Vergänglichkeit können beobachtet werden. Das persönliche Bewusstsein kann beobachtet werden, genau wie die Lebendigkeit des Körpers, die Wahrnehmungen, die Gefühle und die Gedanken. Doch all das geschieht völlig ohne mich (so wie gerade das Schreiben dieser Zeilen).

 

Auch das Empfinden dieses Körper-Geist-System zu sein, dass scheinbar nur durch die wechselseitige Abhängigkeit geschieht, taucht auf und kann beobachtet werden.

 

Die Frage ist doch: Wer ist dieser Beobachter? Was ist diese letzte Instanz von Gefahrsein, die nicht personifiziert werden kann? Kann der Beobachter sich selbst beobachten?

 

Diese zugleich geheimnisvolle und doch offensichtliche Wahrheit ist für mich das größte Geschenk, dass Dir Zazen machen kann.

 

Doch es nimmt Dir gleichzeitig alles, was Du glaubst erreicht oder verwirklicht zu haben. Denn es warst nie Du, der irgendwas getan hat. Du glaubst Du wärst der Denker und Handelnde... aber bei genauerer Betrachtung durch die Praxis von Shikantaza ist es doch offensichtlich, dass Du nicht dieses Körper-Geist-System sein kannst, oder?

 

Was wäre, wenn die Praxis von Shikantaza als Impuls zu sehen ist, dass Du nicht einmal sitzen machst, aber diese Aufforderung über Jahre falsch weitergegeben worden ist in Form eines "Du sollst ganz viel und ganz intensiv sitzen, damit Du zur Wahrheit durchdringst".

 

Was wäre, wenn Du das ganze Konstrukt Zen mit all den Zeremonien, Gewändern, Traditionen, Räucherwerk und Klimbim in einem Augenblick restlos aufgeben müsstest?

 

Was wäre da bei Dir los?

 

Ich freue mich auf Deine Antwort: info@heisan-zen.de oder in den Kommentaren.

Schmerzen während Zazen Teil 1

Wohl alle, die schon einmal über einen längeren Zeitraum oder intensiv Zazen praktiziert haben kennen die folgende Situation:

 

Schmerzen in den Knie- oder Hüftgelenken, Verspannungen in den Schultern oder im Rücken.

Meist haben diese Schmerzen mit einer falschen Sitzhaltung, einem zu niedrigen oder zu hohen Zafu oder ähnlichem zu tun.

 

Aber niemals geht es im Zazen darum, Schmerzen auszuhalten oder zu lernen das „Dagegen-ankämpfen“ los zu lassen, um die Schmerzen auf diese Weise zu benutzen um irgendwelche „Erleuchtungserlebnisse“ hervorzurufen.

 

Gestern habe ich mal wieder einen Meister auf diese Weise die Frage eines Schülers beantworten hören und konnte es kaum glauben.

 

Ja, durch diese Form der Praxis können tief spirituelle Erfahrungen ausgelöst werden. Das passiert eben, wenn das Gehirn auf Grund eines andauernden Schmerzes eine gewaltige Ladung Serotonin durch die Blutbahn jagt.

 

„Wenn es um diese Erfahrungen beim Zazen ginge, währe es einfacher Drogen zu nehmen“ sagte Kodo Sawaki in ähnlichen Worten seinerzeit.

 

Und ja, wir sollten nicht auf den kleinsten Schmerzimpuls des Verstandes reagieren, der uns von der eigentlichen Erkenntnis abzulenken versucht.

 

Aber wenn es im ZEN um diese Drogentrip ähnliche Erfahrung gehen würde, hätte dann Buddha bei seiner ersten Predigt seinen Asketenfreunden nicht gesagt:

 

„Hey Leute, ihr müsst einfach so lange sitzen, bis ihr die Schmerzen kaum noch aushalten könnt. Und dann müsst ihr einfach weiter sitzen und „relaxed sterben“ (wie es gestern der Meister ausdrückte) und über den psychologischen Schmerz hinausgehen.“

 

Nein, das hat Buddha nicht gesagt. In seiner ersten Predigt nach seinem eigenen Erwachen sprach er von den 4 edlen Wahrheiten und brachte seine Erkenntnis (nicht seine Erfahrung) damit auf den Punkt:

 

1. Alles bedingte Dasein ist Dukkha (also leidvoll)

 

Hey, einen Moment!? Diese Drogentrip ähnlichen Erfahrungen, hervorgerufen durch Schmerzen in den Knien, die manche Satori oder Kencho nennen, sind durch die intensive Praxis bedingt. Ups, gehören diese Erfahrungen dann vielleicht wie alles andere in die Welt des Samsara?!

 

2. Dukkha hat eine Ursache

 

Und zwar durch Unwissenheit hervorgerufene Tendenzen von Gier und Hass (Anhaftung der Dinge, die der Verstand haben will und Ablehnung der Dinge, die er nicht will). Aber die Unwissenheit bezogen auf unsere wahre Natur, unsere wahre Existenz ist die Grundlage der anderen.

 

3. Ohne Ursache kein Dukkha

 

Geschieht Erkenntnis darüber, dass die Identifikation mit diesem Körper-Geist-System die Grundlage, die Basis aller anderen Identifikationen mit den Sinnen, den Gefühlen, den Gedanken und dem Bewusstsein, ist, geschieht in einem Augenblick Erkenntnis über unsere wahre Natur und die Rückkehr zum Normalzustand wie es Deshimaru nannte oder zum ursprünglichen Geist, zur Quelle unseres Gewahrseins oder zur Wahrheit des Seins, wie ich es nenne.

 

4. Es gibt einen Weg

 

Die letzte der vier edlen Wahrheiten war Buddhas Finte für all diejenigen, die noch im Traum des Denkers und Handelnden irren. Er gab ihnen den edlen achtfachen Pfad, damit ihr Ego-Verstand etwas zu tun hat. In Wirklichkeit aber drehte er nur eine Blume zwischen den Fingern.

ZEN - Erleuchtung ist vergänglich

Wenn wir an den beiden äußeren Enden bleiben, wie können wir dann das Ganze verstehen? Konzentriert man sich nicht auf das Ursprüngliche, gehen die Vorzüge der beiden äußeren Enden verloren. Wenn wir nur die Existenz anerkennen, fallen wir in diese Existenz. Wenn wir nur ku folgen, wenden wir uns gegen ku. Selbst wenn unsere Worte genau und unsere Gedanken richtig sind, entsprechen sie doch nicht der Wahrheit. Wenn wir Sprache und Denken aufgeben, können wir über alles hinausgehen. Wer Sprache und Denken nicht zurücklassen kann, wie kann der den Weg verstehen?

 

aus dem Hsin Hsin Ming von Seng-ts'an

 

Dienstag, 27. November 2012

 

Der Weg liegt unter Deinen Füßen und nicht unter denen eines anderen. Niemand kann Dir Deinen Weg mit Worten erklären, geschweige denn ihn für Dich gehen.

 

Aber wie gibt man etwas weiter ohne Worte zu benutzen? Wie erreicht man die Menschen? Wie motiviert man sie? Erleuchtung ist möglich, auch wenn man nur wenig darüber aussagen kann. Vielleicht kann man über diesen besonderen Bewusstseinszustand auch überhaupt nicht sprechen, ohne die Menschen, die es noch nicht erfahren haben, zu verwirren.

 

Und ja, es mag sein, dass es Menschen gibt, die dauerhaft in diesem Zustand verweilen, weil sie sich in irgendeine Höhle im Himalaya zurück ziehen und dort von morgens bis abends nur sitzen. Aber das kann es nicht sein, oder?

Erleuchtung ist, meiner bescheidenen Meinung nach, ein Bewusstseinszustand, eine andere Wahrnehmung ein und derselben Wirklichkeit.

 

Alles Bedingte, und dieser Zustand ist bedingt durch Zazen, ist vergänglich und gehört zur Welt der relativen Wirklichkeit. Selbst wenn wir durch diese Erfahrung einen Blick auf die letzte Wirklichkeit werfen können.

 

Das heißt die Erfahrung der Erleuchtung ist genauso Samsara, wie alle anderen Formen in der phänomenalen Welt. Aus der Sicht von Ku, aus dem Blickwinkel der wesenhaften Welt, dem allem zu Grunde liegenden Wesenskern, Leerheit, großem Geist, Tao, Gott etc. ist alles eins und es gibt keine Trennung.

