Zen oder Erleuchtung ist wie Fahrrad fahren

Kaum ein anderes Wort verursacht so viele Ideen und Illusionen im Verstand wie das Wort „Erleuchtung“ und noch nie gab es so viele erleuchtete, erwachte und scheinheilige Personen, die ihr „Wissen“ an den Mann oder die Frau bringen.

 

Dabei lässt sich das was allgemein als Erwachen oder Erleuchtung benannt wird, nicht in Worten ausdrücken. Gerade darin besteht das offensichtliche Geheimnis, die Mystik im Erkennen wer oder besser was ich bin. Durch die Erkenntnis, dass sich das was ich bin nicht selbst wahrnehmen kann, können wir zwar wissen, dass wir sind, aber nicht was wir sind. Darin liegt der kosmische Witz, über den nur die Weisen lachen können.

 

Aber warum können wir es nicht mit Worten ausdrücken?

 

Gestern entstand hierzu ein spontaner Dialog und eine interessante Metapher. Nehmen wir an ein "weiser" und "erleuchteter" Fahrradfahrer erklärt dir mit Worten wie genau das geht:

 

"Zunächst musst du dich auf den Sattel setzen und den Lenker mit den Händen festhalten. Dann kurz mit dem einen Fuß abstoßen, während gleichzeitig der andere Fuß die Pedale nach unten tritt. Das Gleichgewicht hältst du zu Beginn durch das gleichmäßige treten in die Pedale. Später funktioniert das aber ganz von selbst... usw. usw.“

 

Vielleicht hast du jetzt eine Ahnung von dieser Sache namens „Fahrrad fahren“. Aber stell dir vor, du hättest es noch nie vorher getan. Wie könntest du wissen, dass meine Worte der Wahrheit entsprechen und, was noch wichtiger ist, wie sich Fahrrad fahren wirklich anfühlt?

 

Du müsstest es durch deine eigene Erfahrung bestätigen. Nichts und niemand kann das für dich tun.

 

Selbsttäuschung auf hohem Niveau

 

Jetzt gibt es aber manche Menschen, die die Erklärung des Fahrradfahrens für das tatsächliche Fahrrad fahren halten und es genauso an andere Menschen weitergeben. Und plötzlich weiß jeder etwas über das Fahrradfahren zu sagen, obwohl er noch nie auf einem Fahrrad saß. Das nennt man dann Selbsttäuschung.

 

Wir können intellektuell verstehen, dass wir nicht die Person sind und alles von Augenblick zu Augenblick geschieht. Wir können sagen: „Ja, ich habe intellektuell verstanden, was Fahrrad fahren ist.“

 

Das bedeutet aber noch lange nicht, dass wir Fahrrad fahren können. Die Frage ist weniger ob Du schon einmal davon gehört hast, was Fahrrad fahren ist, sondern ob und wie Du es täglich praktizierst.

 

Wie lebst Du Dein tägliches Leben?

 

Egal wie viele Bücher und Videos Du Dir über das Fahrradfahren angesehen bzw. gelesen hast, Du hast, wenn Du noch nie auf einem Fahrrad saßt, keinen blassen Schimmer davon, was Fahrrad fahren ist und wie es sich anfühlt Balance zu halten, ohne etwas zu tun.

 

Diese Balance besteht darin, Leben geschehen lassen zu können und sich voller Vertrauen dem Leben zu öffnen, ohne zu wissen was geschieht. Es ist ein völliges hineinfallen lassen und eine Hingabe an das Leben selbst, ohne etwas zu tun.

 

Es ist nicht die Rede von Lethargie oder Passivität. Oh nein, es ist vielmehr ein lebensbejahendes und aktives Gestalten des Lebens durch ein Zulassen von dem, was sich jetzt gerade ausdrücken will. Ohne den Zweifel von „Richtig und Falsch“ und ohne die Angst vor der eigenen Sterblichkeit, erfahren wir Leben auf eine neue und völlig spontane Art und Weise. Das ist, was ich Befreiung nenne.