Schmerzen während Zazen Teil 1

Wohl alle, die schon einmal über einen längeren Zeitraum oder intensiv Zazen praktiziert haben kennen die folgende Situation:

 

Schmerzen in den Knie- oder Hüftgelenken, Verspannungen in den Schultern oder im Rücken.

Meist haben diese Schmerzen mit einer falschen Sitzhaltung, einem zu niedrigen oder zu hohen Zafu oder ähnlichem zu tun.

 

Aber niemals geht es im Zazen darum, Schmerzen auszuhalten oder zu lernen das „Dagegen-ankämpfen“ los zu lassen, um die Schmerzen auf diese Weise zu benutzen um irgendwelche „Erleuchtungserlebnisse“ hervorzurufen.

 

Gestern habe ich mal wieder einen Meister auf diese Weise die Frage eines Schülers beantworten hören und konnte es kaum glauben.

 

Ja, durch diese Form der Praxis können tief spirituelle Erfahrungen ausgelöst werden. Das passiert eben, wenn das Gehirn auf Grund eines andauernden Schmerzes eine gewaltige Ladung Serotonin durch die Blutbahn jagt.

 

„Wenn es um diese Erfahrungen beim Zazen ginge, währe es einfacher Drogen zu nehmen“ sagte Kodo Sawaki in ähnlichen Worten seinerzeit.

 

Und ja, wir sollten nicht auf den kleinsten Schmerzimpuls des Verstandes reagieren, der uns von der eigentlichen Erkenntnis abzulenken versucht.

 

Aber wenn es im ZEN um diese Drogentrip ähnliche Erfahrung gehen würde, hätte dann Buddha bei seiner ersten Predigt seinen Asketenfreunden nicht gesagt:

 

„Hey Leute, ihr müsst einfach so lange sitzen, bis ihr die Schmerzen kaum noch aushalten könnt. Und dann müsst ihr einfach weiter sitzen und „relaxed sterben“ (wie es gestern der Meister ausdrückte) und über den psychologischen Schmerz hinausgehen.“

 

Nein, das hat Buddha nicht gesagt. In seiner ersten Predigt nach seinem eigenen Erwachen sprach er von den 4 edlen Wahrheiten und brachte seine Erkenntnis (nicht seine Erfahrung) damit auf den Punkt:

 

1. Alles bedingte Dasein ist Dukkha (also leidvoll)

 

Hey, einen Moment!? Diese Drogentrip ähnlichen Erfahrungen, hervorgerufen durch Schmerzen in den Knien, die manche Satori oder Kencho nennen, sind durch die intensive Praxis bedingt. Ups, gehören diese Erfahrungen dann vielleicht wie alles andere in die Welt des Samsara?!

 

2. Dukkha hat eine Ursache

 

Und zwar durch Unwissenheit hervorgerufene Tendenzen von Gier und Hass (Anhaftung der Dinge, die der Verstand haben will und Ablehnung der Dinge, die er nicht will). Aber die Unwissenheit bezogen auf unsere wahre Natur, unsere wahre Existenz ist die Grundlage der anderen.

 

3. Ohne Ursache kein Dukkha

 

Geschieht Erkenntnis darüber, dass die Identifikation mit diesem Körper-Geist-System die Grundlage, die Basis aller anderen Identifikationen mit den Sinnen, den Gefühlen, den Gedanken und dem Bewusstsein, ist, geschieht in einem Augenblick Erkenntnis über unsere wahre Natur und die Rückkehr zum Normalzustand wie es Deshimaru nannte oder zum ursprünglichen Geist, zur Quelle unseres Gewahrseins oder zur Wahrheit des Seins, wie ich es nenne.

 

4. Es gibt einen Weg

 

Die letzte der vier edlen Wahrheiten war Buddhas Finte für all diejenigen, die noch im Traum des Denkers und Handelnden irren. Er gab ihnen den edlen achtfachen Pfad, damit ihr Ego-Verstand etwas zu tun hat. In Wirklichkeit aber drehte er nur eine Blume zwischen den Fingern.