 

So gibt es sowohl Vielheit als auch Einheit in ein und demselben Augenblick. Doch nur eine dieser Betrachtungsweisen für sich zu nehmen ist falsch. Es ist immer, wirklich immer beides gleichzeitig da.

 

So wie die Vorderseite nur mit der Rückseite und die Oberfläche des Meeres nur durch die Tiefe existieren kann. Im Grunde muss aber gesagt werden, dass die Erfahrung des Erwachens meist überschätzt wird.

 

Die Erfahrung an sich ist unbeschreiblich und ihr Ausdruck ist reinste Freude und Glückseligkeit. Aber es ist, zumindest meiner Erfahrung nach und dem ein oder anderen Bericht, den ich darüber lesen durfte, kein bleibender Zustand. Wie auch? Alles ist im stetigen Wandel und bleibender Veränderung.

 

Wie könnte da eine Erfahrung oder ein Zustand wie der der Erleuchtung anhaltend und dauerhaft sein? Die höchste Wahrheit ist dauerhaft und beständig, denn ihr Wesen liegt in der Unbeständigkeit. Durch die Erfahrung und die Gnade des Erwachens verändert sich aber unsere Sichtweise der Welt.

 

Wir erkennen, dass nur durch ein eigenes selbstloses Handeln zum Wohle aller Wesen, wir selbst Frieden und Freiheit erfahren können. Und in dem Begriff „alle Wesen“ sind wir selbst selbstverständlich eingeschlossen.

Die moderne Hirnforschung und das mentale Training bestätigen dies. Hier wird vom „Gesetz der Resonanz“ gesprochen oder wie der Volksmund sagt: „Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es heraus.“

 

Die drei Gebote buddhistischen Verhaltens lauten: Hör auf Schlechtes zu tun. Tu nur Gutes. Tu Gutes für die Anderen.

 

Es geht mir persönlich nicht mehr darum die Erfahrung des Erwachens zu wiederholen oder tiefere Ebenen dieser Erfahrung kennenzulernen. Dies kommt zur richtigen Zeit und bei richtiger Praxis irgendwann ganz von allein.

Wir können es nicht beeinflussen. Aber mein Verhalten im Alltag, dass den Wesen hilft und mich gleichzeitig glücklicher macht, das kann ich in jedem Augenblick beeinflussen.

 

Ich kann darauf achten, dass mich mein denkender Verstand nicht an der Nase herum führt und mir ein X für ein U verkauft. Die Welt ist wie sie ist. Was ich daraus mache und wie ich die Welt sehe, liegt in meiner eigenen Verantwortung. Ich kann eine Situation als Problem oder als Herausforderung sehen. Beides ist richtig.

 

Aus dem Buch "ZEN - Erleuchtung und andere Missverständnisse" gratis Download auf www.heisan-zen.de

Warum wir nach Erleuchtung suchen

Die Wahrheit ist wirklich völlig banal und einfach! Wenn Erkenntnis (Erleuchtung) geschehen ist, ändert sich nichts und alles. Weder rennst Du danach dauergrinsend und angstbefreit durch die Gegend, noch wird aus Dir ein Heiliger!

 

Das was erkannt werden kann ist, dass alles was Du für Dich gehalten hast ein Film wie im Kino ist!

 

Du bist der Zuschauer, sitzt in der ersten Reihe, aber der Film Namens "Mein Leben" fasziniert Dich so sehr, dass Du Dich mit dem Hauptdarsteller identifiziert hast! Über die Jahre ist diese Identifikation so stark geworden, das Du einfach vergessen hast, dass Du im Kino sitzt und in Wahrheit nicht der Darsteller bist!

 

Zwei Punkte müssen klar sein:

 

Jedes Ding entsteht aus einem ineinander verwobenen Zusammenspiel aus Ursache und Wirkung! Feuer z. B. kann nicht aus sich selbst heraus brennen... Es braucht Luft und Holz! Ohne Luft und einen Brennstoff kann Feuer nicht existieren. Ein Baum kann nicht aus sich selbst heraus existieren... Er benötigt Wasser, Sonnenstrahlen und einen guten Boden!

 

Du, dieses Körper-Geist-System, existierst nicht aus sich selbst heraus... Dein Körper wurde gezeugt, Dein Verstand konditioniert, Gefühle und Gedanken entstehen und vergehen... Alles hat Ursachen!

 

Die Ursachen haben auch Ursachen! Die Ursachen der Ursachen dieser Ursachen sind auch ursächlich bedingt! Kein Anfang, kein Ende! Ewigkeit!

 

Doch obwohl alles eine Verkettung von Ursachen ist, gibt es etwas, dass nicht ursächlich bedingt ist! Etwas konstantes, unvergängliches, unbewegtes, unentstandenes... die Quelle allen Seins!

 

Alles was entsteht und vergeht, kann nicht die Wahrheit sein! Wer aber nimmt Entstehen und Vergehen wahr? Wer nimmt das kommen und gehen der Gedanken wahr? Kann es etwas anderes sein als Du selbst? Das "ich", als Zusammenspiel von Körper, Gedanken, Gefühlen, Wahrnehmung und Bewusstsein, für das Du dich gehalten hast, ist nur ein Film, entstehend aus dem Zusammenspiel von Ursache und Wirkung!

 

Der Beobachter ist die Konstante, die sich all der Bewegung, der Vergänglichkeit und des Films namens "Meine Geschichte" gewahr ist!

 

Gleichzeitig kann der Beobachter aber nicht sich selbst beobachten! Er IST! Aber er sieht sich nicht... Alles was wahrgenommen wird, ist deshalb zwangsläufig nicht DAS! Nicht DU!

 

Das war's! Das Leben läuft weiter im freien Fall! So wie vorher auch! Nur ist dieser Drang weg, irgendwas anders oder besser haben zu wollen. Du übergibst Dich voller Vertrauen an das Leben! Nicht mein Wille sondern Dein Wille geschehe! Völliges Loslassen und Geschehen lassen können was da kommt oder nicht kommt!

 

Du lebst nicht mit dieser Wahrheit. Du bist diese Wahrheit! Durch das Erkennen, dass es da kein substanzhaftes, aus sich selbst heraus existierendes Ego gibt, geschieht Auflösung der Identifikation ganz natürlich. Niemand da, der irgendwas löst!

 

Nichts passiert aus dem Ego! Weder vorher noch nachher! Die Illusion besteht darin, dass Du Dich/das Ego für den Handelnden hältst! Aber in Wahrheit geschieht alles von Augenblick zu Augenblick im freien Fall. Vielleicht könnte man sagen, dass alles aus der Quelle selbst heraus geschieht.

 

Der Wunsch ES zu erreichen ist gleichzeitig der Grund damit ES geschehen kann und der Grund warum es nicht geschieht!

Die Tränen der Erleuchteten

Einst antwortete ein Erleuchteter, als er von einem Schüler gefragt wurde, ob er denn noch Wünsche hätte:

 

"Nein" und lachte 3 Tage lang über die Frage.

Der Schüler erzählte dies seinen Schülern und einer seiner Schüler ging in die Welt und lehrte seinen Schülern: "Ihr dürft nicht wünschen, denn dies ist der Weg zur Erleuchtung."

 

Seitdem verurteilen sich Unmengen von Menschen für ihre Wünsche, reissen sich die Haare einzeln aus und sagen: "Du böser, böser Wunsch, verschwinde!" und schlagen sich die Wünsche aus dem Kopf.

 

Und wenn sie an ihren erschlagenen Wünschen noch nicht gestorben sind und im Kampf gegen das formwandelnde Ego nicht gefallen, dann wundern sie sich wahrscheinlich darüber wie wunschlos unglücklich sie sind.

 

Dann gibt es da aber noch erschwerte Fälle, die sich im Zwiespalt befinden, denn einerseits verurteilen sie sich für die Wünsche, die sie ja nicht haben dürfen, hatten aber das Pech einem Schüler eines anderen Lehrers begegnet zu sein, der ihnen erklärte, dass sie sich keinesfalls verurteilen dürfen, worauf sie sich verurteilen, dass sie sich verurteilen und sich wünschen sich nie etwas gewünscht zu haben, bis sie die Erlösung im "Du musst verzeihen" finden.

 

Und wenn sie das nicht können, dann fühlen sie sich als Versager, unwert zu leben und unwert jeglicher Erleuchtung, bis sie den nächsten Schüler treffen, der ihnen sagt, sie müssten sich lieben, genau so wie sie seien usw.

