1. Die Wahrheit vom Leiden
Buddha sagte, dass alles Leiden ist. Er benutzte das Wort Dukkha, was so viel wie Unzufriedenheit, aber auch Leiden im engeren Sinne bedeutet. Neben dem unbestimmten Gefühl von Schwermut ist unter diesem Begriff jegliche Form des Leidens anzusiedeln. Wir leiden, wenn wir mit dem konfrontiert werden, was wir nicht wollen und von dem getrennt sind, was wir uns wünschen. Leiden bezieht sich auf Alter, Krankheit und Tod. Aber auch auf die subtilen Formen des Leidens in Form von schlechter Laune, Depression und Angst. Schlussendlich aber auch auf unsere Verneinung der Unbeständigkeit. Wir halten uns immer wieder an Dingen, inklusive unseres vermeintlichen „Ichs“, fest und denken sie würden ewig existieren. Aber die Wahrheit ist, dass alles was erscheint auch vergeht. Alles was geboren wird auch stirbt. Wir leiden sogar an freudigen und schönen Dingen und Situation, denn auch sie werden irgendwann vergehen. So ist selbst die Erfahrung der Erleuchtung, wenn wir an ihr haften, eine Ursache für Leiden. Die erste Wahrheit bedeutet nicht, dass alles und jedes, immer und überall schlecht ist. Sie macht uns nur auf die Unbeständigkeit dieser Welt aufmerksam. Sie stellt den Blickwinkel aus der Sicht der Formen und Phänomene dar. Sie ist die Sicht der meisten Menschen, die Sicht der relativen oder oberflächlichen Wirklichkeit, in der die Dinge getrennt zu sein scheinen.
2. Die Wahrheit von der Ursache des Leidens
Buddha nannte uns drei Gifte, die die Ursache des Leidens ausmachen. Dies sind Gier, Hass und Verblendung und beziehen sich auf die Neigung des Egos an dem was wir wollen anzuhaften, unser Ablehnen und unser zurückweisen von dem was wir nicht wollen sowie die Unwissenheit in Bezug auf das nicht Erkennen und nicht wahrhaben wollen der Wirklichkeit wie sie ist. Unwissenheit über unser wahres Wesen, über die vier edlen Wahrheiten und über den Weg der zur Befreiung führt. Im Zen wird auf diese Aussage im Shinjinmei eingegangen wo es heißt: „Es ist nicht schwer, den Weg zu durchdringen, doch man muss frei sein von Liebe und Hass, von Neigung und Abneigung. Es genügt, frei zu sein von Liebe und Hass, damit die Einsicht sich zeigt, unvermittelt klar, wie das Licht des Tages in einer Höhle.“ Frei zu sein von dem ständig kritisierenden und beurteilendem Geist bedeutet, Gier und Hass zu überwinden. Doch ist dies in der Tiefe nur möglich, wenn wir vorher unsere Unwissenheit bezogen auf unser wahres Wesen überwunden haben. Dies wiederum ist nur durch die Erfahrung des Erwachens möglich.
3. Die Wahrheit von der Aufhebung des Leidens
Die dritte edle Wahrheit spricht von der Sicht aus Ku. Vom Blinkwinkel der höchsten Wahrheit oder tiefsten Wirklichkeit. Aus dieser Sicht der nicht getrennten Phänomene, ohne Geburt, ist es möglich das Leiden zu überwinden. Ohne Geburt gibt es keinen Tod. Ohne die Anhaftung an ein Ego lösen sich viele der zwischenmenschlichen Probleme in Luft auf. Unser ständiges vergleichen und beurteilen schafft Unzufriedenheit und Leiden. Aber in der Erfahrung der Leerheit ohne Worte gibt und gab es nie Leiden. Im Hannya Shingyo heißt es: „In Ku gibt es keinen Körper, kein Leiden, keine Ursachen, keinen Weg etc.“ Das war Buddhas Erfahrung als er unter dem Bodhibaum saß. Aber schlussendlich muss jeder für sich selbst diese Erfahrung machen. Reden lässt sich darüber nicht.
4. Die Wahrheit vom Weg der dorthin führt
Buddha lehrte als letzte Wahrheit den Weg, der dahin führt, die Wirklichkeit so wahrzunehmen wie sie ist. Dieser Weg bestand aus ethischen Grundlagen und der richtigen Mediation. Einen Weg zu lehren, bedeutet aber gleichzeitig, dass nur allein das Erwachen nicht zur Befreiung führen kann. Das Erwachen muss im Alltag und in all unseren Lebensbereichen verwirklicht werden. Dies bedeutet eine Balance zwischen Familie, Beruf, Alltag, Praxis, Spiritualität und Arbeit zu schaffen. Im Folgenden möchte ich auf die einzelnen Punkte des achtfachten Pfads eingehen.
Aus dem Buch "ZEN - Erleuchtung und andere Missverständnisse"