 

Als ich das Dilemma sah, beschloss ich den Erleuchteten aufzusuchen, ihm eine unvollständige Liste der sogenannten Ge- und Verbote, die ich gesammelt hatte, vorzulegen, um ihn nach der Richtigkeit zu fragen.

 

Schon bei den ersten Worten begann es leise in seinem Gesicht zu zucken, und es schien mir, als bekäme er einen Lachanfall, doch siehe da, er weinte, deutete schluchzend noch auf einen Baum und sagte. "Siehe, ich bin der ich bin."

 

Vom Baum aber fiel in dem Moment ein Apfel mir direkt auf den Kopf. "Strafst du mich nun für meine Fragen, Meister?" fragte ich ihn. Er aber schüttelte nur sein Haupt und weinte noch mehr.

 

Unbekannter Autor

 

Warum ich Zen praktiziere

Die Antwort auf die Frage "Warum ich Zen praktiziere" ist genau die selbe Antwort wie auf die Frage "Was bringt mir Zen?" In letzter Instanz ging es nie darum, etwas zu erhalten oder durch die Meditation zu erlangen. Vielmehr geht es um die Frage was Zen nimmt und was Dich schlussendlich laut auflachen lässt, da es nie etwas zum festhalten gab. 

 

Natürlich kann man das nach 20 Jahren Zen Praxis leicht sagen. Zunächst fangen wir alle mit Zen an, weil wir etwas erwarten. Der eine sehnt sich nach besserer Gesundheit oder Konzentration, der andere möchte seinem Leben einen spirituellen Anstrich geben. Und wieder andere suchen nach der großen Erleuchtung, wie sie einst Buddha erlebt haben soll. Ich gehörte ganz klar zur letzten Gruppe.

 

Heute nach fast 20 Jahren Zen Praxis auf dem Kissen und im Alltag fällt es mir schwer, mich in die Person hinein zu versetzen, die ich damals war. Ganz klar war, dass irgendetwas in meinem Leben fehlte. Da war so ein unbestimmtes Gefühl von Mangel, dass sich auch im späteren Berufsleben durch materielle Gegenstände oder die Gründung mehrerer Firmen nicht reduzieren ließ. Ganz tief innen drin war ein sehnen nach der Wahrheit, was auch immer das sein soll.

 

Manchmal erinnere ich mich an die Metapher von Gott, der angefangen hat mit sich selbst verstecken zu spielen. Gott hat dieses Spiel so gut gemacht, dass er vergessen hat, dass er nur spielt. Und so hat er sich selbst vergessen. Was ist eigentlich dieses "Ich" von dem wir alle täglich sprechen? Wer oder was hört, wenn draußen die Vögel zwitschern. Wer oder was sieht den Sonnenaufgang? Wer fühlt das Gefühl des Sitzens auf diesem Stuhl, während die Finger über die Tastatur tanzen?

 

Zen ist in erster Linie ein Weg zu uns selbst und lehrt uns einen bewussten und achtsamen Umgang mit dem Leben. Die Verbundenheit durch das göttliche Prinzip des wechselseitigen Entstehens führt zu einem tief empfundenen Frieden und Mitgefühl mit allen Wesen. Doch so wie sich die Augen nicht selbst sehen und nur mit Hilfe eines Spiegels betrachtet werden können, so benötigen wir die stillen Momente der Achtsamkeit, um uns selbst besser kennen zu lernen.

Was ist ZEN?

Wenn es eine Wahrheit gibt, die für jeden Menschen gilt, dann ist es die Wahrheit, dass wir alle Leiden vermeiden und Zufriedenheit sowie persönliche Erfüllung erhalten wollen.

 

Doch wir alle suchen in Wirklichkeit nach etwas, dass wir nie verloren haben. Denn wie könnte man etwas verlieren, das man selbst ist? Wenn die Illusion „Ich“ durchschaut wird, werden alle leidschaffenden Illusionen durchschaut und der Mensch erkennt sein wahre Natur deren Ausdruck im Körper-Geist-System die alles umfassende Liebe, dauerhafter Frieden und unbegrenzte Freude ist.

 

Alle Vorstellungen davon, dass es da jemanden gibt, der eine freie Wahl hat oder etwas tun muss um glücklich zu sein, verhindern das Erkennen der wahren Natur unseres Seins.

 

Die Frage ist weniger wo Du suchen musst, sondern vielmehr eine Frage von wo aus Du schon immer gesucht hast. Was Du als „Ich“ bezeichnest, ist nur ein gedankliches Konstrukt.

 

Doch so wie der Herzschlag, der Stoffwechsel und die Verdauung von Augenblick zu Augenblick geschehen, ohne das Du etwas tun musst, geschieht auch Denken ganz ohne einen Jemanden, der etwas tut. Diese Erkenntnis ist Befreiung.

Mumons ZEN Warnungen

Regeln und Vorschriften befolgen heißt, sich selber binden ohne Strick. Spontan und schrankenlos handeln ist teuflisch und ketzerisch. Nur auf das Innere zu achten, um es zu reinigen und in der Stille zu verschwinden, ist das falsche Zen des stummen Leuchtens. Wer ursächliche Zusammenhänge willkürlich ignoriert, gerät in eine tiefe Fallgrube. In der absoluten Klarheit ohne jede Dunkelheit zu verweilen, heißt ein Joch mit Ketten tragen. An Gutes oder Böses denken, heißt in Himmel und Hölle sein. Vorstellungen über Buddha oder Dharma hegen, heißt in zwei eisernen Bergen gefangen sitzen. Des aufkommenden Bewusstseins sofort innewerden, heißt die Geisteskraft verplempern. Im stillen Sitzen bloß Konzentration zu üben, ist Teufelswerk. Wer strebsam vorwärts geht, verfehlt den Kern der Sache. Wer rückwärts geht, veruntreut den Zen-Geist. Wer weder vorwärts noch rückwärts geht, ist ein atmender Leichnam. Nun sagt mir, was ihr tun wollt! Bemüht euch mit letzter Kraft, in diesem Leben vollkommene Erleuchtung zu erlangen! Und bleibt nicht ewig in eurem Unglück hocken!

 

Mumons Zen-Warnungen (Zitat Mumonkan, Kösel Verlag)

 

Welch erheiternde Worte der Warnung

treffsicher und mitten ins Ziel.

Hat der alte Schelm am Ende

doch noch mal Verwirrung gestiftet.

Wer die Oberfläche durchstößt

spricht nicht mehr von Erlangen,

noch von Glück oder Unglück.

 

Hei San

 

"Ein Donnerschlag bei klarem, blauem Himmel.

Alle Wesen auf Erden haben ihre Augen geöffnet.

Aller Welten Dinge haben sich sogleich verneigt.

Und der Berg Sumeru springt auf und tanzt."

 

www.mumon.de

Was ist das wesentliche Koan des Zen?

Mit dreiundzwanzig Jahren begegnete Wanshi ZEN-Meister Tanka Shijun. Dieser Meister fragte ihn:

 

„Was ist dein wahres Ich vor dem Kalpa der Leere?“ Das bedeutet: Was ist die Essenz deiner Existenz jenseits deines beschränkten Egos?

Diese Frage wurde offensichtlich nicht nur Wanshi gestellt. Sie ist das wesentliche Koan unserer Praxis. Wanshi antwortete:

 

„Ein Frosch am Grund des Brunnens verschluckt den Mond. Um Mitternacht leihe ich keine Laterne aus.“ Tanka schlug ihn, während er erwiderte: „Du sagst, dass du nicht ausleihst?“ Und Wanshi erwachte.

 

Tanka fragte: „Warum sagst du nichts?“ Wanshi antwortete: „Heute habe ich Geld verloren und ich wurde bestraft.“ Tanka schloss: „Ich habe keine Zeit, um dich zu schlagen.“

 

Das bedeutet: Ich brauche dich nicht mehr schlagen. Später erhielt Wanshi das Shiho von Meister Tanka. Er ließ sich im Kloster des Tendo-Bergs nieder, Tendo San, wo Meister Dogen ein Jahrhundert später Meister Nyojo traf.

 

Der Frosch am Grund des Brunnens seid ihr und ich hier und jetzt. Wie kann er den Mond verschlucken?

Logisch betrachtet ist dies nicht möglich, aber wenn wir den Geist aufgeben, der Trennungen schafft, der sich als klein ansieht, wo der Mond doch so groß ist, der sich hier sieht, wo der Mond dort ist, der denkt, dass die Buddha-Natur etwas ganz anderes als man selbst sei, wenn wir diesen Geist aufgeben, dann brauchen wir nicht einmal mehr den Mond verschlucken, wir brauchen ihn nicht ergreifen zu wollen, weil er es ist, der auf uns zu kommt.

 

Jeder muss dies selber realisieren. Selbst wenn wir die Laterne von jemand anderen borgen, muss am Ende jeder selber in der Lage sein, sein eigenes Leben zu erhellen, genauso wie Tokusan, dessen Laterne Ryutan löschte, als er sie ihm zeigte.

 

Obwohl die Essenz des Zen in unserer Zazen-Praxis vollständig enthalten ist, helfen uns das Beispiel und die Unterweisung der alten Meister den wahren Sinn unserer Praxis zu offenbaren.

 

Selbst wenn wir uns zeitweise von ihnen ihre Laternen borgen, haben wir es doch nicht nötig, irgendetwas auszuleihen, wenn wir zur Erfahrung, die sie weitergegeben haben, zurückkehren.

 

Und selbst wenn man Geld verliert, ist man dennoch nicht arm.

 

ZEN-Meister Roland Yuno Rech

 

Das höchste Ziel

Der Sinn des Lebens

Das höchste Ziel des Menschseins, ist die stille Zufriedenheit des Seins. Was meine ich damit? 

Egal welche Ziele ein Mensch verfolgt, ob es sich dabei um materielle oder spirituelle Ziele handelt, schlussendlich geht es immer nur um eine Sache: 

Er möchte inneren Frieden und Freude erfahren. Nehmen wir zum Beispiel meinen besten Freund, der selbst nicht Zen oder einen ähnlichen spirituellen Weg praktiziert. 

Vor kurzem erzählte er mir, dass er sein Abendstudium zum Betriebswirt beendet und nun in der Firma so richtig Gas geben will. Ich fragte ihn aus welchem Grund er das wolle und ob es ihm, wie allen Menschen, doch schlussendlich nicht um das eine große Ziel des Menschen in Form des inneren Friedens oder der inneren Zufriedenheit gehen würde. 

Er antwortete mir, dass er viel Geld verdienen und reich werden wolle. Ich ließ nicht locker und fragte weiter, warum er viel Geld verdienen und reich werden wolle. So kamen wir von „dann kann ich mir einen teuren Sportwagen leisten“ zu „dann kann ich richtig schnell damit fahren“ zu „das gibt mir einen richtigen Kick“ zu „dann fühle ich mich richtig frei“ zu „Ich möchte Zufriedenheit und Freude erleben“. 

Also, das höchste Ziel eines jeden Menschen ist innere Zufriedenheit. Das phantastische daran ist, dass wir dieser Frieden bereits sind. 

Es ist als wäre die Suche nach diesem Frieden, der wir sind, in unserem System angelegt. Jeder Mensch sucht danach, was er in Wirklichkeit schon ist. 

Es ist, als gehörte diese Sehnsucht zum göttlichen Plan, damit wir alle zurück finden zu dem, was wir schon immer waren. Wie eine Art inneres Navigationssystem, dass uns zurück ruft. 

Doch aus irgendeinem Grund, fing der Verstand an diese Sehnsucht mit allerlei Wünschen zu interpretieren. 

Doch jeder Wunsch, den wir an der Oberfläche wahrnehmen, lässt sich in der Tiefe bis zu dieser Sehnsucht nach Zufriedenheit zurückverfolgen. 

Wenn der Mensch dies erkennt, kann er aufhören, den oberflächlichen Wünschen nachzujagen. Stattdessen reicht es aus, zu erkennen, dass wir schon sind was wir suchen. 

Auf diese Weise können wir das Leben in Gelassenheit, Ruhe und Gleichmut leben. Und sollte uns langweilig werden, können wir noch immer dem ein oder anderen Wunsch hinterherlaufen. Nur so zum Spaß. 

Aus dem Buch "ZEN - Erleuchtung und andere Missverständnisse

Kostenloser Download auf www.heisan-zen.de

Auf dem Rummelmarkt

Das Karussel (Karl Renz)

 

Willkommen! Willkommen auf dem Jahrmarkt! Wie ich sehe, sitzt du schon auf dem Karussel! Toll, wie du fährst! Du hast einen schnittigen Wagen. Du hast ein Gaspedal. Du kannst sogar bremsen. Aber vor allem hast du ein Lenkrad. Damit kannst du mächtig kurbeln, und das tust du auch. 

 

Komischerweise geht es immer nur im Kreis. Du lenkst nach links und nach rechts und bremst und tust, aber es geht immer nur in eine Richtung.

 

So lenkt dein Ich. Das sogenannte Ego. 

 

Es lenkt nach links, es lenkt nach rechts, und ist nicht immer ganz zufriedenmit dem Ergebnis. "Ich sehe mal nach den anderen", denkt es. "Wie fahren denn die? Wie stellt der da drüben sich an?" 

 

Der legt sich entschieden mehr in die Kurve. Das machst du nun auch. Aber es geht weiter im Kreis. Ab und zu hält das Karussell. Kurze Pause. Die Tibeter nennen es " Bardo". Dann suchst du dir ein anderes Fahrzeug. "Vielleicht nehme ich auch mal das Pferd. Jetzt reite ich mal `ne Ecke. 

 

Wahrscheinlich ist das meine Bestimmung!" Sehr klug von dir. Oder richtig weise: Du nimmst den kleinen Roller, weil du nach all den ermüdenden Runden voller Demut und Bescheidenheit bist. 

 

Ja, dein Ich ist bei all der Kurbelei mächtig gereift. Und wenn du mal zufällig in die gleiche Richtung lenkst, wie das Karussell fährt, kannst du endlich triumphieren: "Wow, das habe ich aber gut gemacht! Ich glaube, jetzt habe ich es raus!" 

 

Nun hast du entdeckt, wie die ganze Sache funktioniert. "Ich habe voll die Kontrolle, seht mal her!" Du befindest dich in Harmonie mit dem Kosmos, in Übereinstimmung mit der Schöpfung. Ein derartig stimmiges Ich lenkt genau so, wie das Karussell fährt. "Seht doch mal, wie ich lenken kann! Das ganze Karussell bewegt sich, weil ich so lenke! Hier, ich, hierher sehen!" 

 

Wenn du die Kunst so unvergleichlich beherrscht, kannst du sogar den anderen sagen, wie sie fahren müssen. "So müßt ihr`s machen! Wie ich!" Jetzt bist du ein voll erwachter Fahrer. "Ihm nach", rufen ein paar andere begeistert. Am besten, du übernimmst gleich den Bus: "Alle bei mir einsteigen und hinter mich setzen! Ich bin eins mit dem Karussell!" 

 

Dann bist du ein Guru. Wenn du mehr im Stillen wirken willst, kannst du natürlich auch andere wichtige Aufgaben übernehmen, zum Beispiel das Feuerwehrauto fahren. Oder den Krankenwagen. Oder du fährst einfach hinter dem Krankenwagen her, sicherheitshalber.

 

Wichtig bei alledem ist nur, daß du den Überblick behältst. Dass du im richtigen Moment Gas gibst und im richtigen Moment bremst. Und vor allem, dass du mit größtem Gechick lenkst. 

 

Das hilft allen. So hältst du nicht nur dein Fahrzeug perfekt auf dem Weg. Du trägst zur gelungenen Fahrt des gesamten Karussells bei! Wenn nur jeder so fahren würde! Du hast alles im Griff.

 

Bis du einmal versehentlich den Lenker loslässt. Nanu! Jetzt wunderst du dich. Es geht ja auch von allein! Das Ding fährt von selbst! Stimmt. 

 

Es fährt selbst. Das Selbst fährt. Du brauchst dich nicht anzustrengen. Du kannst dich zurücklehnen und genießen.

Es geht immer direkt ins Glück.

Hannya Shingyo Teil 6

Der letzte Abschnitt des Hannya Shingyo beschreibt, wie wichtig diese Lehre für den Suchenden ist und wie sie angewendet wird: 

 

„Man muss daher verstehen, dass diese Weisheit die große universale Lehre ist, die große, glänzende, höchste und unübertreffliche aller Lehren, die unvergleichliche Lehre, die alles Leiden beendet, denn in der echten Wahrheit gibt es keinen Irrtum. Und deshalb besagt die Lehre von der Höchsten Weisheit: “Lasst uns darüber hinaus gehen, alle gemeinsam, darüber hinaus und noch jenseits des Darüber-Hinaus, an das Ufer des Satori.” 

 

Wie wird jemand zum Suchenden? In unserer Kindheit leben und spielen wir von Augenblick zu Augenblick. Es gibt keine Gedanken, die uns beeinflussen oder hindern! Die Identifikation mit dem denkenden Verstand, hat sich noch nicht so verfestigt. 

 

Wenn wir Hunger haben schreien wir, wenn wir spielen, spielen wir. Es besteht nicht die Notwendigkeit nach irgendetwas zu suchen, da wir in der natürlichen Nicht-Getrenntheit leben. 

 

Dann irgendwann erkennen wir in unserer Bezugsperson, im Regelfall Mutter und Vater, ein anderes Individuum und erkennen uns selbst plötzlich als getrennt von allem anderen. 

 

Aus dieser Erkenntnis entwickelt sich das scheinbare Ego, das verletzt werden kann und das beschützt werden muss. Wir handeln plötzlich im Begreifen von „Ich“ und „Mein“ und die leidvolle Täuschung in Form der Identifikation beginnt. 

Je älter wir werden, desto stärker wird das Gefühl getrennt zu sein und diesen „Jemand“, für den wir uns halten, beschützen zu müssen. 

 

Doch diese Illusion der Trennung muss zwangsläufig Leiden nach sich ziehen. Denn selbst wenn es uns so richtig gut geht, wollen wir diesen Zustand behalten und haben unterschwellig Angst das positive Gefühl, den Partner oder was auch immer, wieder zu verlieren. 

 

So begeben wir uns auf die Suche nach der Einheit. Zunächst vielleicht noch im materiellen oder immateriellen Bereich, wie zum Beispiel ein teures Auto oder Erfolg im Beruf. 

 

Doch wenn wir erkennen, dass uns diese Dinge niemals dauerhaft befriedigen können, suchen wir im religiösen, esoterischen oder spirituellen Bereich nach der Lösung für das Leiden, das darin besteht, dass wir uns getrennt fühlen. 

Doch erkennen viele Menschen das Leiden gar nicht als Leiden. Sie haben aufgegeben und denken, dass das leidvolle und unbefriedigende Dasein nun einmal das Leben ist. 

 

Es gibt aber einige wenige, die sich damit nicht zufrieden geben wollen und einen Weg suchen, dauerhaften Frieden, den sie glauben verloren zu haben, wieder zu finden. 

 

Aber: dieser Frieden und die freudige Gelassenheit sind immer gegenwärtig. Wenn wir aufhören zu suchen, zeigen sie sich ganz von allein als unsere wahre Natur. 

 

Ganz still und leise sind sie, weshalb wir sie im Alltag, durch die uns umgebenden Ablenkungen, völlig überhören. Jedoch kann uns der konditionierte Verstand, mit all seinen Vorstellungen, Meinungen und Denkgewohnheiten, nicht helfen unser wahres Selbst zu finden! 

 

Denn die Identifikation mit diesem, sich verselbständigendem Ego-Verstand, ist es ja gerade, die uns in der Trennung und damit im Leiden hält. So sagt das Mantra oder die Affirmation am Ende dieses Textes: „Lasst uns darüber hinaus gehen, alle gemeinsam, darüber hinaus und noch jenseits des Darüber-Hinaus, an das Ufer des Satori.” 

 

Wir müssen über alle Erkenntnisse, die wir glauben gemacht zu haben, hinaus gehen, um das Satori zu verwirklichen. Sobald wir glauben etwas verstanden zu haben, können wir mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass es „das“ nicht ist! 

 

Erst wenn wir erkennen, dass es da kein Gefängnis und rein gar nichts zum festhalten gibt, geschieht Loslassen ganz von allein. 

 

Wir gehen an das Ufer des Satori, da wir von da an einfach mit dem Fluss der Leerheit und des Satori mit fließen. Wir können aufhören zu tun und zu machen und die Dinge einfach ihren Lauf nehmen lassen. 

 

Selbstverständlich heißt das nicht, sich nicht zu engagieren oder sein Mitgefühl mit allen Wesen auszudrücken. Der nihilistische Gedanke „Dann hat ja alles gar keinen Sinn!“ ist nur ein vom Ego-Verstand produzierter Gedanke und hat mit unserem wahren Sein nichts zu tun. 

 

Wir müssen darüber hinaus gehen und erkennen, dass wir, egal wer wir sind, unseren Platz in diesem göttlichen Spiel haben. Wir müssen endlich ganz und gar erwachsen und selbstständig werden und mit Hilfe unserer Intuition uns dem Leben völlig anvertrauen. 

 

Wir springen in den Fluss des Satori und es bleibt kein „Jemand“ mehr übrig, der etwas für sich selbst tut. Alles geschieht, wenn es geschieht, weil es geschieht. Es gibt nichts zu tun und niemanden der etwas tun könnte. Und doch gibt es die scheinbare Sebstverantwortung und das Mitgefühl mit allen Wesen, die durch die Illusion und Täuschung noch in Ihrem Leiden gefangen sind. 

Ein Zen Gedicht

Der Erfahrung der höchsten Wahrheit anzuhaften oder die Identifikation mit der durchschauten Täuschung aufrecht zu halten, beides führt zu Illusion und Leiden. 

 

Den Verstand mit dem Verstand verstehen zu wollen ist wie der Versuch, Feuer mit Feuer zu löschen oder das Meer mit Wasser zu trocknen.

 

Das Messer kann sich selbst nicht schneiden und die Waage sich selbst nicht wiegen. Doch die Augen können sich selbst in einem Spiegel sehen und erkennen. 

 

Ryokan schrieb keine Gedichte, Dogen kam von China nie zurück. Geleitet durch das Unbeschreibare, geht jedes Phänomen seinen Weg. 

 

Die Pflaume ist vom Baum gefallen, da sie schon lange reif war. Aber die Verbundenheit mit den Wurzeln bleibt bestehen. 

 

Der Fluss des Lebens verzweigt sich in viele Nebenflüsse bis er ins Meer fließt. Aber die reine Quelle strömt im ewigen Augenblick. 

 

Kehre zurück zur Quelle und lass Dich nicht von Bächen und Tümpeln in die Irre führen. Bedenke die Wurzel, wenn

im Herbst die Blätter von den Zweigen fallen. 

 

Wenn auch nur einer unter Tausend die Tiefe hinter den Worten versteht, sind die Verdienste unermesslich. Wenn sich nur einer befreit, sind alle Wesen frei. 

 

Der Weg des Zen, ist ein Weg zu Dir selbst

 

Die Erfahrung der höchsten Wahrheit ist das Erkennen, dass es so etwas wie ein aus sich selbst heraus existierendes „Ich“ nicht gibt. Es gibt Gedanken, Gefühle und Wahrnehmung, aber all diese Dinge geschehen, wie die Verdauung und der Herzschlag, ganz ohne ein „Ich“, das etwas tun müsste damit es geschieht. 

 

Wenn wir uns aber nach einer solchen Erfahrung wieder auf das Spiel der Gedanken einlassen, findet erneut eine Identifikation mit dem Ego-Verstand statt. Wir können niemals wissen was wir sind. Wir können nur tief erfahren, was wir nicht sind. 

 

Die Identifikation mit dem Ego-Verstand und diesem Körper-Geist-System ist die Wurzel aller Täuschung. Das was wir sind, ist die Quelle des Sein, der Stille Beobachter hinter allem Wandel. Doch kann sich Gewahrsein nicht selbst gewahr sein, so wie sich ein Messer nicht selbst schneiden kann, weil es eins ist.

 

Ryokan war ein berühmter Zen-Meister, dessen Gedichte auch schon zu Lebzeiten hoch geachtet und anerkannt waren. Zen-Meister Dogen war es, der im Jahr 1227 von Japan nach China reiste, um den wahren Buddhismus zu suchen. Dort stieß er auf das Chan, das nach seiner Rückkehr nach Japan, den Namen Zen bekam. 

 

Doch das gehört zur Ebene der relativen Wirklichkeit, in der die Dinge getrennt und unterschiedlich zu sein scheinen, der Ebene von Shiki. 

 

Aus der Sicht der höchsten Wahrheit, aus der Sicht von Ku, geschehen alle Dinge nur durch wechselseitige Abhängigkeit und es gab niemanden, der Gedichte schrieb oder eine Reise nach China unternommen hat. 

 

Das ganze Universum hat Anteil an den Gedichten Ryokans und der gesamte Kosmos begab sich auf eine Reise. Vom Standpunkt der höchsten Weisheit aus gesehen, gibt es keine Trennung. 

 

So kann auch die Pflaume niemals die Verbundenheit mit der wahren Wurzel allen Seins verlieren. Die Pflaume fällt vom Baum, wenn die Zeit dafür reif ist. Die Reife der Pflaume zeigt sich in Ihrer ewigen Vollkommenheit. 

 

In der Einleitung zu diesem kleinen Büchlein, bin ich bereits auf die Geschichte von Baso und Daibai eingegangen. „Die Pflaume ist reif!“ bedeutet, dass Daibai sein wahres Wesen geschaut und die Identifikation mit der Täuschung aufgegeben hat. 

 

Er hat seine eigene Natur gefunden und selbst wenn sein Lehrer seine Lehre ändert, bleibt Daibai bei der von ihm erkannten Wahrheit seines eigenen Wesens. 

 

Diese Wesensnatur, ist das Wesen aller Menschen. Es gibt in jedem Phänomen den Aspekt von Form und Wesens. Ein Fluss kann viele verschiedene Formen annehmen bevor er ins Meer fließt: mal fließt er schnell, mal fließt er langsam, mal rechts herum, dann links herum, mal breit, mal schmal. Doch sein Wesen ist das Wasser. 

 

Das Wesen des Wassers ist Leerheit. Das ist die reine Quelle von der alles ausgeht. Zu dieser Quelle zurück zu kehren bedeutet, die Nebenflüsse, Tümpel und Bäche als den Ausdruck der Quelle, aber nicht als die Quelle selbst zu erkennen. 

 

Und doch gibt es keine Trennung zwischen Quelle und Fluss, zwischen Fluss und Wolken, zwischen Wolken und Regen usw. Wer zu dieser Erkenntnis durchdringt, sieht die Welt mit anderen Augen. 

 

Es ist ihm nicht mehr möglich, nicht in allem was ist, Gott zu erkennen. Selbst in den Dingen, die unser Verstand nicht mag und ablehnt, erkennen wir die eine höchste Wahrheit des Seins. 

 

Wir erkennen die Wurzel allen Seins in dem göttlichen Prinzip der Leerheit. Im Zen sagt man, dass nur einer unter Tausend Schülern das Erwachen verwirklichen kann. 

 

Das liegt vermutlich daran, dass nur einer unter Tausend die tiefe Sehnsucht nach wirklicher Befreiung in sich trägt. 

 

Wer wirklich frei sein will und bereit ist dafür zu sterben, wird die Erleuchtung verwirklichen. Aber was stirbt, ist die Identifikation mit etwas, das wir nicht sind und nie waren. 

 

Was stirbt ist die Illusion unseres Verstandes, irgendetwas tun zu müssen, um tiefen Frieden und stille Freude zu erfahren. Wenn einer unter Tausend erwacht, bedeutet das aber auch, dass der Weg weiter gegeben wird wie es schon seit über 2.500 Jahren geschieht. 

 

Aus diesem Grund jubelt das Universum wenn ein Mensch das Erwachen verwirklicht und bereit ist, es mit allen Wesen zu teilen. Das Erwachen geschieht niemals allein. 

 

Gemeinsam mit allen Wesen verwirklichte Buddha das Erwachen als er den Morgenstern erblickte. Das Gefühl des unbegrenzten Friedens und der Solidarität mit allem was ist, ist der Ausdruck unseres wahren Wesens, auf der Ebene der relativen Wirklichkeit. 

 

Aber wir dürfen diesen Ausdruck nicht mit unserem wahren Selbst verwechseln und anfangen uns an diesen Frieden zu klammern. 

 

Wir müssen ein für allemal erkennen, dass wir diesen Frieden niemals erlangen können. Denn wir sind bereits dieser Frieden. Es gibt nicht uns und diesen formlosen Raum des Friedens, in den wir eintauchen. Wir sind dieser Raum unbegrenzten Friedens. Wir können diesen Frieden niemals verlieren, weil wir selbst dieser Frieden sind! 

Hannya Shingyo Teil 5

Im fünften Teil des Hannya Shingyo geht es nicht um das Ziel der Praxis, sondern darum, was hier und jetzt innerhalb der Praxis verwirklicht werden kann: 

 

 

„Dank dieser Weisheit, die über all dies hinausführt, gibt es für den Bodhisattva weder Angst noch Furcht. Alle Illusionen und jegliches Haften und Festhalten sind beseitigt, und er kann das höchste Ziel des Lebens, das Nirvana, erreichen. 

 

Alle Buddhas der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft erlangen durch diese Lehre das Verständnis der höchsten Weisheit, das höchste Satori.“ 

 

Der Mensch, als Gefangener seiner Illusion, ein von den anderen getrenntes und unabhängiges „Ich“ zu sein, verliert jede Angst vor seiner Vergänglichkeit und erkennt sein wahres Selbst, das ungeboren und unsterblich ist. 

 

Wer könnte etwas gewinnen oder verlieren, wenn das vermeintliche „Ich“ nur eine Täuschung ist? Das nicht mehr Anhaften müssen an angenehmen und das Ablehnen von unangenehmen Umständen, führt zur Freiheit gegenüber dem Ego-Verstand mit dem wir uns identifizieren. 

 

Buddha ist, wer diese Wahrheit erkannt und im Leben integriert hat. Alle Buddhas erfahren das Erwachen durch diese, im Grunde simple Erkenntnis. 

 

Doch bis zu diesem Erwachen, bleibt die Wahrheit komplex und paradox, da der Ego-Verstand versucht, sie in ein Konzept zu packen. 

 

Doch wir sind nicht der Ego-Verstand. Das was wir sind, können wir allerdings auch nicht wahrnehmen und müssen es auch nicht. Denn das Messer kann sich selbst nicht schneiden und eine Waage nicht ihr eigenes Gewicht wiegen. 

 

Die Augen aber, die alle möglichen Dinge sehen können außer sich selbst, können sich in einem Spiegel sehen und erkennen. 

 

Dieser Spiegel ist, für unser Bewusstwerden über die wirkliche Natur der Dinge, die stille Praxis der Achtsamkeit wie sie seit 2500 Jahren von Meister zu Schüler, von Mensch zu Mensch und von Herz zu Herz weitergegeben wird. 

 

Aus dem Buch „Der Geschmack des Schattens einer Pflaume“

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Wie wir Leiden transformieren

Warum leiden wir?

 

Wenn hier von Leiden gesprochen wird, ist nicht die Rede von Schmerzen oder Krankheit. 

 

Buddha sprach vom Leiden als einem Zustand, indem wir getrennt sind von dem was wir wollen oder vereint sind mit dem was wir nicht wollen. 

 

Er nannte die drei Geistesgifte "Gier, Hass und Verblendung" als Ursache des Leidens. Im übertragenen Sinne Anhaftung an das, was wir wollen, Ablehnung von dem, was wir nicht wollen und die Identifikation mit dem Körper-Geist-System als Grundlage der erstgenannten.

 

Woran wir aber in Wahrheit leiden ist nicht die Sache an sich. Es ist immer nur die Idee oder Vorstellung, dass die Situation, der körperliche oder geistige Zustand in dem wir uns befinden anders, schöner, irgendwie besser sein sollte, als er ist. 

 

Durch die Spannung zwischen dem wie es ist und der Vorstellung des Ego-Verstandes wie es sein sollte, entsteht Leiden. Könnten wir die Vorstellung wie es sein sollte, ja wie es sein müsste, für einen Augenblick fallen lassen, ist da keine Spannung mehr. 

 

Ohne diese Spannung wären wir in Frieden mit dem Augenblick - einfach wirklich eins mit dem Augenblick Hier-Jetzt.

 

Die meisten Menschen verbringen ihr Leben im Leiden. In permanenter Spannung zwischen dem was ist und dem was sein könnte.

 

Da wir uns, und oft ausschließlich, für den Ego-Verstand halten, völlig identifiziert sind, sind es "meine" Ideen, "meine" Vorstellungen von richtig und falsch, "meine" gedanklichen Konzepte wie die Welt zu sein hat.

 

Wenn sich die Identifikation mit dem Ego-Verstand aufzulösen beginnt, zum Beispiel durch die Praxis von Zazen, lösen sich auch die gedanklichen Konzepte auf.

 

Sie erhalten keine Macht mehr, werden als Illusion erkannt und es kann wahre Freiheit verwirklicht werden oder besser:

 

Freiheit verwirklicht sich selbst!

 

Das Selbst erwacht zu sich Selbst und sieht die Welt, vielleicht zum ersten Mal, wie sie wirklich ist. 

 

Nicht dass wir als Person dann keine Schmerzen mehr wahrnehmen, Gefühle von Wut, Angst oder Trauer erfahren würden. Aber die Identifikation ist vorüber und so bleibt Wut Wut und Angst Angst.

 

Es ist nicht mehr "meine Wut". Ich ergreife das Gefühl nicht, ich verdränge das Gefühl nicht und so wird alles einfacher, leichter und friedvoll.

 

Leiden zieht vorüber wie Wolken am Himmel. Den Himmel stört es nicht, ob da viele Wolken oder wenige Wolken da sind. Der Himmel, völlig unberührt, bleibt immer nur der Himmel.

Hannya Shingyo Teil 4

Der Text geht weiter mit einer Reihe von Verneinungen: „Dort gibt es weder Wissen noch Unwissenheit, weder Illusion noch Auslöschung der Illusion, kein Altern, kein Tod, noch die Beseitigung von Altern und Tod, keine Ursache des Leidens, keine Auslöschung des Leidens, es gibt dort weder Erkenntnis noch Gewinn, noch Nicht-Gewinn.“

 

Buddha erklärte in seiner ersten Predigt, dass es vier Wahrheiten gibt, die er durch seine Erfahrung des Erwachens tief verstanden hatte. Dies sind „Die Wahrheit vom Leiden“ bezogen auf die Vergänglichkeit aller Existenzen in Form von Krankheit, Alter und Tod. Das Leiden bezieht sich aber auch auf alle Ereignisse die wir ablehnen und das getrennt Sein von dem, was wir lieben und behalten wollen. Eben auf die sich ständig verändernde Welt der Phänomene im Inneren und im Äußeren.

 

Die zweite Wahrheit bezieht sich auf die Ursache des Leides in Form von Unwissenheit. Die Unwissenheit und die damit verbundene Identifikation mit der Illusion eines „ich“ und dem daraus entstehenden Anhaften oder Ablehnen von bestimmten Ereignissen verursacht Leiden. Buddha nannte dies die drei Geistesgifte: Unwissenheit, Gier und Hass, also Anhaftung und Ablehnung.

 

In der dritten Wahrheit macht er darauf aufmerksam, dass wenn die Ursachen für das Leiden verschwinden, folglich auch das Leiden verschwindet. Mit dieser Wahrheit ließ er alle erkennen, dass es möglich ist, einen dauerhaften vom Leiden befreiten Zustand zu erreichen bzw. das schon immer vorhanden sein dieses Zustands zu verwirklichen. Er nannte dies Nirvana, was so viel wie „erlöschen“ bedeutet. Erlöschen der Illusion eines „Jemanden“, der irgendetwas erreichen oder erhalten muss, um glücklich zu sein.

 

Er erklärte in der vierten Wahrheit, dass es einen Weg gibt, der zum Erlöschen und damit zu einem bedingungslosen Verweilen in Freiheit vom Leiden, freudiger Gelassenheit und Ruhe führt.

 

Der oben genannte Textausschnitt bezieht sich auf diese vier edlen Wahrheiten und besagt, dass es in der undefinierbaren Leerheit diese vier Wahrheiten nicht gibt. Er verneint also die erste Predigt Buddhas und lehnt eine Erklärung durch Worte schlichtweg ab. Die höchste Wahrheit kann nicht mit Worten ausgedrückt oder durch den autonomen Verstand geklärt werden. Es ist die reine Erfahrung der Tatsache, dass es so etwas wie ein aus sich selbst heraus existierendes „ich“ nicht gibt.

 

Es gab nie einen „Jemanden“ der die Erfahrung der Erleuchtung gemacht hat. Aus diesem Grund rief Buddha bei seinem Erwachen aus: „Ich habe das Erwachen gemeinsam mit allen Wesen verwirklicht!“ und drehte bei seiner Predigt am Geierberg lediglich eine Blume zwischen seinen Fingern. Das war die eine unaussagbare Wahrheit des Augenblicks.

 

Aus dem Buch „Der Geschmack des Schattens einer Pflaume“

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Hannya Shingyo Teil 3

Wenn Du die ersten zwei Teile noch nicht gelesen hast, dann schau einfach hier auf der Seite oder in meinem Blog.

 

Der nächste Absatz beschäftigt sich damit, was Leerheit nicht ist und lautet wie folgt: „Sariputra, alles Dasein ist seinem Wesen nach leer, es gibt in ihm weder Geburt noch Vergehen, weder Reinheit noch Beschmutzung, weder Zunahme noch Abnahme. Daher gibt es in der Leerheit keine Form und keine Erscheinungen, nicht Augen noch Ohren, noch Nase, Zunge, Körper oder Bewusstsein, keine Farben, Töne, Gerüche, keinen Geschmack, nichts zu tasten, nichts zu denken.“

 

Es spricht weiterhin Avalokiteshvara zu Sariputra, also das Herz zum Verstand oder anders ausgedrückt das Mitgefühl und die Weisheit zum Intellekt und zum Wissen. Wenn alles leer von aus sich selbst heraus existierendem Sein ist, dann gibt es keine Ursache wie die Geburt, für das Dasein eines Kindes, sondern die Ursachen, die zu dieser Geburt geführt haben und die Ursachen dieser Ursachen beinhalten bereits das Potenzial des Kindes. Wenn wir die Ursache der Ursache zurückverfolgen kommen mir nirgendwo an! Das ist, was in diesem Text als Leerheit bezeichnet wird.

 

Aus diesem Grund gibt es innerhalb des Prinzips der Leerheit, also aus der Sicht der höchsten Weisheit, keine Geburt und keinen Tod. Da es kein aus sich selbst heraus existierendes „Ich“ gibt und die Dinge nur durch wechselseitige Abhängigkeit entstehen, gibt es keine Geburt, kein Werden und kein Vergehen. Mit „Reinheit noch Beschmutzung“ ist gemeint, dass es von diesem Blickwinkel aus kein richtig oder falsch gibt. Im Augenblick hier und jetzt, und das ist die einzige Wirklichkeit die real ist, entstehen die Erscheinungen und Phänomene durch ein Zusammenspiel verschiedenster Faktoren und Einflüsse. Jeder Augenblick ist vollkommen. Lediglich der unterscheidende und beurteilende Verstand erzählt uns eine Geschichte über falsch und richtig, bezogen auf unsere Konditionierungen und angelernten Denkmuster.

 

Alles ist in jedem Augenblick vollkommen! Mit „weder Zunahmen noch Abnahme“ ist gemeint, dass niemals etwas verloren geht. Es ist immer nur eine Umwandlung von einem zum anderen. Dies bestätigt die moderne Physik übrigens ebenfalls. Alles ist in Veränderung, aber dadurch wird das Universum nicht mehr oder weniger. Die Oberfläche des Ozeans ist ständig in Bewegung und es gibt kleine und größere Wellen. Aber der Ozean nimmt dadurch nicht zu oder ab.

 

Der Text führt weiter an, dass es, aus vorher genannten Gründen, in der Leerheit keine Formen und keine Erscheinungen gibt. Was wir als unabhängig und aus sich selbst heraus existierend wahrnehmen, ist im Grunde eine Illusion des Bewusstseins und nicht die Wirklichkeit. Ab hier kommen wir an einen Punkt, der nur durch die eigene Erfahrung des Erwachens tief verstanden werden kann. Aber, und darauf geht der Text weiter ein, gibt es innerhalb dieser Erfahrung niemanden der die Erfahrung macht. Es gibt nur die Erfahrung der Leerheit, die nicht mit den Sinnesorganen (Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körper oder Bewusstsein) erfahren werden kann und in der es die Sinnesobjekte (Farben, Töne, Gerüche, Formen oder Gedanken) nicht gibt. In dem Augenblick, wenn die Identifikation mit dem Körper, den Gedanken, dem Empfinden, der Wahrnehmung und dem Bewusstsein aufhört, erscheint die Wahrheit, die nie verborgen war. Das ist das offensichtliche Geheimnis. Das ist die Wahrheit des Seins.

 

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Hannya Shingyo Teil 2

Der nächste Abschnitt dieses Textes lautet: “Sariputra, die Erscheinungen sind nicht verschieden von Leerheit, und Leerheit ist nicht verschieden von den Erscheinungen. Die Erscheinungen sind Leerheit und Leerheit ist Erscheinung, und auch Empfindung, Wahrnehmung, Denken und Bewusstsein sind Erscheinung.”

 

Im Gegensatz zu Avalokiteshvara, ist die Existenz Sariputras, der einer der beiden Hauptschüler Buddhas war, geschichtlich belegt. Sariputra wurde, auf Grund seines herausragenden Verstandes und seiner intellektuellen Fähigkeiten sowohl vom Buddha selbst, als auch von den anderen Schülern, sehr geschätzt. So verkörpert Avalokiteshvara im Hannya Shingyo das Mitgefühl und Sariputra den Verstand oder Intellekt. Jede spirituelle Reise ist immer auch eine Reise vom Kopf zum Herzen bzw. zum Bauch. Oder anders ausgedrückt vom Denken zur Intuition und vom Wissen zur Weisheit!

 

Das oben genannte Wort „Erscheinungen“ wird oft auch als Phänomene, Formen oder Körper übersetzt. Es handelt sich dabei um alle sichtbaren und unsichtbaren Dinge die auftauchen und wieder verschwinden. Eben um alle Erscheinungen, die wahrgenommen werden können. In diesem Textabschnitt sagt Avalokiteshvara, als die Manifestation des Mitgefühls und der Weisheit, zu Sariputra, also dem denkenden Verstand, dass all diese Erscheinungen ihrem Wesen nach nur Leerheit sind. Gleichzeitig ist die Leerheit aber auch alle Erscheinungen. Es ist wie mit einem Blatt Papier: Ohne die Vorderseite kann die Rückseite nicht existieren. Ohne die Wasseroberfläche gibt es keine Tiefe.

 

Was aber ist die Leerheit, die selbst von vielen Buddhisten als Nichts verstanden wird? Bei dem Begriff der Leerheit handelt es sich um ein universelles Prinzip, dass durch die regelmäßige Praxis der stillen Meditation erfahren und tief verinnerlicht werden kann. Es ist das Prinzip des Entstehens in wechselseitiger Abhängigkeit, dass alle Erscheinungen entstehen und vergehen lässt. Es ist das Gesetz von Ursache und Wirkung. Alle Dinge erscheinen auf Grund der Ursache von anderen Dingen, die wiederum nicht aus sich selbst heraus entstanden sind. Nichts in diesem Universum entsteht aus sich selbst heraus. Leerheit bedeutet zum Beispiel, das Feuer nicht existieren kann ohne Sauerstoff und einen Brennstoff wie Holz. Jedoch entstehen Sauerstoff und Holz ebenfalls nicht aus sich selbst heraus. Holz benötigt einen Baum. Ein Baum benötigt Regen, Sonnenschein und einen guten Nährboden. Es benötigt Arbeiter, die den Baum fällen. Vielleicht benötigt es Transportmittel um das Holz zu transportieren. Wenn wir die Dinge auf diese Weise sehen und wahrnehmen, können wir das gesamte Universum in einem einzigen Regentropfen erkennen! Anstatt dieses Prinzip durch das Wort „Leerheit“ zu substantivieren, sollte man eher davon sprechen, dass die Dinge leer von Eigenexistenz sind. Sie sind leer von einem aus sich selbst heraus existierendem Sein. Und somit sind alle Erscheinungen Leerheit und die Leerheit gleichzeitig alle Erscheinungen.

 

Dieses universelle Prinzip trifft aber nicht nur auf die Erscheinungen im Außen zu. Wenn wir uns selbst genau betrachten und in der Meditation hinterfragen, was wir den eigentlich meinen, wenn wir von einem „ich“ sprechen, werden wir feststellen, dass auch Empfindungen, Wahrnehmungen, Gedanken und Bewusstsein im ständigen Wandel und leer von unabhängiger Existenz sind. In diesem Sinne gibt es kein „ich“, das aus sich selbst heraus und unabhängig von allem anderen existiert. Das ist die größte Weisheit und gleichzeitig die Einfachheit im transformieren allen Leidens!

 

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Hannya Shingyo Teil 1

 „Der Bodhisattva des großen Mitgefühls übt sich tief und gründlich in der höchsten Weisheit und versteht so, dass der Körper sowie alle Erscheinungen nur Leerheit sind und durch diese Erkenntnis befreit er sich von allem Leiden.“

 

Der Bodhisattva des großen Mitgefühls ist Avalokiteshvara. Bodhisattvas repräsentieren in der indischen, chinesischen bzw. japanischen Zen-Mythologie Wesen, die bestimmte menschliche Fähigkeiten zur Vollkommenheit entwickelt haben. Avalokiteshvara steht für die Fähigkeit des Mitgefühls mit allen Wesen, unabhängig Ihrer Herkunft, Ihres Standes oder Ihrer Lebensart. Im ersten Satz dieses Sutras wird im Grunde das gesamte Sutra erklärt: übe Dich tief in der höchsten Weisheit, dem einfachen “Im-Augenblick-Sein”, ohne Dich von den Erscheinungen wie zum Beispiel den Gedanken mitreißen zu lassen. Sei ganz präsent im Augenblick hier und jetzt, egal ob Du sitzt, gehst oder stehst, bei all Deinen Tätigkeiten.

 

Durch dieses Üben kannst Du erkennen, dass alles unablässig und ganz von allein auftaucht und verschwindet. Gedanken, Gefühle, Wahrnehmung, Bewusstsein und sogar der Körper, sind von einem höheren Blickwinkel aus betrachtet, lediglich Erscheinungen im Augenblick. Sie tauchen auf und verschwinden unablässig, je nachdem mit welchem zeitlichen Rahmen sie betrachtet werden. Selbst ein massiver Berg ist ständig in Bewegung und in Veränderung, auch wenn wir dies nicht deutlich wahrnehmen. Der erste Satz dieses Sutras ergänzt auch sofort, was all diesen Veränderungen zu Grunde liegt.

 

Durch die Leerheit allen Seins, das heißt leer von Eigenexistenz und nur durch das Entstehen in wechselseitiger Abhängigkeit existierend, ist alles ständig im Fluss der Veränderung. Im einen Moment noch da, ist es im nächsten Moment schon vorbei, wenn wir es geschehen lassen, ohne an den Erscheinungen, wie zum Beispiel den Gedanken oder Gefühlen, festzuhalten. Aber gerade dieses Festhalten und die Identifikation mit vergänglichem lässt uns leiden. Doch genau durch diese Erfahrung befreit sich der Bodhisattva von allem Leiden. Denn jeder Mensch kann zu folgender Wahrheit erwachen:

 

Es gibt Gedanken, Empfindungen, Wahrnehmungen, Bewusstsein und die Erscheinung des Körpers, aber es gibt kein aus sich selbst heraus existierendes “Ich” in diesen Phänomenen. Die Vorstellung eines unabhängig existierenden “Ichs” ist nur ein weiterer Gedanken, ein weiteres Gefühl, eine Täuschung und Illusion, die wir in der Meditation als unbeteiligter Beobachter wahrnehmen können.

 

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Milarepa - Eine Zen-Geschichte

Milarepa hatte überall nach Erleuchtung gesucht, aber nirgends eine Antwort gefunden, bis er eines Tages einen alten Mann langsam einen Bergfpad herabsteigen sah, der einen schweren Sack auf der Schulter trug. Milarepa wusste augenblicklich, dass dieser alte Mann das Geheimnis kannte, nach dem er so viele Jahre verzweifelt gesucht hatte. „Alter, sage mir bitte, was du weißt. Was ist Erleuchtung?“ Der alte Mann sah ihn lächelnd an, dann ließ er seine schwere Last von der Schulter gleiten und richtete sich auf. „Ja, ich sehe!“ rief Milarepa. „Meinen ewigen Dank! Aber bitte erlaube mir noch eine Frage: Was kommt nach der Erleuchtung?“ Abermals lächelte der Mann, bückte sich und hob seinen schweren Sack wieder auf. Er legte ihn sich auf die Schulter, rückte die Last zurecht und ging lachend seines Weges.